Nach Angaben des türkischen Innenministers Selami Altinok vom Donnerstag wurden seit Freitag in Cizre 30 bis 32 kurdische Aufständische und ein Zivilist getötet. Die pro-kurdische Oppositionspartei HDP erklärte indes, in der Stadt seien in der Zeit 21 Zivilisten getötet worden.
In der Zwischenzeit marschieren Anhänger der HDP, darunter Abgeordnete und Regierungsmitglieder, weiterhin auf Cizre zu, um die Blockade der Regierung zu durchbrechen. Am Donnerstag wurden sie am Weg nahe der Grenze zu Syrien und dem Irak von Soldaten aufgehalten, hieß es von Parteifunktionären.
Seit einem PKK-Anschlag, bei dem am Sonntag 16 Soldaten getötet wurden, hat die türkische Armee ihre Operationen gegen die PKK ausgeweitet. Einen Waffenstillstand mit der PKK hatte sie im Juli aufgekündigt. Seitdem sind nach offiziellen türkischen Angaben mehr als 100 Polizisten und Soldaten sowie rund 2.000 PKK-Angehörige getötet worden.
Die prokurdische HDP bat die internationale Gemeinschaft um Unterstützung. "Die Türkei gleitet zunehmend in einen Bürgerkrieg ab", kritisierte die Partei in einer am Donnerstag veröffentlichten Pressemitteilung. "Wir brauchen die Unterstützung der internationalen Öffentlichkeit mehr denn je, um einen dauerhaften Frieden im Nahen Osten, der Türkei und Kurdistan zu erreichen."
Seit den Parlamentswahlen vom 7. Juni seien 128 HDP-Parteigebäude im ganzen Land angegriffen worden. Die AKP-Übergangsregierung nutze allerlei Unterdrückungsmaßnahmen, hieß es in der Mitteilung. So seien zahlreiche kurdische Städte im Südosten der Türkei weitgehend von der Außenwelt abgeriegelt worden, Kommunikationsmöglichkeiten wie Telefon und Internet seien gekappt worden.
Die Provinz Cizre werde seit Tagen von türkischen Sicherheitskräften belagert, es fehle an Nahrung, Wasser und der Zugang zu medizinischer Grundversorgung. Die Zivilbevölkerung werde gezielt von staatlichen Sicherheitskräften angegriffen werden, Journalisten würden nicht in die Regionen vorgelassen werden, um eine Berichterstattung zu vermeiden.
Die Oppositionspartei HDP war bei der letzten Parlamentswahl erstmals ins Parlament eingezogen. Nach einem mehr als zweijährigen Waffenstillstand sind seit Juli die Gefechte zwischen der türkischen Armee und der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) wieder ausgebrochen. Allein seit dem vergangenen Wochenende starben mehr als 30 türkische Soldaten und Polizisten bei Angriffen der PKK. Ankara reagiert mit Luftangriffen und Militäraktionen.
Bei Demonstrationen türkischer Nationalisten gegen die PKK war es am Dienstag zu massiven Ausschreitungen gekommen. Kurdische Bürger und Geschäfte wurden Ziel von Gewalttaten. Die Polizei nahm 93 Menschen fest. Seit dem Scheitern eines Waffenstillstands zwischen Regierung und PKK Ende Juli eskaliert die Gewalt. Die Partei werde laut HDP ebenfalls zum Ziel: Parteibüros seien von Nationalisten angegriffen worden.
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