Was bringt ein Wohnprojekt, in dem eigentlich keiner so richtig wohnen will? Vermutlich wenig. Darum ist die Planung unter Mithilfe aller Beteiligten so wichtig, findet raumsinn-Gründerin Sarah Untner.
Es braucht „community management“
„Unser Schwerpunkt liegt darauf, Gemeinden und Bauträger zu begleiten. Immer mit dem partizipativen Aspekt bzw. dem Beteiligen von unterschiedlichen Gruppen“, definiert die Soziologin und Kommunikationswissenschafterin ihre Arbeit, im SALZBURG24-Gespräch. Vereinfacht gesagt, betreibt Untner „community management“. Sie stellt den Bewohner:innen, Bürgermeister:innen, Bauträger:innen und Co eine wichtige Frage: „Was braucht’s?“ Im gemeinsamen Dialog werden dann die Anforderungen erarbeitet. Das könne in manchen Fällen ein Nahversorger oder auch ein Kindergarten sein. Wichtig sei es, die Themen vor dem Bau und natürlich mit allen Beteiligten zu eruieren.
Menschen leben oft am falschen Fleck
Wird ein Bauprojekt schließlich vollendet, tritt das zweiköpfige Team von raumsinn wieder auf den Plan. „Wir helfen dann dabei, dass in diesem Quartier die Nachbarschaft funktioniert“, erzählt Untner. Das sei wichtig, da man den Grundstein für gute Nachbarschaft schon sehr bald legen könne. Allerdings eben auch jenen für lebenslange Feindschaften. Es braucht also Gespür. „Wir versuchen so einer Wohnanlage schon im Vorhinein eine Identität zu geben und Menschen anzusprechen, die auch wirklich dort wohnen wollen. Denn oft leben Menschen am falschen Fleck, wobei man sich das in Salzburg oft gar nicht aussuchen kann“. Damit das im Areal der Stadtwerke in Salzburg-Lehen nicht passiert, begleitete Untner auch dieses Projekt.
Allein mit der Planung und der Umsetzung sei die Arbeit aber meist nicht getan. Die Expertin für Beteiligungsprozesse und ihre Partnerin Edith Hofer stehen auch danach noch für die Community zu Diensten. Zum Beispiel begleitet die kleine Firma den Kendlerpark im Salzburger Stadtteil Maxglan seit seiner Übergabe an die Bewohner. Es werden Stiegenhausgespräche und Siedlungsfeste abgehalten, auch ein Nachbarschaftsgarten aufgebaut. Die Gemeinschaft in den entsprechenden Räumen soll so gefördert werden.
Keine Papiere für die Schublade
Die Ausarbeitung solcher Projekte erfordert Expertise und Gespür für Menschen. „Wir machen keine klassischen Workshops mit Flipcharts usw.“, beschreibt Untner ihre Handschrift. „Es muss den Leuten Spaß machen, da sie das alles ehrenamtlich machen. Dafür muss man ihnen auch Wertschätzung entgegenbringen“. Das Ergebnis der Treffen soll dennoch zielgerichtet und konkret sein. „Wir produzieren keine Papiere für Schubladen“, stellt die 44-Jährige klar. Was die Community gemeinsam ausarbeitet, soll dann auch umgesetzt werden. Denn allein Menschen zu motivieren sei gar nicht immer so leicht.
Wohnen in Salzburg ist eine Herausforderung
In der Landeshauptstadt gibt es zusätzliche Herausforderungen: Der Raum ist begrenzt, die Preise hoch und Bauträger seien aufgrund der aktuellen Lage am Markt zurückhaltend mit Projekten. „Salzburg braucht Mut, dicht oder in die Höhe zu bauen“, rät Untner. Denn weitere Bodenversiegelungen seien kontraproduktiv. „Der Raum zwischen den Häusern muss attraktiv sein. Menschen sind ja nicht nur in ihren Wohnungen“. Diese Flächen dann zu beleben sei allerdings eine riesige Baustelle, die mit richtiger Planung und Partizipationsprojekten minimiert werden könne. Eine Möglichkeit sei die Errichtung sogenannter Quartiere. Diese könne man sich vorstellen wie ein kleines Dorf: Wohnungen, Plätze, Einkaufsmöglichkeiten und die notwendige Infrastruktur sollten vorhanden sein.
Auch Dörfer rufen um Hilfe
Doch auch Salzburgs Gemeinden haben ihre Probleme. Die Themen unterscheiden sich zwar von jenen der Mozartstadt, wollen aber auch rasch gelöst werden. Der Speckgürtel um die Stadt Salzburg wird überrannt. Daher betreut raumsinn in den letzten Jahren vermehrt Gemeinden. Es ginge dabei eigentlich fast immer um Zukunftsprozesse. „Gemeinden wollen eruieren, ob sie ein Dorf bleiben sollen, wie sie Zugezogene integrieren können oder welche Wohnformen es braucht“, so Untner.
Ein großes Thema sei meist auch die Reaktivierung und Aufwertung der Ortskerne. „In Werfen steht etwa jedes zweite Lokal leer. Die Gemeinden wollen diese Herausforderungen lösen und das immer mit Beteiligung“. Gerade die verwaisten Ortszentren würden laut Untner das große Problem der nächsten zehn Jahre sein. Durch die steigende Komplexität aller Umstände seien Partizipationsprojekte so wichtig. „Die Identifizierung mit dem Umfeld wird so gestärkt. Indem man die Leute dazu bringt einen Perspektivenwechsel zu vollziehen, unterstützt man gegenseitiges Verständnis“, weiß die Soziologin.
Lebendiges Projekt Volksschule Lehen
Als perfektes Beispiel für solch eine Zusammenarbeit nennt Untner ihr Herzensprojekt, die Umgestaltung der Volksschule Lehen. „Es war total schwierig, da es während der Pandemie war und die zahlreichen Beteiligten nur über Videokonferenzen kommuniziert haben. Trotzdem ist dabei so eine Energie entstanden“, schwärmt die Salzburgerin. Durch den Austausch aller Parteien seien so einfache Lösungen entstanden, um das Beste für die Schüler rauszuholen.
Was doch alles erreicht werden kann, wenn man nicht nur miteinander spricht, sondern auch zuhört.
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