„Angesichts der schlechten Wirtschaftsprognosen muss alles getan werden, um die Menschen bei der Arbeitssuche zu unterstützen und um Langzeitarbeitslosigkeit zu verhindern. Es geht um menschliche Schicksale“, so AK-Präsident Siegfried Pichler. Die Arbeiterkammer zeigt im Rahmen einer VeranstaltungsreiheWege und Mittel im Kampf gegen Arbeitslosigkeit.
Monat für Monat erreicht die Arbeitslosigkeit im Bundesland Salzburg neue Negativ-Rekorde. Hierzulande sind 18.033 Personen ohne Job. Die aktuellen Auswertungen der AK zeigen überdeutlich: Das Problem Arbeitslosigkeit wird immer drängender. Mit dem Fehlen eines Jobs geht eine Vielzahl von Problemen einher. „Neben finanziellen Engpässen und den Verlust von sozialen Kontakten müssen die Betroffenen vermehrt mit gesundheitlichen und psychischen Folgen der Arbeitslosigkeit kämpfen – das zeigen unsere Beratungen“, sagt AK-Präsident Siegfried Pichler.
Arbeitslose psychisch belastet
Menschen ohne Erwerbstätigkeit sind vor allem von psychischen Belastungen, Ernährungs- und Stoffwechselkrankheiten, Krankheiten des Muskel-Skelett-Systems sowie von Krankheiten des Nervensystems um ein vielfaches stärker betroffen. Besonders problematisch ist die Lage der Langzeitarbeitslosen. Ab dem sechsten Monat ohne Job steigt die Wahrscheinlichkeit, an einem psychischen Leiden zu erkranken, um das Doppelte an. „Eine Studie des Robert-Koch Institutes zeigt, dass mit andauernder Arbeitslosigkeit die Lebenserwartung der Betroffenen sinkt. Bei Frauen sinkt die Lebenserwartung mit jedem Prozentpunkt, den die Arbeitslosenquote zunimmt, um etwa einen Monat. Bei Männern liegt der entsprechende Wert bei drei Monaten“, erklärt AK-Gesundheitsexpertin Karin Beer. Geografisch gesehen besteht zwischen der Region mit der höchsten und der niedrigsten Arbeitslosenquote eine Lebenserwartungs-Differenz von 0,6 Jahren bei Frauen und 2,4 Jahren bei Männern.
Verlust von Perspektiven macht krank
„Der Verlust an Perspektiven und der psychische Druck arbeitslos zu sein, führt zu einer Verfestigung der gesundheitlichen Probleme“, erklärt AK-Expertin Karin Beer. Verstärkt wird das Krankheitspotential durch risikoreiches Gesundheitsverhalten. So zeigt eine Erhebung der Statistik Austria, dass Personen ohne Erwerbstätigkeit eine extrem hohe Raucherquote aufweisen: 44 Prozent der Frauen und 46 Prozent der Männer rauchen. Europaweit verursachen psychische Erkrankungen Kosten in der Höhe von 3,6 Prozent des Bruttoinlandproduktes, allein in Österreich sind das 11,8 Milliarden Euro.
Prekäre Arbeitsverhältnisse als Krankmacher
Der steigende Anteil an prekären Arbeitsverhältnissen verschlechtert den Gesundheitszustand der Arbeitnehmer vermehrt. Nicht nur die Arbeitslosigkeit selbst, sondern die bloße Angst erwerbslos zu werden, erzeugt bei den Betroffenen gesundheitsschädlichen Stress. So weisen die Ergebnisse von Langzeitstudien daraufhin, dass sich die Unsicherheit des Arbeitsplatzes negativ auf die psychische Gesundheit auswirkt. Nach dem Wechsel in ein sicheres Beschäftigungsverhältnis, konnte eine signifikante Verbesserung des emotionalen Zustandes nachgewiesen werden. „Ein sicherer Arbeitsplatz ist Balsam für Körper und Seele. Deshalb ist es wichtig, mehr Jobs in Salzburg zu schaffen, um die steigende Arbeitslosigkeit in Salzburg bekämpfen zu können. Das bleibt die politische Herausforderung der kommenden Jahre“, so Siegfried Pichler.
