Die ÖVP und Bundeskanzler Sebastian Kurz sind am Mittwoch schlagartig unter Druck geraten. Noch am selben Tag nach Bekanntwerden der Vorwürfe forderte die Opposition den Rücktritt des Kanzlers. Die Ermittlungen sorgen dennoch für Spannungen: "Eine Hausdurchsuchung ist keine Anklage, es handelt sich dabei um Ermittlungen. Allerdings müssen diese auch begründet sein. Und eine Begründung mit über 100 Seiten ist sehr ausführlich", beschreibt Armin Mühlböck im Gespräch mit SALZBURG24 am Donnerstag die Situation.

Kommt es zu Anklage gegen Kurz?
Am Tag nach den Razzien stellen sich viele die Frage, wie es in dieser Causa weitergeht. Noch am Mittwoch hat Kurz einen Rücktritt ausgeschlossen. Der Salzburger Politikwissenschafter und Analyst sieht aktuell mehrere Szenarien: "Zum einen kann es passieren, dass nach dem aktuellen Getöse gar nichts passiert. Ob es zu Anklage oder Verurteilung kommt, ist unklar", so Mühlböck. In dem Fall würde dieses Thema die Menschen in Österreich über einen längeren Zeitraum hinweg begleiten, bis es eben zu strafrechtlich relevanten Entwicklungen komme. Bis dahin wären die Auswirkungen eher gering.
Zerbricht die Regierung?
Ein weiteres Szenario wäre für Mühlböck eine Veränderung in der öffentlichen Meinung. "Aktuell genießt die Regierung nach wie vor Rückhalt. Vielleicht aber bekommt der Koalitionspartner Probleme mit der Situation." Dann stünde ein Ende der Regierung im Raum. Am Donnerstag stellten die Grünen bereits Kurz‘ Handlungsfähigkeit infrage, ein Treffen mit allen Klubobleuten wurde angesetzt.
Korruption für Wähler weniger bedeutend
Wie realistisch ist ein Wandel der öffentlichen Meinung? Wie Mühlböck weiter ausführt, sind die Zusammenhänge in diesem Fall sehr komplex, zudem sei Korruption für Wähler in Österreich nicht allzu bedeutend. "Die Forschung hat gezeigt, dass eine negative Haltung nicht in dem Ausmaß entwickelt wird, dass etwa andere Parteien gewählt werden." Als Gegenbeispiel führt der Politikwissenschafter hier wiederum die Ibiza-Affäre an, die zum Ende von Blau-Türkis führte. "Wie das aktuell ist, lässt sich nicht sagen. Die Situation ist eine andere", so der Salzburger.
Ruhe innerhalb ÖVP wichtig
Die ÖVP-Landeshauptleute halten sich derzeit noch mit Stellungnahmen zu den Entwicklungen zurück. Die Situation beschreibt Mühlböck wie folgt: "Schwarz ist das Schiff und Türkis ist das Segel. Noch fährt das Schiff gut, solange das Segel keinen Schaden nimmt." Daher sei es gerade jetzt von großer Bedeutung, dass innerhalb der ÖVP Ruhe herrscht.
ÖVP-Ermittlungen: Wie viel Druck entsteht?
Die aktuellen Vorgänge seien für die ÖVP dennoch belastend, weil die öffentliche Meinung beeinflusst wird und Ressourcen gebunden würden. Dabei gebe es aktuell mit Corona-Pandemie, Klimawandel und gesellschaftlicher Spaltung viel zu tun für die Politik.
Wie viel Druck die Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft letztlich auf die Kanzler-Partei ausüben, sei also vom Verhalten des Koalitionspartners, der Öffentlichkeit und auch der Partei selbst abhängig, teilt Mühlböck abschließend mit.
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