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Nach Sturm auf Kapitol

US-Demokraten wollen Trump des Amtes entheben

Schritte gegen Noch-Präsident sollen eingeleitet werden

Nach der Erstürmung des Kapitols durch Anhänger von Donald Trump wollen die Demokraten im US-Kongress nun Schritte zur Amtsenthebung des abgewählten Präsidenten einleiten. Die Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, teilte Sonntagabend (Ortszeit) in einem Schreiben an ihre Fraktionskollegen mit, Montagfrüh werde zunächst eine Resolution eingebracht, mit der Vizepräsident Mike Pence aufgefordert wird, Schritte zur Amtsenthebung Trumps einzuleiten.

Pence sei gebeten, binnen 24 Stunden zu reagieren. In einem nächsten Schritt werde das Repräsentantenhaus ein parlamentarisches Amtsenthebungsverfahren gegen Trump einleiten, hieß es in dem Brief Pelosis weiter. "Beim Schutz unserer Verfassung und unserer Demokratie werden wir mit Dringlichkeit handeln, weil dieser Präsident eine unmittelbare Bedrohung für beide darstellt. Je mehr Tage vergehen, desto größer wird der Schrecken des anhaltenden Angriffs auf unsere Demokratie durch diesen Präsidenten, und desto dringender ist der Handlungsbedarf."

Die Demokraten werfen dem Präsidenten vor, seine Anhänger vor der Erstürmung des Kapitols am vergangenen Mittwoch bei einer Kundgebung aufgestachelt zu haben. Bei den Unruhen kamen fünf Menschen ums Leben, darunter ein Polizist.

Vorwurf gegen Trump: "Anstiftung zum Aufruhr"

Die Demokraten haben bereits eine Resolution für das parlamentarische Amtsenthebungsverfahren gegen Trump entworfen. Als einziger Anklagepunkt wird darin "Anstiftung zum Aufruhr" aufgeführt. Trump wird in dem Text beschuldigt, seine Unterstützer vor dem Sturm auf das Kapitol bei einer Kundgebung aufgestachelt zu haben. Bei den Unruhen kamen fünf Menschen ums Leben, darunter ein Polizist. In dem Resolutionsentwurf wird Trump als "eine Gefahr für die nationale Sicherheit, die Demokratie und die Verfassung" bezeichnet. Trump wäre der erste US-Präsident in der Geschichte, gegen den gleich zwei Amtsenthebungsverfahren eröffnet wurden.

Pelosi hat Pence bereits in den vergangenen Tagen dazu aufgefordert, Schritte zu ergreifen, um Trump abzusetzen. Grundlage ist Zusatzartikel 25 der US-Verfassung. Demnach kann der Vizepräsident mit einer Mehrheit wichtiger Kabinettsmitglieder den Präsidenten für unfähig erklären, "die Rechte und Pflichten des Amtes auszuüben". Pence hat auf die Forderungen bisher nicht reagiert. Auch unter Trumps Republikanern nimmt die Kritik am Präsidenten zu: Inzwischen fordern zwei republikanische Senatoren seinen sofortigen Rücktritt.

Biden-Vereidigung ohne Trump

Trump scheidet mit der Vereidigung seines demokratischen Nachfolgers Joe Biden am 20. Jänner automatisch aus dem Amt. Der Sender CNN berichtete, Pence wolle an der Zeremonie teilnehmen. Trump hatte seine Teilnahme an der Vereidigung Bidens abgesagt.

Selbst wenn das Repräsentantenhaus diese Woche die Eröffnung eines Amtsenthebungsverfahrens beschließen würde: Eine Entscheidung im Senat, in dem es geführt würde, wäre vor dem 20. Jänner quasi ausgeschlossen. Neben der Amtsenthebung sieht der Resolutionsentwurf aber auch vor, dass Trump für künftige Regierungsämter gesperrt wird. Damit würde ihm eine etwaige Kandidatur 2024 verwehrt.

Verdächtige nach Kapitol-Sturm ausgeforscht

Nach der Erstürmung des Kapitols wurden am Sonntag zwei weitere Verdächtige festgenommen. Die Staatsanwaltschaft in Washington teilte mit, die Bundespolizei FBI habe einen der Beschuldigten in Texas gefasst, den anderen in Tennessee. Die beiden Eindringlinge sollen demnach im Kapitol Plastik-Handfesseln mit sich getragen haben, wie sie normalerweise Polizisten bei Festnahmen verwenden.

