Ermittler haben den Verdacht, dass Lagarde in ihrer Zeit als französische Wirtschaftsministerin (2007-2011) regelwidrig eine Entschädigungszahlung von rund 400 Millionen Euro an den schillernden Geschäftsmann Bernard Tapie ermöglicht haben könnte. Dieser hatte sich von der früheren Staatsbank Credit Lyonnais beim Verkauf seiner Anteile am deutschen Sportartikelhersteller Adidas geprellt gesehen und deswegen geklagt.
Weil die Ermittler lediglich schwache Indizien für die mögliche Beteiligung Lagardes an einer Straftat haben, wird die seit 2011 an der Spitze des Internationalen Währungsfonds (IWF) stehende Französin in dem Verfahren als verdächtige Zeugin geführt. Ein Anklageverfahren läuft hingegen gegen Tapie (71) sowie den Chef des französischen Telefonriesen Orange, Stephane Richard (52).
Letzterer war zur Zeit des Schiedsverfahrens Büroleiter Lagardes gewesen. Richard sollte am Mittwoch gemeinsam mit Lagarde befragt werden, weil es zwischen den Aussagen der beiden offensichtlich Differenzen gibt.
Nach Ansicht der Ermittler hätte es das zu der Entschädigungszahlung führende Schiedsgerichtsverfahren nicht geben dürfen. Sie gehen von einem organisierten Betrug aus. Als brisant gilt der Fall vor allem, weil Tapie im französischen Präsidentschaftswahlkampf 2007 den siegreichen Kandidaten Nicolas Sarkozy unterstützt hatte. Wie Lagarde bestreiten Tapie und Richard die Vorwürfe.
Über den Verlauf der Vernehmung machten die Ermittler zunächst keine Angaben. Lagarde hatte nach den ersten Vernehmungen im vergangenen Mai gesagt, sie habe stets im Interesse des Staates und in Übereinstimmung mit den Gesetzen gehandelt. Der Exekutivrat des IWF hat sich bereits mehrfach mit der Angelegenheit befasst und stets sein Vertrauen in Lagardes Fähigkeit ausgedrückt, weiterhin ihre Aufgaben wirksam wahrnehmen zu können.
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