"Die vierte Welle ist massiv da. Wir müssen sehen, wie wir da herunterkommen", sagte Greil am Mittwoch im APA-Gespräch. 60 Prozent der Corona-Patienten auf den Normalstationen und 30 Prozent der Patienten auf den Intensivstationen seien von Impfdurchbruch-Infektionen betroffen. Es gebe jede Menge an Durchbruchsinfektionen und Clusterbildungen beim Personal, das vor allem auch auf der Normalstation bereits am Limit arbeite.
Greil bringt Lockdown ins Spiel
Um die Lage in den Griff zu bekommen, sollte man die Kontakte ab sofort "kategorisch herunterfahren", was in letzter Konsequenz einen Lockdown bedeute, sagte Greil. "Wir sind in einer Situation, wo wir nur wenige Restkapazitäten haben, und die müssen ausgeschöpft werden." Es brauche jetzt entsprechende Maßnahmen zur Kontaktbeschränkung, die von der Politik gesetzt werden müssten. Die Kontaktbeschränkung sollte mindestens zwei Wochen lang dauern, damit sich in zwei, drei Wochen eine Wirkung entfalten könne.
Hoffnung auf Auffrischungsimpfung
Hätte die Politik vor zwei oder drei Monaten die 2-G-Regel eingeführt, wäre es vermutlich nicht so weit gekommen, meinte Greil. Die Drittimpfung sei schon jetzt notwendig und müsste in vier Wochen abgeschlossen sein, um einen Effekt zu erzielen. Die Frage, ob sich das logistisch ausgeht, sollten sich die Verantwortlichen stellen, sagte er zur APA. "Das müsste massivst und fast militärisch stattfinden."
Die vom Impfgremium empfohlenen Maßnahmen zum dritten Stich würden hingegen vier Monate dauern, "bis wir durch sind", was viel zu lange dauern würde.
Extreme Belastungssituation in Spitälern
Greil warnte davor, aufgrund der angespannten Lage und extremen Belastungssituation in den Krankenhäusern die ethische, medizinische und rechtliche Verantwortung zu ignorieren und Patienten in Notsituationen nicht mehr zu helfen. Da gebe es zunehmend "Fantasien", dass man Patienten abweisen wolle.
Das würde die österreichische Medizin in ihrem Selbstverständnis zerstören. Eine gewisse Triagierung, ein Vorziehen der Dringlichkeit, sei Alltag in der Medizin – aber ohne dass der Patient oder die Patientin Schaden daran nehme. "In Österreichs Spitäler darf nicht Leben mit Leben ausgetauscht werden. Man muss alles tun, um Menschen im Notfall adäquat zu versorgen." Greil verwies auf die Pflicht der Spitäler, Patienten aufzunehmen und unter bestmöglichen Bedingungen zu behandeln.
Zusätzlich PCR-Tests zu 2-G?
Eine Testpflicht für Geimpfte könnte in der aktuellen Lage zur Eingrenzung der Ansteckungen beitragen, sagte Greil. Der Mediziner hatte gegenüber dem ORF und den Salzburger Nachrichten (SN) erklärt, dass zum jetzigen Zeitpunkt eine Unterscheidung zwischen Geimpften und Ungeimpften seiner Meinung nach nicht mehr sinnvoll sei. "In meinen Augen benötigen wir auf jeden Fall 2-G und zusätzliche PCR-Tests, je näher man bei Patienten und vulnerablen Menschen ist, bei den älteren Menschen, die zu Hause sind, natürlich auch dort, wo durchgehender Kontakt zwischen den Generationen besteht", sagte er im Interview mit den Salzburger Nachrichten.
Infektiologe mit Kritik an Maßnahmen in Österreich
Gegenüber den SN ließ Greil ebenfalls Kritik an den bisher in Österreich getroffenen Maßnahmen anklingen. "Es ist seit dem Sommer aus den israelischen Daten bekannt, dass die dritte Impfung eine elffach niedrigere Infektionsrate und eine 19 Mal niedrigere Hospitalisierungsrate mit sich bringt. Hier waren auch die Empfehlungen der Impfkommission zögerlich."
In Israel seien umgehend der Grüne Pass in der Wirkdauer auf sechs Monate reduziert, die dritte Impfung massiv und in kürzester Zeit forciert und umgesetzt worden. "Das ist in Österreich unterblieben, obwohl klar war, dass es nach fünf bis sechs Monaten zu einem deutlichen Absinken der Impfschutzwirkung kommt." Und er warnte: "Im Moment sind wir in den Spitälern an die Wand gedrückt mit der Gesamtversorgung von Covid- und Non-Covid-Patienten."
Haslauer-Regierung will Lockdown abwenden
Die Landesregierung möchte weiterhin einen Lockdown vermeiden und setzt auf die Auffrischungsimpfung. "Derzeit wird alles getan, um vor allem die Gesundheitsversorgung sicher zu stellen und einen neuerlichen Lockdown zu verhindern", erklärte der Sprecher des Landes, Franz Wieser, am Mittwochvormittag gegenüber der APA. "Ganz wesentlich dafür wird sein, dass viele Geimpfte zur Auffrischung kommen." In den Seniorenhäusern sei die Impfung bereits erfolgt. "Aber alle, die vor sechs Monaten oder länger geimpft wurden, sind jetzt aufgerufen." Als zweiter Schwerpunkt werde die Einhaltung der 2-G-Regel streng kontrolliert. "Stadt und Land Salzburg haben auch alle Veranstaltungen abgesagt." Partner und Institutionen sollten diesem Beispiel folgen.
Seit gestern wurden im Bundesland Salzburg 662 Personen positiv auf Corona getestet, laut EMS sind aktuell 7.646 Personen infiziert. Die Sieben-Tage-Inzidenz hat laut Landesstatistik mit Stand von heute, 8.30 Uhr, einen Wert von 938,3. In einigen Bezirken wurde bereits die 1.000er Schwelle überschritten, angeführt vom Lungau mit 1.595,6, gefolgt vom Flachgau mit 1.262,4 und dem Tennengau mit 1.060,8.
"Für die angestrebten 80 Prozent Durchimpfungsrate in der Gesamtbevölkerung gehen uns noch 95.320 Impfungen ab", hatte der Leiter der Landesstatistik, Gernot Filipp, zu Beginn dieser Woche erklärt. Da lag die Durchimpfungsrate in der Gesamtbevölkerung Salzburgs bei 60,8 Prozent. 28,6 Prozent der über Zwölfjährigen und damit 141.498 Personen hätten sich noch nicht einmal ihre erste Dosis der Corona-Schutzimpfung abgeholt.
"Wir hatten gestern die höchste Anzahl an Erstdosis-Impfungen seit 1. Juli", so Filipp. Insgesamt gab es am gestrigen Dienstag insgesamt 1.591 Erst-, 556 Zweit- und 2.264 Drittimpfungen im Land Salzburg. In den vergangenen sieben Tagen wurden 18.830 Dosen verabreicht. Die Auffrischung bekamen bereits 30.106 Personen.
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