Die Staatsanwaltschaft teilte weiter mit, den Verdächtigen würden vor einem Bundesgericht illegales Eindringen in ein besonders gesichertes Gebäude sowie gewaltsames Eindringen und ungebührliches Verhalten auf dem Gelände des Kapitols zur Last gelegt. Im Zusammenhang mit dem Sturm auf das Kapitol am Mittwoch müssen sich inzwischen mindestens 25 Verdächtige wegen "einheimischen Terrorismus" vor einem Bundesgericht verantworten. Das sagte laut der Nachrichtenagentur Reuters Ryan McCarthy, ein hochrangiger Beamter des Verteidigungsministeriums, einem demokratischen Abgeordneten am Sonntag.

Unmut unter Republikanern wächst

Auch unter den Republikanern wächst der Unmut über Trump. Lieu sagte, mehrere republikanische Kongressabgeordnete wollten für die Resolution zur Amtsenthebung Trumps stimmen. Das Repräsentantenhaus - das von den Demokraten kontrolliert wird - kann die Eröffnung eines Amtsenthebungsverfahren mit einfacher Mehrheit beschließen. Geführt und entschieden würde das Verfahren, das einem Gerichtsprozess ähnelt, aber im Senat. Die dort notwendige Zweidrittelmehrheit für eine Amtsenthebung Trumps ist derzeit nicht absehbar. Dafür fehlen den künftig 50 Demokraten die Stimmen von 17 Republikanern.

Allerdings bekommt Trump auch von Republikanern im Senat zunehmend Gegenwind. Der republikanische Senator Pat Toomey schloss sich am Sonntag der Forderung seiner Kollegin Lisa Murkowski nach einem Rücktritt Trumps an. "Ich denke, das wäre das beste weitere Vorgehen", sagte er CNN. Der republikanische Senator Ben Sasse sagte dem Sender CBS, er würde eine Anklage des Repräsentantenhauses "definitiv in Betracht ziehen".

Biden folgt auf Trump

Der Senat kommt zu seiner nächsten regulären Sitzung erst am 19. Jänner zusammen. Aus einem von der "Washington Post" verbreiteten Memorandum des republikanischen Mehrheitsführers im Senat, Mitch McConnell, geht hervor, dass das Verfahren nach den geltenden Regeln frühestens am 20. Jänner um 13.00 Uhr beginnen könnte - eine Stunde nach Bidens Vereidigung und Trumps Ausscheiden aus dem Amt.

Der persönliche Anwalt von US-Präsident Donald Trump, Rudy Giuliani, könnte Trump auch im Fall einer Amtsenthebungsklage verteidigen. Das sagten zwei Insider der Nachrichtenagentur Reuters. Der 76-jährige Jurist und einstige, republikanische New Yorker Bürgermeister führte zuletzt Trumps erfolg- und aussichtslosen Kampf gegen seine Abwahl bei der Präsidentenwahl vom 3. November an.

(Quelle: Apa/Dpa/Reuters)

Vier Tote bei Ausschreitungen in Washington

Washington, Sturm auf Kapitol, Trump-Anhänger, ASSOCIATED PRESS
Militante Randalierer haben das US-Kapitol gestürmt.

Bei den Ausschreitungen von Anhängern des abgewählten US-Präsidenten Donald Trump am US-Kapitol sind nach Angaben der Polizei vier Menschen ums Leben gekommen. Eine Frau sei am Mittwoch (Ortszeit) im Kongressgebäude von einem Polizisten angeschossen worden und später im Krankenhaus gestorben, sagte der Chef der Polizei in der US-Hauptstadt, Robert Contee, in der Nacht zu Donnerstag.

"Darüber hinaus wurden heute drei weitere Todesfälle aus der Umgebung des Kapitols gemeldet. Eine erwachsene Frau und zwei erwachsene Männer scheinen an unterschiedlichen medizinischen Notfällen gelitten zu haben, die zu ihrem Tod führten." Contee machte keine Angaben dazu, wer die Frau war, die im Kapitol angeschossen wurde.

"Das ist ein tragischer Vorfall, und ich kondoliere der Familie und den Freunden des Opfers", sagte er. Der Vorfall werde intern von der Polizei untersucht. Unklar blieb auch, um welche medizinischen Notfälle es sich handelte.

14 Polizisten bei Ausschreitungen verletzt

Contee sagte weiter, bei den Zusammenstößen seien mindestens 14 Polizisten verletzt worden, zwei davon schwer. Einer der Schwerverletzten sei von Demonstranten in die Menge gezogen und dort angegriffen worden. Der zweite habe erhebliche Gesichtsverletzungen erlitten, als er von einem Projektil getroffen worden sei.

Zwei Rohrbomben gefunden

Contee sagte, zwei Rohrbomben seien gefunden worden. In einem Fahrzeug seien außerdem Molotow-Cocktails entdeckt worden. Bis zum Abend habe die Polizei 52 Personen festgenommen - vier wegen verbotenem Waffenbesitz und 47 wegen Verstoßes gegen die nächtliche Ausgangssperre, die um 18.00 Uhr (Ortszeit) in Kraft trat. Die Hälfte dieser Festnahmen seien auf dem Gelände des Kapitols erfolgt.

