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Ausschlussgrund Kind

So schwer haben es Mütter auf Jobsuche

Salzburgerin klagt über Nachteile am Arbeitsmarkt

Mutter, Beruf, Job, Home Office Pixabay/CC0
Eine Bewerberin mit Kind? Für viele Arbeitgeber scheint das ein Absagegrund. (SYMBOLBILD)

"Sie haben ein Kind und das ist uns zu unsicher", dieser Satz begegnet vor allem Müttern bei der Arbeitssuche recht häufig. Die 30-jährige Jasmin Ritter aus der Stadt Salzburg hat im Februar 2020 ihren Job verloren. Die Suche nach einer neuen Anstellung läuft für die Mutter seither beschwerlich. Gerade in der Corona-Krise stellt die Frage nach der Betreuung ihrer sechsjährigen Tochter die wohl größte Hürde für sie dar.

"Wir Mütter werden verurteilt, dass wir Kinder haben und arbeiten gehen wollen und müssen", ärgert sich die 30-Jährige im Gespräch mit SALZBURG24. In den letzten Monaten habe sie sich bei zahlreichen Firmen auf ausgeschriebene Teilzeitjobs als Büroangestellte beworben. "Ich hatte einige Vorstellungsgespräche und mehr als die Hälfte hat mich nicht genommen, weil ich ein Kind habe und dass zu unsicher sei", schildert die Salzburgerin.

 

Rahmenbedingungen für arbeitende Mütter stark verschlechtert

"Es sind Teilzeitjobs ausgeschrieben, aber wenn ich mich bewerbe, komme ich dafür als Mutter nicht in Frage. Für wen sind diese Stellen dann gedacht?", ärgert sich Ritter. Gerade in der Corona-Krise hätten sich die Rahmenbedingungen für arbeitende Mütter stark verschlechtert, gibt auch Vera Knoll von der Organisation Frau & Arbeit zu bedenken. "Betreuungseinrichtungen sind angewiesen, die Gruppen möglichst klein zu halten. Damit das gelingt, müssen Kinder aber zuhause bleiben – und das bleibt meist an den Frauen hängen", sagt sie.

Rund 22.000 Kinder in Salzburg in Betreuung

Vor Corona, quasi im "Normalzustand", wurden 22.131 Kinder in 595 Einrichtungen in Salzburg institutionell betreut. Während des Lockdowns sollte die Betreuung durchgängig möglich sein, die Zahlen zeigen aber ein wahrlich anderes Bild: Nach Ostern lag der Anteil bei gerade einmal fünf Prozent, Ende April bei zehn Prozent, teilte die zuständige Landesrätin Andrea Klambauer (NEOS) im Mai auf Anfrage mit. Für Herbst gilt der Regelbetrieb aber als "oberstes Ziel" (wir haben berichtet).

Vater, Tochter, Kind, Eltern, SB Pixabay/CC0
Auch Vätern steht eine Sonderbetreuungszeit zu. In Anspruch genommen wird sie jedoch mehrheitlich von Frauen. (SYMBOLBILD)

Sonderbetreuungzeit: Staat übernimmt Hälfte der Lohnkosten

Von Seiten der Regierung wurde in der Corona-Krise für Eltern eine Sonderbetreuungszeit eingeführt. Das Modell sieht vor, dass Arbeitnehmer drei Wochen freinehmen können, wenn sie wegen Schul- und Kindergartenschließungen keine Möglichkeit zur Betreuung haben. Diese kann flexibel, also wochen-, tage- und halbtagsweise in Anspruch genommen werden.

Ein Drittel der Lohnkosten übernahm bislang der Staat, ab sofort ist es die Hälfte, wie Arbeitsministerin Christine Aschbacher (ÖVP) am Mittwoch bekanntgab. Rechtsanspruch gibt es allerdings keinen, es muss die Zustimmung des Arbeitgebers eingeholt werden.

