Red Bull Salzburg schreibt sich aggressiven Pressing-Fußball auf ihre Fahnen und will – egal gegen welchen Gegner – attraktive und vor allem druckvolle Spiele zeigen.
Jaissle hebt Salzburg auf nächste Stufe
In den vergangenen Jahren sorgten die Bullen, die teils mit offenem Visier spielten, immer wieder mit vielen Toren für Furore. International fing sich Österreichs Abo-Meister allerdings zu viele Gegentore ein. Das scheint unter Trainer Matthias Jaissle nun Geschichte zu sein.

Als ehemaliger Innenverteidiger ist dem 34-Jährigen hinten die "Null" extrem wichtig. Der deutsche Bullen-Dompteur impfte seiner Crew neben dem Red-Bull-typischen Pressing-Stil auch kollektives Verteidigen als Stärke ein. Denn eines ist auf europäischem Top-Niveau klar: 90 Minuten Power-Fußball und Pressing pur kann nach hinten losgehen. Die 1:7-Pleite im März gegen Bayern München war nur ein Beweis, wie schmerzhaft die Champions League auch sein kann.
In der vierten CL-Saison und der zweiten Partie gegen einen Eliteklub bewies Salzburg gestern Königsklassen-Reife. Und das, obwohl es mit Gerüchten rund um einen Abgang von Sportdirektor Christoph Freund abseits des Platzes Störfeuer gab.
"Catenaccio" kann auch schön sein
Erst zuhause gegen Milan, am Mittwoch dann auch bei Chelsea: Wieder ist es Noah Okafor gewesen, der Salzburg an der Stamford Bridge ein bemerkenswertes 1:1 und damit einen wertvollen Punkt in Gruppe E der Champions League bescherte. "Wir haben gegen zwei Weltklasse-Teams Punkte geholt. Das ist richtig cool", freute sich Trainer Matthias Jaissle, dessen Truppe mit engagierter Defensivarbeit und auch etwas Glück reüssierte. Und das, obwohl mit Maximilian Wöber und Oumar Solet die Stamm-Innenverteidigung durch Strahinja Pavlovic und Bernardo ersetzt werden musste. Auch der Plan B funktioniert mit einer nötigen Portion Glück.
TOR! ???? Noah #Okafor gleicht für @RedBullSalzburg an der Stamford Bridge aus! Geht da noch was?#SkyCL #UCL #CHESAL #Chelsea #Salzburg #ChampionsLeague pic.twitter.com/dZF02dNfck
— Sky Sport Austria (@SkySportAustria) September 14, 2022
Leiden werde seine Truppe phasenweise müssen, hatte Jaissle vor der Partie gemeint, und damit recht behalten. Es sollte aber zu einem Leiden von seiner schönsten Seite werden. Die Dominanz der "Blues", bei denen vor allem Raheem Sterling auf der linken Angriffsseite glänzte, war mit 69 Prozent Ballbesitz überdeutlich, dennoch konnte Salzburg die meisten brenzligen Situationen meistern.
Die Bullen zeigten gegen die Großmacht Chelsea, wie attraktiv "Catenaccio", sprich leidenschaftliches und konsequentes Verteidigen, sein kann. Berühmt gemacht hat dieses System der argentinische Trainer Helenio Herrera, der den Catenaccio mit herausragendem Erfolg bei Inter Mailand anwandte.
Ulmer: "Haben fast alles verteidigt"
Nur als es einmal schiefging und das Innenverteidiger-Duo Strahinja Pavlovic/Bernardo Mason Mounts Hereingabe nicht unter Kontrolle brachte, schlug Sterling zu. "Wir mussten echt leiden, aber das haben wir als Team sehr gut gemacht und einen Punkt geholt", gab Offensivmann Luka Sucic an. Auch Routinier Andreas Ulmer lobte sein junges Team.
"Wir haben fast alles verteidigt und gekämpft bis zur letzten Minute. Wir haben das Maximum rausgeholt, mit dem Unentschieden können wir sehr zufrieden sein", sagte der Außenverteidiger und Kapitän. Das eigene Pressing, sonst eine der großen Stärken, verlief freilich größtenteils im Sand. "Die sind mit dem Ball so stark, es ist richtig schwer, in Pressingmomente zu kommen. Wir haben es manchmal geschafft, da müssen wir dann noch mehr zupacken", so Mittelfeldakteur Nicolas Seiwald.
Jaissle beweist Goldhändchen
Seiwald rückte nach dem Wechsel von Rekord-Transfer Lucas Gourna-Douath für Maurtis Kjaegaard zur Pause weiter nach vorne. "Heute war es viel zu verteidigen, egal ob auf der Sechs oder der Acht. Ich spiele, wo mich der Trainer aufstellt", meinte Seiwald. Der 19-jährige Franzose Gourna-Douath war es dann, der mit einem Ballgewinn im Mittelfeld in der 75. Minute den Ausgleich vorbereitete.
Danach bediente der ebenfalls neu ins Spiel gekommene Junior Adamu schließlich Okafor, der Chelseas "Schläfchen" bitter bestrafte. "Das ist immer geil, zu sehen, wenn solche Jungs reinkommen, junge Buben muss man sagen", meinte Jaissle zu seinen "Jokern", zu denen mit Dijon Kameri eine weitere heimische Hoffnung zählt.
Für Okafor geht Kindheitstraum in Erfüllung
"Wir hatten drei Punkte eingeplant", gestand Chelseas Neo-Coach Graham Potter nach seiner Premiere als Nachfolger von Thomas Tuchel. Zum Spielverderber wurde Okafor, der seine Topform unter Beweis stellte: Der Schweizer traf in jedem der jüngsten vier Liga- bzw. zwei CL-Spiele. "Vor so einer Kulisse zu spielen und auch noch zu treffen, da geht ein Kindheitstraum in Erfüllung", schwärmte Okafor. Sein Team liegt mit zwei Punkten einen vor Schlusslicht Chelsea auf Platz drei, davor rangieren Milan (vier) und Zagreb (drei).
Am 5. Oktober sind die Kroaten in der Mozartstadt zu Gast.
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