Säfte, Shakes, Suppen und Tees – mit diesen und vielen anderen Mittelchen wird die Reinigung des Körpers von Toxinen oder Schlacken verkauft. Kuren, die vor allem auf das Weglassen von Lebensmitteln und auf die Einnahme von sehr viel Flüssigkeit bauen, sollen den Körper durchspülen und damit entgiften. „In den Köpfen der Menschen ist ein reiner, sauberer Körper, der funktioniert und der frisch ist. Aber das ist nicht die Realität“, sagt Ernährungsexpertin Judith Haudum, die in ihrer Arbeit als Diätologin und Sportwissenschafterin immer wieder mit dem Detox-Phänomen konfrontiert wird.
Der Körper entgiftet sich selbst
Tatsächlich stelle sich die Frage nach einer Entgiftung nicht, da der Körper das jeden Tag automatisch macht – „und das funktioniert auch“. Die Menge der Giftstoffe, die wir über unsere Lebensmittel aufnehmen, sei so gering, „dass unser Körper das ganz alleine schafft“ und kein gesundheitlicher Schaden entstehen kann, erklärt die Expertin im SALZBURG24-Interview.

Detox-Effekt nur kurzfristig
Zudem sei der Effekt einer solchen Kur in der Regel relativ kurz. „Man zehrt nicht wirklich lange davon. Denn mit dem Tag, an dem ich wieder normal esse, nehme ich auch wieder die unterschiedlichsten Inhaltsstoffe auf, was sich auch fast unmittelbar wieder auf das eigene Befinden auswirkt“, so Haudum. Und mehr noch: Denn der Schaden, den man dem Körper damit zufüge, sei größer als jeglicher Nutzen. Denn bei so wenig Energie, die man während einer derartigen Kur dem Körper zufügt, gehen die Muskeln zurück. „Muskeln baut man sehr schnell ab, der Aufbau dauert viel länger. Vielen, die Detox machen, ist nicht bewusst, was sie ihrem Körper damit antun.“ Zudem gebe es Beobachtungen, die zeigen, dass das für den Körper so dringend benötigte Eiweiß und viele wichtige Vitamine fehlen und damit für das Immunsystem auch schon nach wenigen Tagen eine schwierige Situation entsteht.
Wie ernähre ich mich?
Die eigentliche Frage ist für Haudum: „Wie ernähre ich mich generell?“ Das sei ein höchst individuelles Thema. Ernährungsformen, die bei dem einen funktionieren, sind nicht für jeden gut.“ Das sehe man besonders bei der vegetarischen Ernährung. Fakt sei, es gibt keine wissenschaftlichen Belege dafür, dass Vegetarier gesünder oder ungesünder sind. Damit sei diese Form der Ernährung weder besser noch schlechter als jene, bei der grundsätzlich alles gegessen wird.
Essen bekommt zu viel Aufmerksamkeit
Der Ernährung werde oft auch einfach zu viel Aufmerksamkeit geschenkt, ist sich die Expertin sicher. „Das gesunde Mittelmaß gibt es immer weniger – sowohl beim Essen als auch beim Körpergewicht. So haben wir einerseits das Übergewicht und auf der anderen Seite immer mehr, die versuchen immer noch leichter zu werden.“ Und dementsprechend müsse man nicht bei jedem Frühstück oder bei jeder Rippe Schokolade darüber nachdenken, ob man das jetzt essen darf. „Die Rippe Schokolade zwischendurch macht niemanden dicker oder ungesünder.“ Ungesundes Essen dürfe man zulassen, ohne schlechtes Gewissen, sagt Haudum, die mit der 80/20-Regel arbeitet. „80 Prozent vom Essen sollten Qualität haben und Vitamine und Ballaststoffe, etc. beinhalten und 20 Prozent sind rein für das Gemüt – egal ob Schokolade, Kuchen, Chips oder gesalzene Nüsse. Das ist einfach ein bisschen was für nur für mich.“
Jeder ist sich selbst der beste Experte
Die Unmengen an Informationen über die vermeintlich richtige Ernährung, zahlreiche selbsternannte Ernährungsprofis, Social Media und Ernährungs-Apps auf den Handys, führe dazu, dass die Verunsicherung der Menschen in dem Bereich immer größer werde. „Es gibt so viel unterschiedlichen Input, dass es für jemanden, der das Fach nicht studiert hat, wirklich kaum möglich ist, zu unterscheiden, was stimmt und was völliger Unsinn ist“, warnt die Wissenschafterin. Haudum plädiert dafür, dass mehr Experten herangezogen werden, sowohl in den verschiedensten Medien, als auch direkt von jenen Menschen, dir ihr Essensverhalten ändern möchten.
Die Menschen müssten wieder lernen, die Signale des Körpers zu erkennen und entsprechend zu reagieren. Hunger, Sättigung, Durst. Welche Lebensmittel tun mir gut und welche nicht. Doch der Weg, weg von Zahlen, Daten und Fakten, hin zum Körperbewusstsein, verlange Zeit und viel Geduld. „Das ist ein Prozess und passiert nicht von heute auf morgen.“
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