Auch Väter haben Anspruch auf Pflegefreistellung

Für den Fall, dass ein Kind krank wird, steht Eltern außerdem per Gesetz pro Jahr eine Woche Pflegefreistellung zu. Das Gehalt muss für diese Zeit weiter bezahlt werden. Eine Woche zusätzlichen Pflegeurlaub innerhalb eines Arbeitsjahres gibt es, wenn das Kind neuerlich pflegebedürftig krank wird und noch nicht zwölf Jahre alt ist.

Übrigens: Wenn beide Elternteile berufstätig sind, kann nicht der Arbeitgeber bestimmen, wer von den beiden Elternteilen beim Kind bleibt. Dasselbe Recht steht also auch Vätern zu.

Dennoch: Im Berufsalltag von Vätern spielt die Kinderbetreuung deutlich seltener eine Rolle. So wurde die Sonderbetreuungszeit im Frühjahr zu zwei Dritteln von Frauen in Anspruch genommen. Aber auch die Studie "Vereinbarkeit von Beruf und Familie" der Statistik Austria macht einen Unterschied zwischen Vätern und Müttern deutlich.

Mutter, baby, Job, Beruf, Home Office Pixabay/CC0
Bei Müttern wirken sich Kinderbetreuungspflichten viermal häufiger auf die Arbeit aus als bei Vätern. (SYMBOLBILD)

Mütter viermal häufiger betroffen als Väter

Demnach wirken sich Kinderbetreuungspflichten bei Müttern viermal häufiger als bei Vätern auf das Ausmaß der Erwerbsarbeit aus. War das jüngste Kind unter zwei Jahre alt, gaben 78 Prozent der Mütter und 18 Prozent der Väter an, dass die Betreuungspflichten Auswirkungen auf das Ausmaß ihrer aktuellen Erwerbstätigkeit hatten. Dieser Anteil sank bei Müttern von Kindern im Volksschulalter auf knapp über 60 Prozent (Väter 13 Prozent) und schließlich auf 42 Prozent (Väter 8 Prozent), wenn das jüngste Kind zwischen zehn und 14 Jahre alt war.

Diese Verteilung bestätigt auch Jasmin Ritter, insbesondere auf Arbeitgeberseite: "Mein Mann ist bislang nie gefragt worden, wie er die Betreuung unserer Tochter organisiert. Auch im Frühjahr, als Kindergärten und Schulen geschlossen wurden, war das in seinem beruflichen Umfeld nie Thema." Von Männern werde nicht erwartet, sich um die Kinder zu kümmern.

 

Kinderbetreuung in der Bewerbung ansprechen?

Müttern auf Jobsuche empfiehlt Vera Knoll, sich schon bei der schriftlichen Bewerbung zu überlegen, ob sie das Thema Kinderbetreuung von selbst anschneiden möchten. Auf jeden Fall sollte man aber beim Gespräch auf die Frage gefasst sein. "Es ist wichtig, vorab einen möglichen Betreuungsplan zu erarbeiten und für Notfälle auf mehrere Personen zurückgreifen zu können und das auch klar im Betrieb zu kommunizieren", rät sie abschließend.

(Quelle: SALZBURG24)

„Die Frauen werden es schon richten“

_K6B6987.jpg SALZBURG24/Wurzer
Die Sprecherinnen des Frauenrats beim Interview mit S24-Redakteurin Jacqueline Winkler.

Kinder betreuen und unterrichten, den Haushalt schupfen und nebenbei im Homeoffice glänzen. Oder: Überstunden leisten im systemrelevanten Beruf und dann noch das Homeschooling organisieren. Betroffen hat das im Lockdown hauptsächlich Frauen. Wir haben uns angesehen, welche Folgen das für die Erwerbstätigkeit, aber auch das Frauenbild haben wird.