Auch das FBI teilte mit, es habe zwei mutmaßliche Sprengsätze entschärft. Auch aus anderen Städten wie Denver, Phoenix und Salt Lake City wurden Proteste gemeldet. Zu Ausschreitungen kam es aber offenbar nicht.

Trump-Unterstützer dringen in Kapitol ein

In Washington sind Proteste von Anhängern des scheidenden US-Präsidenten Trump gegen Joe Bidens Wahlsieg mit einem beispiellosen Sturm auf das Parlament eskaliert. Scharenweise durchbrachen aufgewiegelte Trump-Unterstützer am Mittwoch Polizeiabsperrungen und drangen in das Kapitol ein, während die Senatoren und Abgeordneten gerade dabei waren, Bidens Sieg vom November formell zu bestätigen. Die Sitzungssäle mussten evakuiert werden. Beamte zückten ihre Waffen und setzten Tränengas ein. Hunderte machten sich zugleich auf den Stufen und rund um das Parlament breit und entrollten Trump-Flaggen.

"In dieser Stunde wird unsere Demokratie angegriffen"

"In dieser Stunde wird unsere Demokratie angegriffen", sagte Biden in einer Fernsehansprache. "Das ist kein Protest. Das ist Aufruhr." Er forderte Trump auf, vor die Kameras zu treten, seine Anhänger zurückzurufen und "die Belagerung des Kapitols" zu beenden. Der reagierte mit einer über die sozialen Medien verbreiteten Video-Ansprache, in der er aber zunächst nur seine unbelegte Behauptung wiederholte, die Wahl sei gestohlen worden. Dann äußerte er Verständnis für seine Anhänger: "Ich weiß wie ihr euch fühlt." Dennoch sei es jetzt wichtig, friedlich zu bleiben und nach Hause zu gehen. Mehrere Plattformen nahmen das Video wegen der unbelegten Behauptungen wenig später vom Netz. Twitter und Facebook kündigten an, die Konten des Präsidenten vorläufig zu sperren.

Washington: Trump mit Protestaufruf

Nur kurz vor der Eskalation hatte Trump sich in einer Rede persönlich an seine Anhänger gewandt, die seinem Protestaufruf zu Tausenden in die Hauptstadt gefolgt waren. Wie beinahe täglich seit seiner Niederlage im November prangerte er angeblichen Wahlbetrug an - erneut ohne Belege für seine Behauptungen zu liefern. "Man tritt nicht ab, wenn Diebstahl im Spiel ist", sagte er. "Unser Land hat die Nase voll, und wir werden es nicht mehr hinnehmen." Dann rief der die jubelnde Menge dazu auf, zum Kapitol zu ziehen.

Obama: "Moment großer Schmach und Schande"

Der Sturm auf das Kapitol war der schwerste Angriff auf das symbolträchtige Gebäude, das wie kaum ein anderes für die US-Demokratie steht, seit es 1814 im Krieg gegen das Vereinigte Königreich von der britischen Armee in Brand gesteckt wurde. "Die heutige Gewalt am Kapitol wird zurecht als ein Moment großer Schmach und Schande für unsere Nation eingehen", erklärte Trumps Vorgänger Barack Obama. Er warf dem Präsidenten vor, mit seinen ständigen Lügen über den Wahlausgang die Gewalt angestiftet zu haben. Ähnlich scharfe Kritik kam auch aus den republikanischen Reihen. "So wird um Wahlergebnisse in einer Bananenrepublik gestritten, nicht in unserer demokratischen Republik", erklärte der ehemalige Präsident George W. Bush. "Das rücksichtslose Verhalten einiger unserer politischen Anführer seit der Wahl widert mich an."

VdB verurteilt Angriff auf Kapitol

"Ich beobachte mit tiefer Sorge den populistisch angestachelten, demokratieverachtenden Angriff auf das Kapitol in Washington, das Herz der US-Demokratie", erklärte Bundespräsident Alexander Van der Bellen am Mittwochabend angesichts des Krawalle in der US-Hauptstadt Washington auf Twitter. Bundeskanzler Sebastian Kurz und Außenminister Alexander Schallenberg (beide ÖVP) zeigten sich jeweils auf Twitter "schockiert über die Szenen in Washington" bzw. "tief beunruhigt über den Angriff auf die Demokratie". Nun müsse eine friedliche und geordnete Machtübergabe gesichert werden, twitterte Kurz. Schallenberg sprach von einem "inakzeptablen Angriff auf die Demokratie".

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