Bei der von der Polizei im Vorfeld verbotenen Corona-Demo in Wien sind zum derzeitigen Punkt zehn Personen festgenommen und zehn Polizisten verletzt worden. Nach Informationen der APA ist einer der Festgenommenen der Rädelsführer der Corona-Skeptiker Martin Rutter, der früher bei mehreren Parteien (Grüne, FPÖ und BZÖ) aktiv war. Zahlreiche Anzeigen betrafen Verstöße gegen die Covid-19-Maßnahmen. Mehrere Personen wurden aber auch wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt festgenommen.
Festnahmen in Wien
Eine nicht angemeldete Kundgebung am Ring beim Heldenplatz wurde aufgelöst, die Polizei nahm die Identitäten der Teilnehmer auf. Parallel dazu zogen einige weitere Züge – teils mit, teils ohne Polizeibegleitung – durch die Stadt.
Mehrere Personen wurden auch wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt festgenommen.
Großes Polizeiaufgebot
Die Polizei habe laufend die Gefahr einer gewaltsamen Eskalation und jene, die Weiterverbreitung des Virus hintanzuhalten, abgewogen. Eingeschritten sei man konsequent. Insgesamt waren mehr als 1.000 Beamte im Einsatz.
Am frühen Abend waren noch einige hundert Demoteilnehmer unterwegs, ihnen werde ein "gewaltfreies Auseinandergehen ermöglicht", sagte der Polizeisprecher. Gegen 17 Uhr waren die Teilnehmer die Wienzeile stadtauswärts unterwegs, dort hatten sich zuletzt zwei Demozüge hintereinander gereiht.
Kundgebung beginnt am Mittag
Laut und teilweise in aggressiver Stimmung bewegte sich am frühen Nachmittag großer Zug Richtung Schwedenplatz – angeführt von Parolen schreienden Hooligans und mit Vertretern des rechten Randes, der Identitären, und sogenannten "Querdenkern" in den Reihen. Eine Handvoll linker Gegendemonstranten räumte nach Aufforderung der Polizei das Feld.
Aufgrund der großen Zahl an Teilnehmer*innen ist das Einschreiten für unsere Kolleg*innen unter Wahrung der Verhältnismäßigkeit besonders fordernd. (2/2)
— POLIZEI WIEN (@LPDWien) January 31, 2021
Ein zweiter Demonstranten-Zug wanderte erst neben dem Kunsthistorischen Museum im Kreis und dann die Zweier-Linie und den Ring entlang – friedlich und immer schneller. Den die begleitende Polizei steigerte nach und nach das Marschtempo.
"Spaziergänger" stürmen Ring
Begonnen hatte das sonntägliche Kundgebungsgeschehen klein, friedlich und mit hervorgestrichenem Religionsbezug. Bei einer angemeldeten Versammlung hatten sich im Wiener Volksgarten – unter weitgehender Einhaltung von Abstands- und Maskenregeln – rund 40 Menschen eingefunden. Die Erzdiözese Wien hatte im Vorfeld vor als "christliche Prozession" getarnten Demos gewarnt und solchen "Missbrauch von Religion und Religionsfreiheit" abgelehnt. Anfangs hatten sich ein paar hundert Menschen noch recht friedlich – wenn auch weitgehend unter Missachtung des Masken- und Abstandsgebots – versammelt. Mit zunehmenden Zustrom wurde die Stimmung aber aggressiver, die "Spaziergänger" stürmten den für Autos zunächst nicht gesperrten Ring.

Die Polizei forderte zum Abgang in kleinen Gruppen auf - und löste die unangemeldete Versammlung schließlich auf. Sie sperrte - Präsident Gerhard Pürstl leitete den Einsatz -, verstärkt mit Hunden, die Routen ab, und kesselte die Demo damit ein.
Demo-Züge ziehen durch Wien
Andere danach durch die Stadt ziehenden Demo-Züge beobachteten die Polizisten – insgesamt waren mehr als 1.000 im Einsatz. Sie mussten sich immer wieder höhnische und aggressive Kommentare anhören, es kam auch zu einigen kleinen Tumulten.
FPÖ sieht Schuld bei Nehammer
Der Appell von FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl, der zuvor via Facebook zur Besonnenheit aufgerufen und die Polizei als "Freund" gelobt hatte, hatte offensichtlich nicht bei allen Teilnehmern gefruchtet. Am Sonntag gab Kickl, gemeinsam mit Parteichef Norbert Hofer, in einer Aussendung Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) "und Co." die Schuld: Sie hätten "mögliche Eskalationen" mit der Untersagung der Demos "mutwillig und aus rein parteipolitischen Gründen geradezu provoziert".
Die Landespolizeidirektion wies den Vorwurf Kickls zurück. Man habe die Großversammlungen "aus rein sachlichen Gründen" abgesagt - weil laut Expertisen die Gefahr der erhöhten Übertragung der neuen Virusvarianten bei Massendemos ohne Einhaltung von Abstands- und Maskenpflicht bestehe. "Parteipolitische Überlegungen haben dabei keinen Platz zu finden", wurde betont. Wegen der epidemiologischen Gegebenheiten habe man auch die Auflösung der unangemeldeten Demo am Ring verfügt - und habe sich danach um ein "gewaltfreies Auseinandergehen" bemüht.
Neonazis unter Demonstranten
Zum – von vielen auf Kickls Facebook-Seite begrüßten – "Spaziergang" gekommen waren u.a. auch Identitäre rund um Martin Sellner oder der Neonazis Gottfried Küssel samt Mitstreitern. Das oberösterreichische Busunternehmen, das schon vor zwei Wochen mit Demo-Fahrten geworben hatte, hatte offensichtlich auch diesmal wieder Teilnehmer nach Wien gebracht.
Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) verteidigte die umstrittene Untersagung fast alle Corona-Demos am Wochenende in Wien und gab seinem Vorgänger Kickl und dessen Partei FPÖ die Schuld an den heutigen Vorkommnissen. Die Versammlung mit mehrere tausend Menschen war Sonntagabend noch immer im Gange, wie Nehammer sagte. Er bezeichnete es als "völlig absurd, dass ausgerechnet ein ehemaliger Innenminister Öl ins Feuer gießt und unheilige Allianzen mit Rechtsradikalen schmiedet", sagte Nehammer, führte aber gleichzeitig aus, dass die Masse der Versammlung sehr heterogen gewesen sei und Familien mit Kindern neben Rechtsradikalen marschiert seien.
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