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Essl Museum stellt Ausstellungsbetrieb mit 1. Juli ein

Essl: Finanzierung trotz aller Bemühungen nicht mehr möglich
Veröffentlicht: 05. April 2016 17:05 Uhr
Das Essl Museum in Klosterneuburg stellt mit 1. Juli den Ausstellungsbetrieb ein und wird künftig als Depot der Sammlung Essl geführt. Sammler und Museumsgründer Karlheinz Essl bekannte am Dienstag das Scheitern der Finanzierungsbemühungen ein. Für Kulturminister Josef Ostermayer (SPÖ) ist entscheidend, dass wesentliche Teile der Sammlung ab Ende 2018 im Wiener Künstlerhaus zu sehen sein sollen.

Das vom österreichischen Architekten Heinz Tesar geplante Haus mit 3.200 Quadratmetern Ausstellungsfläche wurde als eines der ersten Privatmuseen im deutschsprachigen Raum im November 1999 feierlich eröffnet. Die laufende Schau "Rendezvous", die Dienstag Abend eröffnende Ausstellung "Body & Soul" sowie das partizipative Ausstellungsprojekt "Die Sammlung eSeL" von Lorenz Seidler alias eSel, das am 4. Mai eröffnet, werden die letzten Präsentationen sein. Mit "Open Days" bei freiem Eintritt verabschiedet sich das Haus nach fast 17 Jahren von 24. bis 30. Juni von seinem Publikum.

Das Museum war aufgrund der finanziellen Probleme der baumax-Kette von Museumsgründer Karlheinz Essl in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten. Der Unternehmer Hans Peter Haselsteiner hatte im September 2014 60 Prozent an der "Sammlung Essl GmbH" übernommen. Er ist auch die Schlüsselfigur dafür, dass ab Ende 2018 Österreichische Kunst nach 1945 aus der Sammlung Essl im Wiener Künstlerhaus gezeigt werden soll: An der im Dezember 2015 gegründeten Künstlerhaus Besitz- und Betriebs GmbH hält die Haselsteiner Familien-Privatstiftung 74 Prozent.

Die Stiftung von Haselsteiner, der sich im Ausland befindet und heute für die APA nicht erreichbar war, soll rund 30 Mio. Euro für die Sanierung des Künstlerhauses und etwa 700.000 Euro jährlich für die Erhaltung und den Betrieb aufbringen. Auf etwa 50 Prozent der nach der Sanierung verfügbaren Ausstellungsflächen soll die Albertina wechselnde Ausstellungen gestalten. Durch die Basisabgeltung der Albertina trage der Bund künftig auch zur Finanzierung der öffentlichen Präsentation der Sammlung Essl bei, sagte Kulturminister Ostermayer. "Wenn ein zusätzlicher Bedarf ist, werden wir auch darüber Gespräche führen."

Essl beschwerte sich heute bitter darüber, dass die von ihm angestrebte gemeinsame Finanzierung des Museumsbetriebs durch die Republik Österreich, Land Niederösterreich und Stadt Klosterneuburg nicht zustande gekommen war: Das Land sei bereit gewesen, einen "wesentlichen Beitrag" für den Betrieb zu leisten, wenn der Bund im selben Ausmaß eingestiegen wäre. Essl sprach von einer "Missachtung der österreichischen Kunst".

Dies wies der Kulturminister zurück. Es habe keinerlei direkten Gespräche mit ihm gegeben, sondern lediglich "ein Ansuchen an die Sektion" zur Förderung des Museumsbetriebs. Das Ansuchen hätte bis inklusive 2018 eine Summe von insgesamt 3,2 Mio. Euro vom Bund, zusammen mit Land Niederösterreich und Stadt Klosterneuburg 7,2 Mio. Euro umfasst. Der Beirat habe die Förderung für den laufenden Betrieb abgelehnt, aber eine Förderung für Vermittlungsprogramme empfohlen. "Das war im Dezember letzten Jahres. Es hat darauf nie eine Reaktion gegeben", sagte Ostermayer gegenüber APA und ORF.

"Das Wesentliche ist: Die Sammlung, insbesondere jene der Kunst nach 1945, bleibt erhalten und wird auch in Zukunft ausgestellt - wenn auch nicht mehr in Klosterneuburg, sondern im Künstlerhaus in Wien", gab sich der Minister gelassen.

Die Österreich-Präsidentin des Internationalen Museumsrats ICOM, Danielle Spera, zeigte sich dagegen in einer Aussendung entsetzt: "Alle zuständigen Stellen sind angesichts dieser Entwicklung dazu aufgerufen, alles in ihrer Macht stehende zur Rettung des Museums zu unternehmen", so die Direktorin des Jüdischen Museums Wien. "Es darf nicht sein, dass in Österreich erstmals ein großes und so wichtiges Haus schließen muss, ganz abgesehen davon, dass 40 Museumsmitarbeiter ihren Arbeitsplatz verlieren."

