Das 1971 als Auftragswerk von Jackie Kennedy uraufgeführte Musiktheaterwerk ist als radikalste Fusion von Stilen, Motiven, Anspielungen, Seitenhieben, Bekenntnissen und ihrer Übersteigerung in eine exstatische Hymne auf die Conditio Humana ein singuläres Ereignis der Kompositionsgeschichte geblieben. Ein Werk, das nur von Bernstein geschrieben werden konnte. Von einem, der sich Broadway und Schlager mit der gleichen Inbrunst an Originalität zuwenden konnte wie Symphonie und Chortradition, der lateinische Messtexte und ihren inneren Sinnzusammenhang genauso ernst nahm wie die unumwunden artikulierten Probleme der Straße. Die 1971 nicht mehr und nicht weniger virulent waren als heute. Als Messfeier, die in jeglicher Hinsicht aus dem Ruder läuft und zu einem mitreißenden Zweifelsbekenntnis mit der einzigen Gewissheit der Menschenliebe wird, ist "Mass" ein Unikat - und eine Herausforderung.
Es erfordert Kinderchor, gemischten Chor, Solistenchor, einen höchst versatilen Bariton als Zelebranten, großes Orchester, Musik vom Band, elektronische Livesteuerung - und in szenischer Variante auch Tänzer. Von sämtlichen Mitwirkenden wird erwartet, rhythmisch in vielen Welten zu Hause zu sein. Am Konzerthaus hat man mit der Company of Music jedenfalls ein wunderbares Ensemble für die Bewältigung des Solistenchores parat, am Pult des RSO hechtete Dennis Russell Davies den an allen Enden und Ecken eruptierenden Stilbrüchen hinterher, und der Wiener Singakademie wurde von den grandiosen jungen Solisten der Opernschule Paroli geboten. Mit langen Standing Ovations bejubelt wurde allen voran aber Vojtech Dyk, der als Zelebrant mit vokalem Farbreichtum ebenso beeindruckte wie mit leichtfüßiger schauspielerischer Präsenz.
(APA)
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