Ihre Spuren sind unübersehbar, da ihre dünnhäutigen „Opfer“ Wege und Wiesen im Land Salzburg säumen. Nur die Täter selbst bekommt man kaum zu Gesicht, bewegen sie sich doch am liebsten im Schutze der Dunkelheit durch ihr Revier. Der aktuelle Tatort ist der Glanspitz im Salzburger Stadtteil Lehen. Dort hat sich offensichtlich ein ganzer Clan angesiedelt und beschäftigt das Gartenamt des Magistrats.
Eine Biber-Familie ist dort seit Wochen aktiv und hinterlässt Baumleichen rund um ihren Bau. Das sei aber kein Grund, in Angst und Schrecken zu verfallen, erklärt die Biber-Expertin des Landes Salzburg, Gundi Habenicht, beim Lokalaugenschein am Mittwoch.
Wie viele Biber leben in Salzburg?
Die gar nicht so kleinen Nagetiere besiedeln die Fluss- und Bachläufe das Land Salzburg schon lange, sorgen dabei – besonders im Flachgau – immer wieder für verärgerte Grundbesitzer:innen. Mittlerweile schätzt Habenicht den Bestand im gesamten Bundesland auf 300 Tiere, die sich auf 88 Reviere aufteilen. Das sei aber nur ein Schätzwert, da man nur die Spuren auswerten und nicht jedes Tier einzeln zählen könne. „Die Hauptausbreitungsphase haben wir bereits hinter uns, aber es gibt immer noch einen Zuwachs“, bestätigt die Expertin im Gespräch mit SALZBURG24. Dafür gebe es neue Gebiete im Lungau, Pongau und Salzach-Pinzgau, die bislang noch nicht von Bibern besiedelt waren. Das liege daran, dass sich die Tiere nie in bereits besetzten Revieren niederlassen und neue suchen. „Da könnte die Ausbreitung auch rascher vonstattengehen“.
Biber-Schäden stechen im Winter ins Auge
In diesen Revieren angesiedelt, starten sie auch umgehend damit, an Bäumen zu nagen und Dämme zu bauen. „Der Biber ist ganzjährig aktiv, ist aber speziell im Winter als Pflanzenfresser auf vegetarische Kost angewiesen und die findet er in der Baumrinde“, erklärt Habenicht. Daher falle er in dieser Zeit besonders auf und ist landschaftsprägend. Wie eben aktuell in der Stadt Salzburg, wo die Familie bereits zahlreiche Bäume zu Fall gebracht hat.
Konflikt zwischen Mensch und Natur
Weil Grundbesitzer:innen aber meist keine große Freude damit haben, dass auf ihrem Grund Bäume gefällt werden, kommt es zum Konflikt zwischen Mensch und Biber. „Er renaturiert und das ist eine unangekündigte Baustelle, die hat niemand gerne auf seinem Grund“, versteht die Biologin den Ärger der Menschen. Aber was tun, wenn ein Biber beschließt, genau auf dem eigenen Grund einzuziehen? Da Tiere EU-weit über die Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie geschützt sind, ist eine Entnahme nicht so einfach möglich. „Vielen Menschen ist verständlicherweise nicht nachvollziehbar, dass sie jahrelang wirtschaften konnten und jetzt kommt der Biber und der darf alles“. Es müsse also ein Kompromiss zur Co-Existenz gefunden werden. „Man muss sich einigen, wo er etwas mehr renaturieren darf und wo man lenkende Eingriffe macht“, schlägt Habenicht vor.
Eine Umsiedelung sei ebenso problematisch, da man dann für künftige Schäden des Nagers im neuen Territorium verantwortlich ist. Ein weiterer Nachteil: Wenn man einen Störenfried aussiedelt, kommt meist ein neuer nach, wenn der Lebensraum passt. Besser sei es, den Lebensraum für die Säugetiere unattraktiv zu gestalten.
Umgang mit Bibern
- Bäume mit Metallgittern schützen
- Ufer vor dem Untergraben schützen
- Angenagte Bäume entfernen (Baumpflege)
- Dämme gegebenenfalls entfernen, um Verklausungen vorzubeugen
Angenagte Bäume werden zur Gefahr
Bei allem Verständnis für die Tiere, dürfe man die Gefahr, die von ihnen ausgeht, natürlich nicht vernachlässigen. „Es ist nicht ganz berechenbar, da Biber die Bäume natürlich auch nachts annagen und niemand kann das tagtäglich kontrollieren“, warnt die Beauftragte des Landes. Daher sollte man sich unbedingt achtsam in Gebieten bewegen, wo Biber-Schäden sichtbar sind. „Es gibt natürlich eine gewisse Sorgfaltspflicht, denn es wäre sehr tückisch, wenn die Bäume kreuz und quer liegen“. Daher seien gerade in der Stadt Salzburg viele Leute von Stadt, Land und Gemeinde unterwegs, um rechtzeitig umsturzgefährdete Bäume aus den Gefahrenbereichen zu entfernen. Wie am Glanspitz könne man auch versuchen, bestimmte Bäume mittels Gitter präventiv zu schützen.
Biber würden jedoch auch nachhaltig „arbeiten“. Sie nagen nicht alle Bäume in ihrer unmittelbaren Umgebung um, damit auch noch welche für später da seien. Aus diesem Grund erstrecken sich ihre Reviere auch über einige Kilometer.
Warum die Natur Biber braucht
Diese Ausdehnung ärgert zwar oft uns Menschen, bringt aber der Natur sehr viele Vorteile. „Der Biber ist ja nicht nur für sich selbst geschützt, sondern wegen seiner Schlüsselfunktion, die er im Ökosystem einnimmt“, erklärt Habenicht. Der Nager schafft viele Lebensräume für andere Tiere und Pflanzen, sorgt so für eine nötige Biodiversität. Die besiedelten Gewässer werden ganz nebenbei gereinigt und die Grundwasserbildung gefördert. „Es ist eine unglaubliche Wirkung, die so ein Tier haben kann“.
„Lösungen finden, mit der alle gut leben können“
Dem allen gegenüber steht natürlich das Einzelinteresse, also der Mensch. „Das Ziel ist Lösungen zu finden, mit der alle glücklich werden und gut leben können. Wenn wir über Jahre Konflikte haben, ist das unbefriedigend“, sagt die „Vermittlerin“ des Landes Salzburg. Ihre Aufgabe besteht daher auch darin, sich mit vielen Grundbesitzer:innen zu einigen. Erschwert wird ihre Arbeit dadurch, wenn ein Tier weiterzieht und sich wo anders ansiedelt. Den Eindruck, dass die Lage künftig unübersichtlich wird, habe sie jedoch nicht.
So müssen wir in Salzburg nur lernen, in Harmonie mit dem Biber zu leben.
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