Erst Pandemie, dann Ukraine-Krieg, Erdbebenkatastrophe und seit Jahren anhaltende Konflikte wie in Syrien – die Welt ist im Dauerkrisenmodus. "Eine Situation wie jetzt habe ich noch nie erlebt", sagte Gerald Schöpfer, seit zehn Jahren Präsident des Österreichischen Roten Kreuzes, am Freitag bei einer Pressekonferenz in Wien. Dies sei die "neue Realität, mit der wir uns abfinden müssen", gleichzeitig bestehe die Pflicht zu helfen – und die Notwendigkeit der Vorsorge.
Rotes Kreuz fordert Krisensicherheitsgesetz
Mit diesem Appell verknüpfte Schöpfer erneute Kritik am Entwurf für ein Krisensicherheitsgesetz, die Begutachtung – mit mehr als 10.000 Stellungnahmen – endete Anfang März. Österreich müsse sich auch auf drohende künftige Krisen einstellen, von Klimaerhitzungsfolgen über einen Blackout bis zu Lieferkettenproblemen in kritischen Bereichen. Das schon vor rund zwei Jahren in Aussicht gestellte Krisensicherheitsgesetz hingegen sei nicht nur überfällig, der Entwurf müsse "revidiert werden", sei doch darin auf die Länder, in deren Bereich die meisten unmittelbaren Kompetenzen zur Krisenbekämpfung fallen, sowie die NGOs "vergessen worden". Auch der Rechnungshof kritisiere den Aufbau von "Parallelstrukturen".
"Krisen haben Hochkonjunktur"
"Krisen haben Hochkonjunktur, wir müssen uns wappnen", betonte der ÖRK-Präsident. Das Rote Kreuz würde sich gerne konstruktiv bei der Ausgestaltung des Gesetzes einbringen. Denn damit Einsatzorganisationen im Ernstfall effizient agieren können, brauche es eine solide gesetzliche Basis. Bisher sei nur vorgesehen, dass NGOs im Bedarfsfall beigezogen werden, Kompetenzen müssten aber schon in der Planung und Vorbereitung geklärt sein.
Schnelle Hilfe in Krisensituationen
"Wirksame Hilfe in Krisensituationen ist komplex – es ist ein Zusammenspiel von Regierungen, Einsatzkräften, lokalen und internationalen Hilfsorganisationen sowie Zivilistinnen und Zivilisten", sagte Martina Schloffer, stv. Leiterin der Internationalen Zusammenarbeit beim Roten Kreuz. Die Lage im Erdbebengebiet in der Türkei und Syrien sei nach wie vor katastrophal: Hunderttausende leben – wohl noch lange Zeit – in Notunterkünften mit oft viel zu wenigen sanitären Einrichtungen, Krankheiten sind die Folge, schilderte Schloffer. Die Schwesterorganisation Roter Halbmond Türkei habe seit dem Beben am 6. Februar 122 Millionen warme Mahlzeiten und 44 Millionen Wasserflaschen verteilt. Für das ÖRK sei in Syrien Hilfe beim Wiederaufbau der Wasserversorgung ein Schwerpunkt. Gleich in den ersten Minuten seien es bei solchen Katastrophen aber vor allem Nachbarinnen und Nachbarn, die Leben retten können.
Unterstützung in "prekären" Erdbebengebiet
In diesem Zusammenhang macht mit dem Samariterbund eine andere Hilfsorganisation auf das Leid in den Erdbebengebieten aufmerksam: Nach dem erfolgreichen Einsatz der Katastrophenhilfe-Einheit des Samariterbundes sei jetzt die humanitäre Hilfe gefordert: "In den Katastrophengebieten fehlt es an allem. In Syrien ist die Lage besonders prekär", sagt Reinhard Hundsmüller, Bundesgeschäftsführer des Samariterbundes. Es gebe kaum Zugang zu Wasser, "die sanitäre Lage ist katastrophal und die medizinische Versorgung kaum vorhanden. Die Unterstützung muss weitergehen und darf nicht ins Stocken geraten."
Auch in Österreich seien Nachbar:innen, Angehörige oder zufällig Dazukommende oft Ersthelfende, vom Verkehrsunfall bis zu Hochwasser, sagte Bundesrettungskommandant Gerry Foitik. Dabei helfen oder darauf vorbereiten kann die 2007 gegründete Freiwilligenplattform Team Österreich mit mittlerweile fast 100.000 Mitgliedern.
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