Als einen schweren Einschnitt sowohl für die österreichische Museumslandschaft als auch für die internationale Sichtbarkeit der heimischen Künstler bezeichnete Rainer Fuchs, stellvertretender Direktor des mumok, die Schließung auf APA-Anfrage. "Unter anderem durch die Einbeziehung internationaler Kuratoren und die Förderung osteuropäischer Talente hat das Haus eine kontinuierliche, international ausgerichtete Arbeit geleistet."

"Body & Soul" heißt unterdessen die vorletzte Ausstellung im Klosterneuburger Essl Museum vor der Schließung mit 1. Juli. Die Kunstgeschichte habe sich seit Urzeiten mit dem Thema, das im Wiener Aktionismus eine große Rolle spielte, befasst, sagte der Sammler. Die Kuratoren Andreas Hoffer und Viktoria Calvo-Tomek haben für die Schau aus der Sammlung geschöpft.

Beleuchtet wird die künstlerische Auseinandersetzung rund um Körperlichkeit und den Körper, Selbstbefreiung, Sexualität sowie das Verhältnis von Körper und Seele, wobei rund 100 Exponate einen Bogen von den frühen 1950er-Jahren bis zu aktuellen Positionen spannen. Über den etwas "reißerischen" Titel habe man lang diskutiert, sagte Hoffer. Er verwies auf das heutige Bild von Körper und Sexualität. Beim Googeln der beiden Begriffe stoße man etwa "seitenweise" auf Model-Agenturen und Fitness-Studios.

Ausgangspunkt der über zwei Stockwerke reichenden Präsentation sind klassische malerische Akte von Herbert Böckl, kontrastierend mit jüngeren, feministischen Positionen - von Valie Export bis Elke Krystufek. Als besonders wichtige Arbeit bezeichnete Hoffer ein Video von Peter Land, in dem der dänische Künstler "aus purer Lust am Tun" nackt zu Disco-Musik tanze und dermaßen unverkrampft seinen "alles andere als gestylten" Körper zur Schau stelle. "Dicht gehängt" wurden Fotoserien der Wiener Aktionisten. Hoffer sprach von "sehr männlichen, sehr wütenden" Arbeiten.

Calvo-Tomek beschrieb den oberen, der Seele gewidmeten Bereich: der Körper als Experimentierfeld und Projektionsfläche für seelische Zustände, sichtbar u.a. bei Maria Lassnig und Adolf Frohner. Schönheit im klassischen Sinn findet man in der Malerei von Martin Schnur, zum Ausklang der Ausstellung zeigt eine einen Aidskranken begleitende Fotoserie von Nan Goldin das Vergehen, das Sterben. Die Künstlerin dokumentiert mit "Gilles and Gotcho" die Liebe und Freundschaft zweier Männer bis zum Tod.

In der Schau vertreten sind Siegfried Anzinger, Georg Baselitz, Herbert Boeckl, Günter Brus, Francesco Clemente, Martin Eder, Valie Export, Adolf Frohner, Nan Goldin, Mira Gáberová, Ilse Haider, Karen Holländer, Jörg Immendorff, Patricia Jagicza, Gudrun KampL, Alen Kasumovi?, Ronald Kodritsch, Anton Kolig, Elke Krystufek, Peter Land, Maria Lassnig, Marie Luise Lebschik, Daniel Lezama, Atelier van Lieshout, Rosa Loy, Marcin Maciejowski, Jonathan Meese, Virgilius Moldovan, Otto Muehl, Muntean / Rosenblum, Hermann Nitsch, Monika Pascoe Mikyšková, Irina Polin, Marc Quinn, Daniel Richter, Franz Ringel, Bianca Maria Samer, Martin Schnur, Rudolf Schwarzkogler, Peter Sengl, Max Streicher, Yang Shaobin und Herwig Zens. Auch ein Katalog wird noch erscheinen, sagte der Kurator.

Nach "Body & Soul" wird am 4. Mai mit "Die Sammlung eSeL", einem partizipativen Ausstellungsprojekt von Lorenz Seidler, noch eine allerletzte Ausstellung eröffnet, Konzerte und Lesungen stehen ebenfalls noch auf dem Programm. Vom 25. bis 30. Juni sollen dann "open days" bei freiem Eintritt die letzte Möglichkeit geben, das Museum zu besuchen.

(Quelle: salzburg24)

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