Frauen, und Mütter im speziellen, waren während des Lockdowns zusätzlichen Belastungen ausgesetzt. Zu diesem Schluss kommt eine Untersuchung der Hans-Böckler-Stiftung. Demnach geht aus einer Befragung unter 7.677 Erwerbstätigen im April hervor, dass Mütter die Hauptlast tragen, wenn Eltern in Zeiten geschlossener Kindergärten und Schulen einspringen müssen. So haben in Haushalten mit mindestens einem Kind unter 14 Jahren 27 Prozent der Frauen ihre Arbeitszeit reduziert. 16 Prozent der Männer taten das ebenfalls. Die Autoren kommen zu dem Schluss: „Die Corona-Krise trifft Frauen doppelt.“

Auch eine Umfrage des Pinzgauer Frauennetzwerks bringt ähnliche Ergebnisse. 500 Menschen haben teilgenommen. Das Fazit: Arbeit, Haushalt, Schulbetreuung fallen überwiegend Frauen zu, schildert Daniela Wallinger, Sprecherin des Salzburger Frauenrates, gegenüber SALZBURG24: „Der Druck war eher auf den Frauen und man hat gesehen, dass die Entwicklung wieder zurück zu den konservativen Rollenbildern gegangen ist.“

Krise zeigt "schrecklichen Ist-Zustand"

„Die geschlechtsspezifische Arbeitsteilung innerhalb von Familien ist ganz schnell wieder traditionell geworden, wenn sie es nicht schon vorher war“, erklärt auch Birgit Sauer, Professorin für Politikwissenschaften an der Universität Wien, im Gespräch mit S24. Ihr Spezialgebiet ist die Geschlechterforschung. Die Krise habe „den schrecklichen Ist-Zustand“ gezeigt, findet Sauer. „Man hat gesehen, dass sich in den letzten 20, 30 Jahren, in denen Frauen viel stärker erwerbstätig geworden sind, wenig geändert hat.“ Eine einmalige Beobachtung sei das nicht: „Generell würde ich schon sagen, dass in Krisenzeiten ganz schnell auf traditionelle Verhaltens- Gefühls- und Denkmuster zurückgegriffen wird.“

Kann sich die klassische Rollenverteilung wieder etablieren? „Die Befürchtung ist schon groß“, sagt Birgit Thaler-Haag, Leiterin des Salzburger Frauenhauses und Sprecherin beim Frauenrat. "Man sieht ja, wie sich das Erwerbsleben von Frauen entwickelt, sobald Kinder da sind. Dass es ganz schwierig ist, wieder in eine volle Erwerbstätigkeit zu kommen. Da kann schon die Gefahr sein, dass sich Rollen wieder verfestigen." Hinzukomme, dass Fraueneinkommen in der Regel niedriger seien (siehe Grafik). Gehe es um das finanzielle Überleben der Familie, sei es wichtiger, dass der Mann einen Vollzeit-Job habe.

 

Frauenarbeitslosigkeit schnellt in Salzburg in die Höhe

Ines Grössenberger ist Referentin für Frauenpolitik bei der Salzburger Arbeiterkammer (AK) und ebenfalls Sprecherin des Salzburger Frauenrats. Sie fordert im S24-Interview eine aktive Arbeitsmarktpolitik, um dem entgegen zu wirken. „Wenn die Beschäftigung steigt, muss man genau schauen, welche Jobs vergeben werden. Kommen die Frauen wieder in die Arbeit zurück? Wenn nicht, ist diese Verfestigung da – längerfristig.“

Ein Blick auf den Salzburger Arbeitsmarkt zeigt, dass sich die Pandemie bereits deutlich auf die Beschäftigung von Frauen auswirkt. Im April etwa schnellte die Frauenarbeitslosigkeit um 218,6 Prozent (Männer: 118,1 Prozent) in die Höhe. „Zurückzuführen ist das vor allem darauf, dass der Corona-Lockdown zu einem abrupten Ende der Wintertourismus-Saison geführt hat“, erklärt AMS-Sprecher Wilfried Beer in einer schriftlichen Stellungnahme. Eine Branche, in der die Frauenbeschäftigung dominiert. Allerdings wirke sich die Sommersaison seit Juli positiv aus: Die Frauenarbeitslosigkeit sinkt leicht.

