Der Aufbau erster Zelte zur Versorgung von Flüchtlingen hat vor allem in einer betroffenen Gemeinde für Empörung gesorgt. Im oberösterreichischen Thalham (Bezirk Vöcklabruck), wo ohnehin bereits eine Erstaufnahmestelle steht, kündigte man für den Nationalfeiertag Protestmaßnahmen bis hin zu einer Autobahn-Blockade an. In Tirol will man mit Containern und einem Holzhaus die Aufstellung von Zelten verhindern. Dass weitere kommen, ist indes nicht unwahrscheinlich.
Bisher 25 Asyl-Zelte errichtet
Bisher sind bloß 25 Zelte aufgebaut, in denen jeweils acht Personen Platz finden. Jeweils fünf davon befinden sich an Kärntner Standorten in Villach und Klagenfurt. Die übrigen 15 wurden in Thalham am Gelände der dortigen Erstaufnahmestelle aufgestellt. Freilich sind diese 120 so geschaffenen Plätze in Oberösterreich nur ein Tropfen auf dem heißen Stein, müsste das Land doch gemäß Bund/Länder-Vereinbarung aktuell mehr als 3.500 zusätzliche Plätze zur Verfügung stellen.
Bürger:innen in St. Georgen i. A. wollen A1 blockieren
In der Gemeinde St. Georgen im Attergau (Vöcklabruck), in der sich die Thalhamer Einrichtung befindet, ist man jedoch entrüstet, dass gerade dort die Zelt-Quartiere geschaffen werden. Immerhin ist die Erstaufnahmestelle voll und man hat zahlreiche ukrainische Kinder und Jugendliche aufgenommen. Bürgermeister Ferdinand Aigner (ÖVP) kündigte am Montag in einer Pressekonferenz einen Protestmarsch an: "Am Nationalfeiertag wird es eine Bürgerinformation vor dem Gemeindeamt geben, dann marschieren wir Richtung Westautobahn."
Bei der Autobahnabfahrt seien "Abschlussprotestmaßnahmen geplant" - ob es zu einer Blockade der Autobahn komme, "lassen wir offen". Schon davor hatte der Ortschef Zelte als "die dümmste Unterbringung, die es geben kann" verurteilt.
Tirol sucht Alternativen zu Zelten
Nicht viel anders sieht man das in Tirol, das nach Kärnten die zweitschlechteste Quotenerfüllung hat. Rund 2.800 Plätze fehlen. Nun sucht man nach Alternativen zu den Zelten. So hole man derzeit bereits Angebote zur Anmietung von Wohncontainern als Unterbringungsmöglichkeit ein, erklärten die zuständigen Stellen. Darüber hinaus sei das Land Tirol seit der letzten Flüchtlingsbewegung vor einigen Jahren im Besitz eines aufbaubaren Holzhauses. Letzteres könnte wieder aufgestellt und den Menschen auf der Flucht zur Verfügung gestellt werden.
Dennoch ist es nicht unwahrscheinlich, dass in Tirol und Vorarlberg schon demnächst Zelte aufgestellt werden, wenn nicht rasch anderweitiger Raum geschaffen wird. Dafür in Frage kommen nicht nur Orte, wo schon bisher Bundeseinrichtungen sind, sondern auch sonstige Grundstücke im Besitz des Bundes, etwa Grundstücke der Polizei.
Karner will "herumlungern" verhindern
Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) verteidigte die Zelte Montagabend im Ö1-Radio: "Unsere Aufgabe ist es zu verhindern, dass junge Männer, die praktisch keine Chance auf Asyl haben, vor Schulen, vor Kindergärten, auf unseren Hauptplätzen, auf den Dorfplätzen, auf Bahnhöfen herumsitzen. Sondern da ist es doch viel besser, die sind zum Teil, in wenigen Bereichen, in Zelten auf Gründen der Landespolizeidirektion untergebracht", meinte er. "Diese Menschen haben auf ihrem Weg nach Europa in Zelten und oft im Freien übernachtet", argumentierte Karner zudem in der "Kronen Zeitung" (Dienstag-Ausgabe). Es gebe auch viele Familien, die Ukrainer schon seit einem halben Jahr beherbergen. "Die steigenden Energiekosten setzen ihnen zu. Deswegen bitten zunehmend österreichische Familien, dass die ukrainischen Flüchtlinge in die Länderbetreuung kommen. Außerdem kann ich eine Liste an Orten nennen von Ledenitzen bis Schärding, wo Quartiere am Widerstand gescheitert sind." Für Bürgermeister sei die Situation nicht einfach, räumte Karner auf Ö1 ein: "Da hab' ich großes Verständnis für manchen Ärger", aber man müsse Dinge eben anpacken.
Dass man lieber Zelte als Container aufstellt, hat als Hauptgrund, dass es für letztere die behördliche Genehmigung der Gemeinden bräuchte und die kaum zu erhalten ist. Dass der Bund seine Hausaufgaben gemacht hat, ist man in der Bundesbetreuungsagentur überzeugt. Seit dem Vorjahr habe man die Anzahl der Quartiere von 13 auf 27 aufgestockt. Nun seien aber schon aus feuerpolizeilichen Gründen keine Plätze mehr verfügbar.
Waldhäusl fordert Asyl-Stopp
Das gilt auch für die größte Flüchtlingsunterkunft des Landes, die Erstaufnahmestelle in Traiskirchen, wo etwa 1.800 Flüchtlinge leben. Niederösterreichs Flüchtlingslandesrat Gottfried Waldhäusl (FPÖ) ist nicht nur deshalb dagegen, weitere Aktivitäten zu setzen. "Solange der Damm nicht dicht gemacht wird, ist es keine Frage mehr, ob zwei oder drei Pumpen aufgestellt werden. Das Land wird absaufen", meinte er zu den hohen Asylzahlen. Wie die Bundes-FPÖ forderte er einen Aufnahmestopp, ganz auf einer Linie mit der früheren ÖVP-Generalsekretärin Laura Sachslehner.
Wenig Freude mit seinen Notunterkünften hat auch Kärnten. Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) meinte am Montag, dass Menschen außer beim Campen nicht in Zelten untergebracht sein sollten. Aus seiner Sicht erfüllt das Land seine Quote bei Asylwerbern ohnehin, einzig bei den ukrainischen Flüchtlingen bleibe man darunter. Da es für diese jedoch in Kärnten Wohnangebote gebe, sollte der Bund lenkend eingreifen. Dieser kann sich derzeit nur über zwei Bundesländer freuen, die ihre Quoten erfüllen. Das Burgenland liegt 70 Personen über dem Soll, Wien sogar um mehr als 15.400.
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