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Polizei prüft Sachverhalt

Rammstein in Wien: Anzeigen nach Attacke auf ORF-Team

Rund 1.800 Demonstrierende bei Kundgebung

Mehr als 55.000 Fans – darunter auch Salzburgs LHStv. Marlene Svazek – pendelten gestern Abend zum Konzert der deutschen Rockband Rammstein ins Wiener Ernst-Happel-Stadion. Der Frontman der Kultband, Till Lindemann, sieht sich mit Vorwürfen wegen sexuellen Missbrauchs konfrontiert. Nach dem Konzert kam es zu einem Angriff auf ein ORF-Team.

Für mehr als 55.000 Fans war es ein Abend ganz nach ihrem Geschmack: Die deutsche Rockband Rammstein bot beim ersten von zwei Konzerten im Wiener Ernst-Happel-Stadion am Mittwoch eine durchgestylte, höchst professionelle Show, die mit opulente Effekten aufwartete.

Ganz anders sahen die Situation hingegen jene rund 1.800 Personen, die am Nachmittag gegen den Auftritt protestierten. Hintergrund waren die Vorwürfe gegen Sänger Till Lindemann rund um sexuelle Übergriffe.

Rammstein mit zweistündiger Show in Wien

Ende Mai waren erste Frauen an die Öffentlichkeit gegangen und berichteten von Übergriffen im Umfeld der Shows der Kultband. Im Wiener Stadionoval war von diesem Thema kaum etwas zu bemerken. Mehr als zwei Stunden lang lieferten Lindemann und seine Bandkollegen eine Darbietung, die vor allem mit üppigen Dimensionen überzeugte. Wie schon bei der Stadiontournee vor einigen Jahren, beherrschte eine im Industrialtouch gehaltene Bühne das Geschehen, auf der immer wieder das Feuer und die Funken loderten.

"Vielen Dank, Wien, ihr wart fantastisch"

Hits wie "Mein Herz brennt", "Sonne" oder "Du riechst so gut" wurden von den Fans frenetisch gefeiert. Viele bekundeten zudem explizit ihre Unterstützung für die Band, in dem sie Schilder wie "Wir stehen zu euch" hochhielten. Die Gruppe selbst bot indes einen soliden Auftritt, bei dem Publikumsinteraktion nur am Rande vorkam. Stattdessen wurden Kessel mit Feuerwerfern angezündet ("Mein Teil") oder eine Kraftwerk-Hommage beim "Deutschland"-Remix eingestreut. Am Ende des Abends bedankte sich ein stimmlich nicht immer ganz sattelfester Lindemann für den Zuspruch: "Vielen Dank, Wien, ihr wart fantastisch!" Zur Diskussion der vergangenen Wochen äußerte sich der 60-Jährige indes mit keinem Wort.

Attacke auf ORF-Team und Anzeigen

Nach dem Konzert ist es zu Attacken auf das berichtende ORF-Team gekommen. Wie die ZiB um 9 Uhr am Donnerstag zeigte, wurde ORF-Kulturexperte Dietmar Peschl nach der Mega-Show vor laufender Kamera von einem Konzertbesucher zunächst beschimpft ("Ihr seid's lauter Juden, Oida! Gfraster seid's ihr. Scheiß ORF!") und dann angerempelt. Auch eine Attacke auf die ORF-Kamerafrau ist auf Band festgehalten.

"Grenzen überschritten"

"Die Stimmung ist extrem aggressiv und aufgeheizt", so Peschl in der Liveschalte in der gestrigen ZiB 3. "Die Kamera wurde beschädigt. [...] Da wurden Grenzen überschritten", unterstrich ORF-Journalistin Christine Baumgartner dazu in "Guten Morgen Österreich". Laut Polizei, die mit 170 Beamtinnen und Beamten im Einsatz war, wird der Sachverhalt genau erhoben und "nach geklärter Sachlage dementsprechend polizeilich vorgegangen", wie in einer schriftlichen Mitteilung der APA formuliert wird. Im Zusammenhang mit dem Angriff auf die Kamerafrau seien bereits Anzeigen gelegt worden.

Abgesehen davon gab es einige Anzeigen rund um das Event. Im Vorfeld des Gigs wurde ein Mann vor dem Stadion aufgrund der Bestimmungen des Verbotsgesetzes angezeigt. Hierbei trug dieser ein nationalsozialistisches Abzeichen am Mantelkragen. Außerdem gab es u.a. fünf Anzeigen wegen des Verdachts auf Körperverletzung, zwei wegen des Verdachts auf sexuelle Belästigung und je eine nach dem Suchtmittelgesetz, wegen Ordnungsstörung, des Verdachts auf Sachbeschädigung und aggressiven Verhaltens.

