Die acht Mitarbeiter:innen (fünf Vollzeitäquivalente) der Landesumweltanwaltschaft (LUA) mit Sitz in der Membergerstraße 42 im Salzburger Stadtteil-Josefiau warten gespannt auf die Verkündung des Verhandlungsergebnisses der Koalitionsgespräche zwischen ÖVP und FPÖ. Denn während LH Haslauer und FPÖ-Chefin Svazek in einberufenen Pressekonferenzen ihr vereinbartes Stillschweigen wiederholen, ist die Zukunft der LUA ungewiss. Beide Parteien hatten im Wahlkampf Kritik an der Einrichtung geübt, wonach durch ihr Agieren Projekte – auch im Bereich der Erneuerbaren Energien wie Wind- und Wasserkraft – verzögert oder gar verhindert würden. So legte Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) noch kurz vor der Wahl einen Gesetzesentwurf vor, der u.a. vorsah, der LUA bei Genehmigungsverfahren für Anlagen im Bereich der "Erneuerbaren" das Revisionsrecht vor dem Verwaltungsgerichtshof zu streichen. Er erklärte die Novelle zur Koalitionsbedingung für eine neue Regierung. Die FPÖ forderte ohnehin die Abschaffung der vom Land finanzierten Einrichtung.
Abschaffung der LUA nicht möglich
Ein bisschen beunruhigt sei man schon, aber Angst habe man keine, sagt die Chefin der Landesumweltanwaltschaft Gishild Schaufler im SALZBURG24-Gespräch. „Eine Abschaffung der LUA steht ohnehin außer Frage, weil wir Grundlagen in bundesgesetzlichen Bestimmungen haben“, stellt die Juristin klar. Aber auch eine Reformierung im Sinne der ÖVP wäre für Schaufler in Zeiten von Klima- und Biodiversitätskrise „unverständlich“ und „nicht zeitgemäß.“
Haslauer senior ist LUA-Gründervater
Schon seit ihrer Gründung in den 80er-Jahren ist die LUA umstritten. Initiiert wurde sie damals von LH Wilfried Haslauer sen., der so Besetzungen wie in der Hainburger Au im Bundesland Salzburg verhindern wollte. Die LUA ist dem Gesetz nach Interessensvertreterin für Natur, Arten und Umwelt in einem Verfahren und hat eine Parteistellung. „Die Natur ist kostenlos und deswegen wird ihr Wert oft nicht geschätzt. Wir sind dafür da, dass wir ihr in Verwaltungsverfahren eine Stimme geben“, sagt Schaufler.
Teils heftige Diskussionen über die Abschaffung oder Beschneidung der Einrichtung gibt es nicht erst seit dem vergangenen Wahlkampf. Das liegt laut Schaufler auch daran, dass man in der Politik oft kurzfristige Lösungen vertrete und keine unpopulären Maßnahmen treffen wolle. „Die LUA vertritt langfristige Entscheidungen, basierend auf Sach- und Fachkompetenzen, im Sinne unserer Kinder und Enkelkinder.“
Artensterben wird zur Krise
Derzeit seien 80 Prozent von Arten und Lebensräumen in Österreich in schlechtem Zustand. Die Klimakrise und der Insektenschwund seien mittlerweile im Bewusstsein der Menschen angekommen, das Artensterben jedoch noch nicht. „Wir stellen fest, dass das Bewusstsein erst zeitverzögert kommt, nämlich dann, wenn die Menschen die damit einhergehenden Probleme – wie etwa die vermehrten Unwetter beim Klimawandel – direkt zu spüren bekommen.“ Die Warnungen der Wissenschaft im Bereich der Biodiversität gebe es schon seit Jahren, die Folgen dieser Krise würden uns jedoch erst in der Zukunft treffen. „Daher vertreten wir die Natur auf lange Sicht.“
Natur- und Umweltschutzinteressen in Verfahren können mittlerweile auch durch NGOs vertreten werden – ein Argument für die Einschränkung der Rechte der Landesumweltanwaltschaft. Doch das beschränke sich lediglich auf EU-rechtliche Angelegenheiten, warnt Schaufler. „NGOs haben also viel weniger Rechte als wir und Privatpersonen haben gar keine Rechte in Naturschutzverfahren“, fasst Schaufler zusammen.
"Wir sind keine Verhinderer"
Den Vorwurf, gerade im Bereich der Erneuerbaren Energie Verfahren zu bremsen oder Projekte zu verhindern, weist Schaufler vehement zurück und verweist auf den Tätigkeitsbericht. „Das Wasserkraftwerk Stegenwald war unsere einzige Beschwerde im Jahr 2021, 2022 dann die Revision.“ Und, auch wenn es bei der Windkraft durchaus kritische Punkte gebe, sei dazu bislang noch kein einziges Projekt beantragt worden. „Es gibt noch kein Verfahren, wie soll es dann eine Ablehnung geben?“ Insgesamt müssten pro Jahr mehr als 800 Verfahren aussortiert werden, bei etwa der Hälfte kommt es zu Parteistellungen seitens der LUA."Oft sind es aber die kleinen Dinge, die nicht medienwirksam sind, wie Aufschüttungen, Heckenentfernungen, Steganlagen oder Forststraßen, die aber eine große Summenwirkung haben.“
Und, was viele nicht wissen: Neben den Verfahren und Begutachtungen von Gesetzesentwürfen sind die Mitarbeitenden der Landesumweltanwaltschaft auch für die Beratung von Land, Gemeinden und der Bevölkerung in sämtlichen Umweltschutz-Fragen zuständig.
Rückenwind für LUA aus der Wissenschaft
Rückenwind für die Salzburger Landesumweltanwaltschaft kommt jedenfalls von den neun Umweltanwälten der anderen Bundesländer, sowie von 70 österreichischen Natur- und Umweltorganisationen und Wissenschafter:innen. In einem offenen Brief haben sie an die zukünftige schwarz-blaue Landesregierung appelliert, die Rechte und Pflichten der LUA sowie ihre Ressourcen personell und finanziell auszubauen, statt sie zu beschneiden. Eine moderne LUA könne einen Beitrag leisten, zukünftig bessere gesetzliche Regelungen im Bereich des Schutzes der Biodiversität und Umwelt zu finden und nicht zuletzt auch schnelle und professionelle Verfahren begleiten.
Auf welche Art der Reform sich die politisch Verantwortlichen nun geeinigt haben, bleibt abzuwarten. Die Regierungsverhandlungen wurden am Mittwoch abgeschlossen. Der Koalitionspakt steht.
Kommentare
StallerMiacht
Die LUA kann nur alles verzögern, verhindern, verteuern , so einen Verein braucht keiner
Juergen
Ich denke, dass der Naturschutz und der Tierschutz ohnehin wahnsinnig unterrepräsentiert sind und die Betonlobbys und Tierausbeutungslobbys wahnsinnig mächtig sind. Viel mehr kann man die Anwälte der Natur (LUA) nicht beschneiden, genauso wie die Tierschutzombudsstellen (TSO), also wenn dann sollte man über eine Kompetenzausweitung diskutieren und sicher nicht über eine Einschränkung. Dass die Blauen teils noch ärgere Tierfeinde und Umweltfeinde/Naturhasser als die Schwarzen sind, wundert mich nicht.
egghead
ich halte die LUA sowie den naturschutzbund für unerlässlich !