"Die neuesten Informationen, die ich aus Berg-Karabach erhalten habe, besagen, dass die Intensität der Kampfhandlungen stark abgenommen hat", sagte der armenische Ministerpräsident Nikol Paschinjan später einer Mitteilung zufolge. "Wir hoffen, dass die militärische Eskalation nicht weitergeht." Der gebrochene Widerstand der Separatisten stellt einen bedeutenden Sieg für den autoritären aserbaidschanischen Präsident Ilham Aliyev und dessen Kampf um die Kontrolle über Berg-Karabach dar.
Armenische Kräfte ziehen sich zurück
Wie die Behörden von Berg-Karabach in Stepanakert erklärten, verpflichteten sie sich zur Auflösung und Entwaffnung ihrer Streitkräfte. Kräfte aus dem Nachbarland Armenien müssten sich aus der Region zurückziehen, hieß es. Die aserbaidschanischen Behörden bestätigten die Einigung. Das Verteidigungsministerium in Baku erklärte überdies, dass "alle Waffen und schwere Rüstungsgüter" unter der Aufsicht der vor Ort stationierten russischen Soldaten abgegeben werden müssten.
Die Gespräche über die Integration Berg-Karabachs in den Rest Aserbaidschans sollen den beiden Parteien zufolge am Donnerstag in der aserbaidschanischen Stadt Yevlax beginnen.
Paschinjan erklärte in einer Fernsehansprache, dass Jerewan "an der Ausarbeitung des Textes zur Ausrufung der Waffenruhe in Berg-Karabach" nicht beteiligt gewesen sei. Armenien, das die Behörden in Berg-Karabach unterstützte, habe seit August 2021 keine militärischen Einheiten mehr in der Region stationiert, fügte er hinzu. "Wir hoffen, dass die militärische Eskalation nicht fortgesetzt wird, denn unter den derzeitigen Bedingungen ist es sehr wichtig, die Stabilität zu gewährleisten und Kampfhandlungen zu beenden", sagte Paschinjan weiter.
Auch der russische Machthaber Wladimir Putin brachte die Hoffnung zum Ausdruck, dass es eine "friedliche Regelung" des Konflikts um Berg-Karabach geben werde. Im russischen Staatsfernsehen sagte er nach der Verkündung der Waffenruhe, Russland sei "in engem Kontakt mit den Konfliktparteien". Die Behörden von Berg-Karabach hatten erklärt, die Einigung auf die Feuerpause sei unter Vermittlung der in der Region stationierten russischen Stabilisierungstruppen zustande gekommen.
Blutiger Streit um Berg-Karabach
Berg-Karabach gehört völkerrechtlich zu Aserbaidschan, in dem Gebiet leben aber überwiegend Armenier. Aserbaidschan und Armenien streiten seit Jahrzehnten um die Region. Seit dem Zerfall der Sowjetunion lieferten sich deshalb bereits zwei Kriege, zuletzt im Jahr 2020. Damals hatte Russland nach sechswöchigen Kämpfen mit mehr als 6.500 Toten ein Waffenstillstandsabkommen vermittelt, das Armenien zur Aufgabe großer Gebiete, die es seit Anfang der 90er Jahre besetzt hielt, zwang.
Russland, das bisher an und für sich mit Armenien verbündet war, entsandte damals 2000 Soldaten zur Überwachung des Waffenstillstands. Trotz ihrer Präsenz gingen die Auseinandersetzungen weiter, beide Seiten machten sich gegenseitig dafür verantwortlich. Die Truppe scheint nun aber eine wesentliche Rolle in den Verhandlungen über die Waffenruhe gehabt zu haben.
In den vergangenen Monaten hatten die Spannungen um das stark verminte Berg-Karabach wieder deutlich zugenommen. Am Dienstag hatte Aserbaidschan schließlich einen groß angelegten Militäreinsatz in der Region im Südkaukasus gestartet. Die Regionalhauptstadt Stepanakert sowie weitere Städte standen nach Angaben der Behörden von Berg-Karabach unter "intensivem Beschuss". Nach armenischen Angaben starben dabei 32 Menschen, mehr als 300 weitere wurden demnach verletzt.
Baku erklärte am Dienstag, bei "örtlich begrenzten Anti-Terror-Maßnahmen" die Kontrolle über mehr als 60 Militärstellungen übernommen zu haben. Die russischen Soldaten und die Kräfte der Separatisten evakuierten tausende Zivilisten aus den Kampfgebieten. Vertreter westlicher Staaten forderten ebenso wie Russland und die UNO ein sofortiges Ende der Kämpfe. Aliyev hatte allerdings gewarnt, die Angriffe würden weitergehen, bis die Separatisten ihre Waffen niederlegten.
Der benachbarte Iran strich wegen der Kampfhandlungen am Mittwoch Flugverbindungen nach Aserbaidschan und Armenien. Dies berichtete die iranische Nachrichtenagentur Tasnim unter Berufung auf den Chef der Luftfahrtbehörde.
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