Beeinflusst Krise Erwerbstätigkeit von Frauen?

Grössenberger weiß aus Studien, dass Frauen seit der Corona-Krise nicht nur mehr unbezahlte Arbeit geleistet haben, sondern dafür auch die Stunden ihrer Erwerbsarbeit reduziert haben. „Wie lange wird das vom Arbeitgeber geduldet, wenn man immer wieder ausfällt? Ich glaube, das kann durchaus starke Auswirkungen auf die Erwerbsbeteiligung von Frauen haben.“

Für die systemrelevanten und frauendominierten Berufe erwartet sich Birgit Sauer von der Bundesregierung nicht mehr als symbolische Unterstützung. „Das Klatschen vom Balkon ist zwar eine Anerkennung, aber das ist keine nachhaltige Verbesserung der Berufs- oder gar der Lohnsituation.“ Welche Auswirkungen das hat, zeigte der Equal Pension Day am 30 Juli. An diesem Tag haben Männer so viel auf dem Pensionskonto, wie Frauen für das ganze Jahr bekommen. Pensionistinnen müssen im Schnitt mit 42 Prozent weniger Geld auskommen.

 

Abfangen soll solche langfristigen, negativen Auswirkungen ein Frauen-Schwerpunkt in der Corona-Arbeitsstiftung. Diese wurde am 11. August von Frauenministerin Susanne Raab und Arbeitsministerin Christine Aschbacher (beide ÖVP) vorgestellt. Demnach liegt der Fokus auf beruflicher Weiterbildung und Umschulung. 50 Prozent der AMS-Mittel sollen wieder Frauen zu Gute kommen.

"Inszenierung von Männern und Männlichkeit"

Solche Auftritte der Ministerinnen, die Frauen- und Familienthemen explizit zum Thema machen, haben die vier Expertinnen während des Lockdowns vermisst. „Insgesamt waren die Pressekonferenzen eine Inszenierung von Männern und auch von Männlichkeit“, konstatiert Sauer. Dabei gehören dieser Regierung mehr Frauen an, als jemals zuvor in Österreich. Hat die männlich geprägte Politik die Bedürfnisse von Familien und Frauen vergessen?

„Das würde ich mit ja beantworten. Man sieht die Prioritäten“, sagt Daniela Wallinger. Für Ines Grössenberger hat es „Bände gesprochen, dass die Baumärkte aufmachten und die Eltern mit ihren Kindern weiterhin zuhause saßen.“ Birgit Sauer hätte sich kreative, alternative Möglichkeiten für die Kinderbetreuung gewünscht. Dafür hätte man Geld in die Hand nehmen müssen, ist die Expertin überzeugt. Initiativen dazu habe sie aber nicht gesehen. „Da hat sich die Regierung wohl gedacht: Die Frauen werden es schon richten“, konstatiert die Professorin.

Sichtbarkeit als positive Auswirkung der Corona-Krise

Trotz allem hat die Corona-Krise nicht nur negative Aspekte hervorgebracht. Thaler-Haag hat beobachtet, dass die Menschen zusammengeholfen haben, dass „man vielleicht ein bisschen mehr aufeinander geschaut hat.“ Dass aufgefallen ist, wie wichtig viele Berufe sind, in denen Frauen arbeiten, ist für Sauer eine gute Entwicklung. Dem schließt sich Grössenberger an. Anzeichen für eine Lohnerhöhung seien zwar keine da, „aber zumindest Sichtbarkeit.“

Aufgerufen am 24.09.2023 um 11:30 auf https://www.salzburg24.at/news/salzburg/muetter-bei-jobsuche-deutlich-im-nachteil-92603461

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