Die am Montag in Kraft getretene Verordnung des Gesundheitsministeriums ermöglicht lokale Maßnahmen. Die westlichen Bundesländer nützten dies ab Freitag. Die vorverlegte Sperrstunde soll vorerst auf drei Wochen befristet werden. Die Entscheidung wird von der Bundesregierung unterstützt. In Salzburg kamen am Dienstag 77 Neuinfektionen hinzu, aktuell infiziert galten 263 Personen. In Tirol gab es ein plus von 54 Fällen, 597 Personen sind aktive SARS-CoV-2-Fälle. Vorarlberg meldete 27 Neuinfektionen, womit im westlichsten Bundesland 455 Menschen aktiv infiziert sind.
Corona-Zahlen in Österreich zurückgegangen
Österreichweit ist die Zahl der aktiv Covid-19-Infizierten am Dienstag erstmals wieder zurückgegangen. 8.220 Personen galten als aktive Fälle, 155 weniger als am Montag. In den vergangenen 24 Stunden wurden 645 Neuinfektionen eingemeldet. "Nach wie vor ist diese Woche die Zahl der Neuinfektionen zu hoch für diesen Zeitpunkt", konstatierte Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne). Deutlich gestiegen ist die Zahl der Menschen in Spitalsbehandlung, 26 zusätzliche Patienten wurden auf Normalstationen behandelt, insgesamt waren es somit am Dienstag 390 Personen. Auf der Intensivstation gab es acht zusätzliche Patienten - ihre Zahl stieg auf 75. 14.552 PCR-Tests wurden seit Montag eingemeldet - Ende der Vorwoche waren es noch rund 18.000 Tests täglich. 771 Menschen sind seit Ausbruch der Pandemie an den Folgen des Corona-Virus gestorben, im Vergleich zum Montag sind das vier Tote mehr. 39.303 Menschen wurden bisher insgesamt positiv getestet.
Die meisten aktiven Fälle gab es am Dienstag mit 4.350 in Wien und 1.074 in Niederösterreich. Die Sperrstunde vorverlegt wird nun allerdings zumindest vorerst nur in den drei westlichen Bundesländern. Bundeskanzler Kurz appellierte am Dienstag an Länder mit hohen Infektionszahlen, dem Beispiel zu folgen, vermied es aber, Wien alleine anzusprechen, sondern nannte auch das von seiner Parteikollegin Johanna Mikl-Leitner geführte Niederösterreich im selben Atemzug. In Wien mit dem roten Bürgermeister Michael Ludwig und in Niederösterreich biss der Kanzler bisher aber offensichtlich auf Granit: Er habe versucht, sie dafür zu gewinnen, aber "die beiden Bundesländer folgen derzeit nicht dem Beispiel der westlichen Bundesländer", sagte Kurz auf Nachfrage.
Lokale in Wien und NÖ bleiben länger offen
Der Wiener Bürgermeister betonte in einer Pressekonferenz, dass das auch mit Niederösterreich abgestimmt worden war. Für ihn stellt es kein großes Problem dar, wenn Personen nach 22.00 Uhr an einem Tisch sitzen, wie er betonte. Es sei ihm lieber, wenn sich Menschen in der Gastronomie treffen als bei illegalen Veranstaltungen. Diese wären in Wien zuletzt ein Problem gewesen. Sollte die Sperrstunde vorverlegt werden, würden wohl "nicht alle schlafen gehen". Vielmehr sei mit mehr nicht genehmigten Treffen zu rechnen, warnte er.
Sollte man Schritte setzen, werde Wien dies gemeinsam mit Niederösterreich tun, kündigte Ludwig an. Er habe mit der niederösterreichischen Landeshauptfrau schon darüber gesprochen, berichtete er. Niederösterreich möchte die vorgezogene Sperrstunde zumindest "noch nicht", hieß es am Dienstag aus dem Büro von Landeshauptfrau Mikl-Leitner. Weil die Situation von den Experten des Landessanitätsstabs aber laufend analysiert und bewertet werde, sei eine solche Maßnahme "für die Zukunft selbstverständlich nicht ausgeschlossen".
Kritik an vorverlegter Sperrstunde
Auch die beiden ÖVP-geführten Bundesländer Oberösterreich und die Steiermark sprachen sich gegen eine frühere Sperrstunde in der Gastronomie aus. Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) sieht derzeit ebenso keine Veranlassung für eine Vorverlegung der Sperrstunde. Die im Österreich-Vergleich nach wie vor sehr niedrigen Infektionszahlen würden das nicht notwendig machen. Das südlichste Bundesland ist mit insgesamt 97 aktiv Infizierten weiterhin das einzige mit weniger als 100 aktiven Fällen. Unbeantwortet blieb eine Anfrage nach einer möglichen Sperrstundenverlegung bis Dienstagnachmittag im Burgenland.
Kritik an der früheren Sperrstunde äußerten die FPÖ und die NEOS. "Diese Aktion der ÖVP-Landeshauptleute verschärft die ohnehin schon angespannte Situation in der Gastronomie noch weiter", sagte der freiheitliche Tourismussprecher Gerald Hauser. Die NEOS orteten "ein endgültig völlig chaotisches Krisenmanagement", wenn "jeder Landeshauptmann macht, was er will". "Jede Planbarkeit für die Unternehmerinnen und Unternehmer ist somit dahin. Es braucht endlich klare Regeln, die alle verstehen und länger als bis zur nächsten Pressekonferenz oder bis zur nächsten Presseaussendung gelten", sagte NEOS-Wirtschaftssprecher Sepp Schellhorn in einer Aussendung.
ÖVP appelliert, sich Salzburg und Co anzuschließen
Wiens ÖVP-Chef und Finanzminister Gernot Blümel appellierte hingegen an die Stadtregierung, sich Vorarlberg, Tirol und Salzburg als Vorbild zu nehmen. Wien könne sich auch angesichts bestehender Reisewarnungen weitere Gefährdungen nicht leisten, befand er in einer Mitteilung: "Je mehr Gefährdung durch das Virus, desto mehr Gefährdung für den Standort Wien." Wer Arbeitsplätze und Unternehmen in der Bundeshauptstadt schützen wolle, solle dem Beispiel anderer Bundesländer folgen.
Auch Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat sich konkret an Wien und Niederösterreich gerichtet, es den westlichen Bundesländern gleich zu tun. "Es geht uns darum, Arbeitsplätze zu retten", betonte Kurz vor Journalisten. Je höher die Zahl an Neuinfizierten sei, desto mehr Reisewarnungen und desto weniger Touristen gebe es, das sei ja gerade in der Bundeshauptstadt "höchst problematisch".
Er sei in den vergangenen Wochen für Verschärfungen eingetreten, um sicherzustellen, dass die Coronazahlen nicht ins Unermessliche steigen, bekräftigte Kurz. Es gebe "klare Regeln", die für ganz Österreich gelten, darüber hinaus halte er eine "regional abgestimmte Vorgangsweise für durchaus angebracht". In den vergangenen Tagen habe er deshalb versucht, die Bundesländer für regionale Verschärfungen zu gewinnen.
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