Schon bei der Ankunft in der Turnhalle in Oberndorf (Flachgau) fällt auf, dass es keine Rolle spielt, wer man ist und woher man kommt. „Beim Kampfsport ist die Nationalität zweitrangig“, gibt Obmann Florian Brandl im SALZBURG24-Lokalaugenschein zu verstehen und zeigt dabei auf seinen Co-Trainer Jalal Khomeyrani aus Afghanistan.
Flüchtling kommt mit Doppelrolle gut an
Jalal Khomeyrani steht beim Boxclub Oberndorf nicht nur als Kämpfer im Ring, sondern zeigt seine Skills auch abseits des Kampfplatzes. Als Coach nimmt der 39-jährige Afghane, der bis 2014 im Iran lebte, eine wichtige Rolle im Club ein und kommt bei der gesamten Crew spürbar gut an. "Er ist wirklich ein sehr guter Techniker und hat auch defensiv seine Stärken. Das ist wichtig für die Schülerinnen und Schüler in unserem Boxclub in Oberndorf", sagt Florian Brandl. „Ich möchte die Box-Schüler jeden Tag etwas besser machen“, beschreibt Khomeyrani selbst im Interview seine Aufgabe als Coach im Boxclub Oberndorf.
Boxclub-Suche statt Lebensmittel
Seit 2015 ist Khomeyrani Mitglied beim Boxclub in Oberndorf, den er nach langer und nicht hürdenfreier Suche für sich entdeckt habe. „Schon im Iran war ich Mitglied in einem Boxclub und ich wollte diesen Sport weiterhin ausführen“, erzählt er. „Wir hatten damals 30 Euro pro Woche für Lebensmittel zur Verfügung. Dieses Geld habe ich aber nur für die Fahrten ausgegeben, um einen Boxclub zu finden, der zu mir passt“, führt Khomeyrani fort.
Nähe zu Kultur und Sprache
Der 39-Jährige sei froh, vom BCO so gut aufgenommen worden zu sein. „Das war damals auch für mich eine wichtige Zeit, weil ich mit der Kultur und besonders der Sprache in Verbindung kam“, spricht Khomeyrani das Thema Integration an und nennt dabei auch ein weiteres konkretes Beispiel. „Ich habe gelernt, dass es normal ist, wenn auch Frauen diesen Sport ausführen. In meiner islamisch geprägten Heimat, wo das männliche Geschlecht als das Stärkere zählt, ist das nicht wirklich üblich“, sagt Khomeyrani.
Obmann Florian Brandl kennt ebenfalls das Rezept, wieso sich Flüchtlinge wie Jalal Khomeyrani über Sportvereine wie dem Boxclub Oberndorf in die Gesellschaft integrieren können. „Hier bei uns gibt es keinerlei Hemmungen. Wir glauben, dass der Kampfsport weder Sprache noch Herkunft kennt und genau das leben wir vor“, sagt der 28-Jährige, der neben Khomeyrani auch noch weitere Flüchtlinge in seinem Boxclub coacht.
Mental-Coaching als Waffe des Afghanen
Was Khomeyrani, der die düster wirkende Sporthalle immer wieder mit seiner positiven Art aufhellt, neben seinem Vollzeit-Job als Fleischhauer aber auch nach Feierabend noch antreibt, verdeutlicht der 39-Jährige überzeugend. „Ich habe gelernt, dass man niemals aufgeben darf, wenn man Träume hat“, so der Box-Coach, der genau diese Attitüde getreu dem Motto "Aufgeben gilt nicht" an die Schüler:innen weitergeben möchte. „Mental stark zu sein, ist nicht nur im Ring wichtig, sondern auch im Alltag“, fügt Khomeyrani hinzu.
Der Sportler blickt dabei auf seine Anfänge und der damit verbundenen Flucht nach Mitteleuropa zurück. Denn 2014 machte sich der 39-Jährige auf den Weg nach Europa und landete zunächst, wegen ungültigen Einreisepapieren, in einem griechischen Gefängnis. Nach der Haft und mit gültigen Dokumenten ging es über die Balkanroute nach Österreich, wo es ihm auch heute noch gut gefällt.
„Will mein Wissen weitergeben“
Auch künftig möchte Jalal Khomeyrani mit seiner Lebensgefährtin im oberösterreichischen Trimmelkam leben und fester Bestandteil des Boxclubs Oberndorf bleiben. „Ich will hier weiterhin Trainer sein, den Kindern und Jugendlichen mein Wissen weitergeben und freue mich, wenn ich auch im Ring um Siege kämpfen kann“.
Kommentare
365Tage
Nun ja , aber das Leben besteht nicht nur aus Sport sondern aus sehr viel mehr. Ich hoffe das, dass hier nicht vergessen wird.