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"Zum Schutz meiner Familie"

Christine Aschbacher tritt zurück

Plagiatsvorwürfe gegen Arbeits- und Familienministerin

Nach den öffentlich gewordenen Plagiatsvorwürfen tritt Arbeits- und Familienministerin Christine Aschbacher (ÖVP) zurück. In einer Aussendung beklagte die 37-jährige eine Vorverurteilung durch "die Medien und die politischen Mitstreiter".

Familien- und Arbeitsministerin Aschbacher tritt nach einer Plagiats-Affäre zurück. Zuvor waren Vorwürfe laut geworden, dass Aschbacher Teile ihrer 2020 in Bratislava eingereichten Dissertation kopiert hatte, ohne die Quellen ordentlich auszuweisen (wir haben berichtet).

Aschbacher weist Plagiatsvorwürfe zurück

All diese Vorwürfe "sind Unterstellungen und weise ich zurück", betonte Aschbacher Samstagabend. "Meine Arbeiten zur Erlangung akademischer Grade habe ich stets nach bestem Wissen und Gewissen verfasst und der Beurteilung durch anerkannte Professoren vertraut", sagte Aschbacher in der Aussendung. Die Arbeiten würden nun überprüft und dieses Verfahren stehe jedem in diesem Land zu. "Meine Familie und ich erleben aber, dass die Medien und die politischen Mitstreiter, mir dieses faire Verfahren der Überprüfung nicht zugestehen und mich medial in unvorstellbarer Weise vorverurteilen."

"Plagiate, falsche Zitate und mangelnde Deutschkenntnisse"

"Die Anfeindungen, die politische Aufgeregtheit und die Untergriffe entladen sich leider nicht nur auf mich, sondern auch auf meine Kinder, und das mit unerträglicher Wucht. Das kann ich zum Schutz meiner Familie nicht weiter zulassen. Aus diesem Grund lege ich mein Amt zurück", so Aschbacher weiter.

Der als "Plagiatsjäger" bekannte Sachverständige Stefan Weber hatte Aschbacher zuvor vorgeworfen, zumindest ein Fünftel des Textes ihrer Dissertation ohne ordentliche Kennzeichnung aus anderen Quellen kopiert zu haben. Die Ministerin hatte die Arbeit im Mai des Vorjahres an der Technischen Universität Bratislava eingereicht. Auch der Diplomarbeit aus dem Jahr 2006 attestierte Weber "Plagiate, falsche Zitate und mangelnde Deutschkenntnisse". Die Fachhochschule Wiener Neustadt, wo Aschbacher ab 2002 studiert hatte, kündigte daraufhin eine Prüfung an.

Christine Aschbacher, Rücktritt, APA/ERWIN SCHERIAU
Familien- und Arbeitsministerin Aschbacher tritt nach einer Plagiats-Affäre zurück. (ARCHIVBILD)

Reaktionen auf Aschbacher-Rücktritt

Nach dem Rücktritt von Christine Aschbacher (ÖVP) als Arbeits- und Familienministerin trudelten am Samstagabend Reaktionen aus der Politik ein. Ein Überblick.

Für ihre Dissertation unter dem Titel "Entwurf eines Führungsstils für innovative Unternehmen" hatte Aschbacher unter anderem einen Artikel des Forbes-Magazins aus dem Englischen übersetzt. Darin erklärt der Autor, er habe seine Ideen über den Führungsstil innovativer Unternehmen in seiner Arbeit mit Hunderten Teams gewonnen. In ihrer Dissertation führte Aschbacher den Artikel zwar als Referenz an, erweckt aber den Eindruck, sie selbst habe für die Abschlussarbeit "mit Hunderten von Teams" zusammengearbeitet.

Wer folgt auf Ministerin?

Die FPÖ forderte nach Bekanntwerden der Plagiatsvorwürfe den Rücktritt Aschbachers. Die SPÖ verlangte eine Erklärung der Ministerin, die über die Versicherung vom Freitag, sie habe nach bestem Wissen und Gewissen gearbeitet, hinausgeht. "Während die Regierung Studierenden das Leben immer schwerer macht, gelten für die Führungsriege der ÖVP offenbar andere Gesetze", kritisierte SP-Wissenschaftssprecherin Andrea Kuntzl am Samstag in einer Aussendung.

Unklar ist noch, wer der steirischen ÖVP-Ministerin nachfolgen wird. In der steirischen ÖVP hieß es, man gehe natürlich davon aus, wieder zum Zug zu kommen. Der Rücktritt erfolgt fast genau ein Jahr nach Aschbachers Angelobung als Ministerin der türkis-grünen Koalition am 7. Jänner 2020.

