Bei dem Anschlag in der Wiener Innenstadt sind fünf Menschen ums Leben gekommen. Vier davon sind Opfer, bei ihnen handelt es sich um zwei Frauen und zwei Männer. Der fünfte Tote ist der Attentäter, der mittlerweile identifiziert wurde.
IS reklamiert Anschlag für sich
Am Abend vermeldet die APA, dass sich der Islamische Staat (IS) zum Anschlag bekennt. Ein "Soldat des Kalifats" habe die Attacke mit Schusswaffen und einem Messer verübt und am Montagabend in der Innenstadt rund 30 Menschen getötet oder verletzt, darunter auch Polizisten, teilte der IS am Dienstag auf seiner Plattform Nashir News mit. Auch aus einer IS-Erklärung auf dem Messaging-Dienst Telegram ging am Dienstagabend das Bekenntnis der extremistischen Organisation hervor. Hinweise zur Untermauerung der Erklärung gab es allerdings nicht.
Das Innenministerium überprüft das Bekennerschreiben. Es könne noch nicht gesagt werden, ob es echt ist oder nicht, hieß es gegenüber der APA .
Keine Hinweise auf weitere Täter
Nach den neuesten Ermittlungserkenntnissen von Dienstagnachmittag gab es vorerst keine Hinweise auf einen zweiten Täter. Das sagte Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) bei einer Pressekonferenz. Im Umfeld des Täters fanden in Wien und Niederösterreich 18 Hausdurchsuchungen statt, 14 Personen wurden vorläufig festgenommen.
"Die Beweismittel werden aktuell gesichtet und ausgewertet", sagte der Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, Franz Ruf. Die Festgenommenen stammen aus dem Bekannten- und Freundeskreis des 20-Jährigen. Nach ersten Erkenntnissen gab es keine Hinweise, dass sie aktiv in den Anschlag involviert waren.
Nehammer: "Toleranz ist ein unteilbares Gut"
Der angeschossene Beamte befand sich laut dem Innenminister nach einer Operation in stabilem Zustand. Nehammer betonte auch, dass der angeschossene Polizist von zwei Österreichern mit Migrationshintergrund in Sicherheit gebracht worden war. "Toleranz ist ein unteilbares Gut", bekräftigte der Innenminister. "Wir lassen uns unsere Lebensfreude, unsere Freiheit, unsere Toleranz, unser gemeinsames Leben in Österreich und in der Bundeshauptstadt sicher nicht durch Gewalt zerstören", sagte Nehammer. "Alle, die glauben zu diesen Mitteln greifen zu müssen, müssen mit der vollen Konsequenz, Klarheit und Härte des Rechtsstaats rechnen." In der Wohnung des Attentäters sind bei einer Hausdurchsuchung Munitionsteile sichergestellt worden. Zusätzlich wurde umfangreiches weiteres Beweismaterial beschlagnahmt, das erst ausgewertet werden muss. Es gebe aber bereits ein "klares Indiz zur Nähe zum Islamischen Staat (IS)", sagte Nehammer. Der 20-Jährige habe dementsprechende Postings in sozialen Netzwerken veröffentlicht.
Eine erhöhte Sicherheitswarnung, vor allem in Wien, bleibt weiterhin aufrecht, heißt es. Aber auch in Salzburg wurde die Polizeipräsenz stark verstärkt. In Wien war die Innenstadt schon seit den frühen Morgenstunden abgeriegelt. Rund 1.000 Polizisten standen im Einsatz, Unterstützung kam von Beamten aus mehreren Bundesländern. Auch das Bundesheer wurde aktiviert.
Nehammer übt Kritik an Justiz
Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) hat am Dienstagnachmittag deutliche Kritik an dem Umstand geübt, dass der von der Polizei erschossene Attentäter vorzeitig aus einer 22-monatigen Haftstrafe bedingt entlassen worden war. Der 20-Jährige habe es geschafft, "das Deradikalisierungsprogramm (Derad) der Justiz zu täuschen", sagte Nehammer. Es bedürfe daher einer "Evaluierung und Optimierung des Systems".
Dem Vernehmen nach soll der 20-Jährige vor wenigen Tagen - Ende Oktober - einen Termin bei Derad absolviert haben. Dabei habe er explizit die jüngsten Terroranschläge in Frankreich verurteilt, hieß es. In Wahrheit gebe es aber "eine Fülle von Hinweisen auf seine Radikalisierung", betonte der Generaldirektor für die Öffentliche Sicherheit, Franz Ruf, bei der Pressekonferenz im Innenministerium.
14 Verdächtige festgenommen
Am Dienstag waren 14 Personen aus dem Umfeld des getöteten Täters festgenommen worden. Es gebe noch keine Anträge der Staatsanwaltschaft darauf, denn sie würden immer noch von der Polizei einvernommen - und seien somit auch noch nicht in die Justizanstalt eingeliefert, erklärte die Sprecherin der StA Wien, Nina Bussek, am Dienstag auf Nachfrage der APA. Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) hatte von Untersuchungshaft für alle 14 berichtet.
Details zum Einsatz der Polizei
Am Tag nach dem Anschlag wurden weitere Details zum Ablauf bekannt. So hat es zumindest zwei Schusswechsel mit der Polizei gegeben. Gegen 20:00 Uhr erhielt der Notruf der Wiener Polizei mehrere Anrufe, nachdem Schüsse im Bereich Seitenstettengasse in der Innenstadt zu hören waren. Kurz nach den Schussabgaben wurde der schwer bewaffnete Angreifer bereits von Streifenbeamten wahrgenommen, es kam zu einem ersten Schusswechsel. Hierbei erlitt ein Streifenpolizist eine Schussverletzung am Bein. Um 20:09 Uhr nahm eine Sektorstreife der Sondereinheit WEGA den Täter im Bereich Ruprechtsplatz wahr.
Die Polizisten gaben im Zuge der versuchten Anhaltung dieses Angreifers mehrere Schüsse auf ihn ab. Der 20-Jährige erlag an Ort und Stelle seinen Verletzungen. Er hatte zuvor auf Passanten und Polizisten gefeuert. Während der neun Minuten, die zwischen Angriff und Neutralisierung des bekannten Täters lagen, wurden an verschiedenen Tatorten zwei Frauen und zwei Männer tödlich verletzt sowie 22 weitere Personen teils schwer verletzt.
Laut den ersten Ermittlungen gab es zumindest vier Tatorte im unmittelbarer Nähe zur Seitenstettengasse. An zwei weiteren Orten kam es zu Vorfällen, wo Personen verletzt wurden. Inwieweit diese Vorfälle zusammenhängen, war am Dienstag noch unklar.
Vertreter Österreichs bei Kranzniederlegung
Während die Ermittlungen auf Hochtouren liefen haben Vertreter des offiziellen Österreich und der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Österreich (IKG), Oskar Deutsch am Dienstag bei der Kranzniederlegung im Bereich des Tatorts des Wiener Anschlags ihre Kondolenz bekundet. Bundespräsident Alexander Van der Bellen, Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und weitere Vertreter der Regierung sowie der Parteien gedachten am abgesicherten Bereich des Tatorts der Opfer.
LIVETICKER zum Nachlesen
Kurz meldet sich nach Terroranschlag
Bundeskanzler Sebastian Kurz beruft für Dienstagfrüh (9 Uhr) einen Sonderministerrat per Videokonferenz ein. Im Anschluss wird er sich mit einer Rede an die Bevölkerung wenden – SALZBURG24 wird LIVE berichten.
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