Mehr investieren statt kürzen
Um neue Arbeitsplätze schaffen zu können, muss der Staat zusätzliche Gelder in die Hand nehmen. „Speziell Mietwohnbau, Verkehrsinfrastruktur und thermische Sanierung aber auch Kinderbetreuung, Pflege und Investitionen in schulische Ganztagesbetreuung rechnen sich“, sagt Pichler. Das Deutsche Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung hat berechnet, dass 100 Millionen Euro an öffentlichen Investitionen das Bruttoinlandsprodukt um 158 Millionen Euro steigern. Sparen und Kürzen wirkt dagegen umgekehrt. Die Wirtschaft schrumpft – und das ist in jedem Fall kein „Gesund schrumpfen“, denn die Konjunktur bricht stärker ein als man dafür an Ersparnis erhält – eine griechische Tragödie quasi. „Durch jede öffentliche Investition werden Vermögenswerte für die Zukunft geschaffen. Die Kredite sind günstig wie nie. Es gibt also kein Argument dagegen, das über Jahrzehnte hinweg zu finanzieren. Zumal die bessere Infrastruktur auch zukünftigen Generationen zu Gute kommt. Es braucht eine so genannte Goldene Investitionsregel, die solche öffentlichen Investitionen in die Zukunft aus der Berechnung des Maastricht-Budgetdefizits der Staaten ausnimmt“, so der AK-Präsident.
Mittel kürzen ist falsches Signal
Für Besorgnis bei der AK sorgt vor allem die künftige Ausstattung der aktiven Arbeitsmarktpolitik: Bundesweit sind 2017 rund 220 Millionen Euro weniger dafür vorgesehen als heuer. Zusätzlich muss das AMS ab 2016 die Mittel für Kurzzeitarbeit aus seinem Budget bezahlen, nicht mehr wie bisher die Arbeitslosenversicherung. „Gerade aktive Arbeitsmarktpolitik ist in Zeiten einer momentan schwächelnden Auftragslage ein wichtiges Instrument, Arbeitsplätze zu erhalten“, kritisiert Siegfried Pichler. „Eigentlich müsste das Budget dafür zumindest in Höhe der Inflation angepasst – und nicht zusammengestrichen werden.“
AK diskutiert Mittel
„Wer gerade jetzt bei der wichtigen aktiven Arbeitsmarktpolitik spart, ist auf dem Holzweg“, sagt Siegfried Pichler und stellt sich demonstrativ hinter die für den Arbeitsmarkt extrem wichtige Funktion des AMS und somit auch gegen Budgetkürzungen in diesem sensiblen Bereich. Für die AK ist das Bekämpfen der Rekordarbeitslosigkeit die Herausforderung der kommenden Jahre. In zwei Talkrunden beleuchtet die Arbeiterkammer zusammen mit dem ÖGB das Problem von mehreren Seiten: Wirtschaftliche Zusammenhänge. Zukunftsorientierte Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik. Regionale Entwicklungen. Gesetzliche Rahmenbedingungen für wirksames Gegensteuern durch die Politik. Alle Interessierten sind herzlich zu den Veranstaltungen eingeladen: „Das Ziel muss Vollbeschäftigung sein!“
- Die Talkrunde findet am Dienstag, 14. April, ab 18:00 Uhr im Parkhotel Brunauer (Elisabethstraße 45a, 5020 Salzburg) statt. Es diskutieren Markus Marterbauer AK Wien), Dierk Hirschel (Gewerkschaft ver.di), Elisabeth Springler (FH Wien) und Bettina Csoka (AK Oberösterreich). Moderator ist Stefan Veigl von den Salzburger Nachrichten.
- Die zweite Veranstaltung „Perspektiven eröffnen – Arbeitslosigkeit bekämpfen, nicht Arbeitslose!“ findet am Dienstag, 5. Mai, ab 18:00 Uhr wiederum im Parkhotel Brunauer statt. Mit dabei sind Georg Michenthaler (Institut für empirische Sozialforschung), Johannes Dines (Caritas), Gernot Mitter (AK Wien) und Eva Stöckl sowie Florian Preisig von der AK Salzburg. Moderation: Karin Zauner (Salzburger Nachrichten)
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