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat Aschbacher am Samstagabend gedankt. Die Nachfolge könnte an einen Mann gehen. "Ihr Nachfolger in der Funktion als Arbeitsminister wird am Montag präsentiert", kündigte Kurz in einer knappen Presseerklärung an. Ob das bedeutet, dass die Agenden der Familienministerin an eine der verbleibenden ÖVP-Ministerinnen geht, blieb auf Nachfrage im Kanzleramt unbeantwortet.

(Quelle: APA)

Hat Aschbacher bei Diplomarbeit geschummelt?

Christine Aschbacher, Rücktritt, APA/ERWIN SCHERIAU
Familien- und Arbeitsministerin Aschbacher tritt nach einer Plagiats-Affäre zurück. (ARCHIVBILD)

"Plagiate, falsche Zitate und mangelnde Deutschkenntnisse" ortet der "Plagiatsjäger" Stefan Weber in der Diplomarbeit von Arbeits- und Familienministerin Christine Aschbacher (ÖVP). Die an der FH Wiener Neustadt verfasste Arbeit "unterbietet alle wissenschaftlichen Standards", so Weber in seinem Blog. "Schwerwiegende Plagiate" sieht er auch in der Kurzfassung von Aschbachers 2020 eingereichter Dissertation. Diese ist online und enthält ebenfalls fragwürdige Stellen.

Für SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch ist es "die logische Konsequenz", dass Aschbacher nach den Plagiatsvorwürfen rund um ihre Diplomarbeit und Dissertation zurücktritt. "Die Kurz-Regierung schlittert von einem Chaos ins andere, zumal Aschbacher nach Lunacek bereits das zweite Regierungsmitglied ist, das zurückgetreten ist", erklärte Deutsch am Samstag in einer Mitteilung.

Arbeitsmarkt in Corona-Krise

"Die Situation ist besonders fatal, wenn man bedenkt, dass Österreich aktuell eine Arbeitslosigkeit mit über einer halben Million Menschen zu verzeichnen hat", so Deutsch. "Darüber hinaus sind derzeit mehr als 400.000 Menschen in Kurzarbeit. Wir erwarten daher, dass jetzt rasch jemand die Arbeitsmarktagenden übernimmt, dem die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit mit konkreten Maßnahmen ein echtes Anliegen ist und von dem nicht wieder nur Lippenbekenntnisse und Ankündigungen kommen."

Hofer zollt Aschbacher Respekt

FPÖ-Obmann Norbert Hofer drückte Aschbacher für ihren Rücktritt seinen Respekt aus. "Dennoch ist eine Überprüfung ihrer wissenschaftlichen Arbeiten durch die zuständigen Hochschulen unumgänglich", erklärte Hofer in einer Mitteilung. "Ich erwarte mir, dass dieses Ressort nun mit einem wirklichen Experten besetzt wird, der innerhalb der Regierung größeres Gewicht hat und der weiteren Schädigung des heimischen Arbeitsmarktes durch falsche, überzogene und gesundheitspolitisch nicht mehr zu begründende Maßnahmen seinen Widerstand entgegensetzt", so Hofer.

NEOS begrüßen Abgang nach Plagiats-Affäre

NEOS-Generalsekretär Nikola Donig begrüßte Aschbachers Abgang als "notwendigen Schritt für die Integrität der Politik". Bei der Schwere der Vorwürfe "ist dies eigentlich eine Selbstverständlichkeit", erklärte Donig. Es sei wichtig, "dass gerade in einer der schwersten Krisen am Arbeitsmarkt das Ministeramt weder in Ansehen noch Handlungsfähigkeit beeinträchtigt wird." Das Ministerium müsse nun mit einer kompetenten Persönlichkeit nachbesetzt werden.

Christine Aschbacher, Rücktritt, APA/ERWIN SCHERIAU
Familien- und Arbeitsministerin Aschbacher tritt nach einer Plagiats-Affäre zurück. (ARCHIVBILD)

Christine Aschbacher tritt zurück

Nach den öffentlich gewordenen Plagiatsvorwürfen tritt Arbeits- und Familienministerin Christine Aschbacher (ÖVP) zurück. In einer Aussendung beklagte die 37-jährige eine Vorverurteilung durch "die …

Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) nahm Aschbachers Rücktritt zur Kenntnis: "Ich respektiere den Schritt von Christine Aschbacher und bedanke mich für die gute Zusammenarbeit in den letzten Monaten", schrieb Kogler am Samstagabend auf Twitter.

Der steirische ÖVP-Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer erklärte in seiner Stellungnahme, Aschbacher habe ihn "im Laufe des heutigen Tages über ihre persönliche Entscheidung informiert, die ich nicht erwartet, aber zu respektieren habe". Er bedaure den Rücktritt der Ministerin, die sich in der Regierung "von Tag zu Tag gesteigert" habe, aber der "Schutz ihrer Familie" habe Vorrang.

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