Im Zusammenhang mit der Attacke auf das ORF-Team sprach der Presseclub Concordia via X (vormals Twitter) von einem "widerlichen Angriff", den man verurteile. Die grüne Klubobfrau Sigrid Maurer zeigte sich ebenfalls empört. "Unglaublich was sich beim gestrigen Rammstein-Konzert abgespielt hat. Antisemitismus und Gewalt gegen Journalist:innen - beides ein NoGo. Die Vorfälle müssen untersucht werden", forderte sie auf X.

Onlinepetition gegen Rammstein-Konzerte

Anders hingegen war die Lage vor der Show und vor dem Stadion. Deutliche Ablehnung brachte das Bündnis #KeineBühne zum Ausdruck: Die Plattform #aufstehn, die bereite Anfang Juni eine Onlinepetition gegen die beiden Auftritte gestartet hatte, stand gemeinsam mit weiteren Organisationen wie dem Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser (AÖF), dem Österreichischen Frauenring oder Claim the Space hinter der heutigen Kundgebung, die viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer anzog. Die Protestaktion stand unter dem Motto "Keine Bühne für mutmaßliche Täter". "Wir sind der Meinung, dass die Konzerte kein sicherer Ort sind, solange nicht alle Vorfälle geklärt sind", erklärte Kampagnenleiterin Philine Dressler gegenüber der APA.

"Wollen Betroffenen eine Stimme geben"

"Wir sind hier, weil wir den Betroffenen eine Stimme geben wollen", so Dressler. Man wolle die Konzerte nicht kommentarlos über die Bühne gehen lassen. Vor Ort waren auch Aktivistin Lena Schilling, Regisseurin Katharina Mückstein sowie AÖF-Geschäftsführerin Maria Rösslhumer. Auf Schildern war zu lesen "Betroffenen glauben", "Nur Ja heißt Ja" oder "Wer hat Angst vorm weißen Mann?", aber auch "Kill Till". Zwischen den Kundgebungsteilnehmern und den Rammstein-Fans, die als Zaungäste immer wieder vorbei schauten, gab es durchaus ruhige Diskussionen. Aber auch einige Beschimpfungen gingen in Richtung der Protestaktion.

Die Vorwürfe gegen Till Lindemann waren Ende Mai aufgekommen. Mehrere Frauen haben seitdem davon berichtet, dass rund um Konzerte der Band Übergriffe stattgefunden haben sollen. Sie schilderten Situationen, die sie teils als beängstigend empfunden hätten. Junge Frauen seien während der Auftritte ausgewählt und gefragt worden, ob sie zur Aftershowparty kommen wollten. Dabei soll es nach Schilderungen einiger Frauen auch zu sexuellen Handlungen gekommen sein.

Zuletzt auch Vorwürfe einer Frau aus Österreich

Zuletzt hatte auch eine Frau in Österreich Vorwürfe gegen Lindemann erhoben. Demnach sei es bei einem Konzert im Jahr 2019 zu einem Vorfall gekommen, bei dem die Frau, die anonym bleiben möchte, vom Sänger auf einem Hotelzimmer so heftig auf das Gesäß geschlagen wurde, dass sein Handabdruck zu sehen gewesen sei. Danach habe er von ihr abgelassen. Die Staatsanwaltschaft Wien wird nach den im ORF bekanntgemachten Vorwürfe gegen Lindemann "vorerst kein Ermittlungsverfahren einleiten".

Lindemann und seine Anwälte haben sämtliche Vorwürfe stets entschieden zurückgewiesen und sind teils auch gerichtlich gegen die Behauptungen respektive die Berichterstattung darüber vorgegangen. Ein weiteres Mal werden Rammstein am morgigen Donnerstag auf der Bühne stehen und sich danach von Wien verabschieden.

(Quelle: APA)

Aufgerufen am 08.12.2023 um 08:02 auf https://www.salzburg24.at/news/oesterreich/rammstein-in-wien-anzeigen-nach-attacke-auf-orf-team-142661176

Kommentare

StefanNiedermayer

Und warum ist jetzt wieder die FPÖ oder gar der Herr Wegscheider dran schuld? Ich glaube, dass da gaaanz viele mit dem ORF und der einseitigen Berichterstattung zu zeiten dieser Pandemie und ganz besonders, wie dabei mit "kritischen" Leuten umgegangen und in welches Licht die vom Leitmedium gerückt wurden, nicht einverstanden sind! Ein Kamerateam anzugreifen, verbal oder körperlich, ist zu verabscheuen...

NajaOderSo

Ein Wahnsinn, diese Aggression. Danke FPÖ. Danke Wegscheider.

FKR

bravo kinder sind das produkt ihrer eltern und wenn sie von traummännlein grosz - nicht erzogen werden braucht sich keiner wundern wir dürfen alles ist ja das motto und dann laut aufschreien

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