"Ein kurzer Spaziergang, eine Fahrt mit dem Obus, ein Lieblingsrestaurant, oder doch Ihr Büro – gerne würden wir uns mit Ihnen dort treffen, wo Sie sich wohlfühlen. Ein Platz oder Ort, mit dem Sie etwas verbindet, über den Sie uns etwas erzählen können. In dem Podcast-Interview wollen wir weder Name, Partei noch politische Funktion in den Vordergrund rücken, sondern das gesprochene Wort, unser Gespräch. Natürlich persönlich, aber nicht privat", so lautete unsere Anfrage an die Spitzenkandidat:innen. Und Andrea Klambauer, Martina Berthold, Marlene Svazek, David Egger und LH Wilfried Haslauer waren schnell bereit für ein Gespräch (fast) ohne Politik.
LH-Stv. Martina Berthold (Grüne) haben wir am 28. Februar zu einem Nachmittagsspaziergang von Salzburg-Itzling nach Maria Plain getroffen. Eigentlich wollte sie ja die Strecke laufen, aber...
Auszug des Gesprächs mit Martina Berthold
SALZBURG24: Sie haben sich für unsere Treffen einen Spaziergang an der Salzach in Itzling ausgesucht. Wo sind wir genau und warum sind wir hier?
MARTINA BERTHOLD: Das ist meine Laufstrecke. Da kann ich – egal, wie ich aufgelegt bin – eine kürzere oder längere Strecke wählen. Das ist eine Möglichkeit, vom Alltagsstress runterzukommen, sich zu erholen. In einem langsamen Trab oder mit ein bisschen mit Speed. Meine Laufstrecke geht entlang an der Salzach, dann am Alterbach, hinauf nach Maria Plain und wieder runter.
Wie oft kommen Sie dazu?
Ich schau, dass ich einmal in der Woche unbedingt Sport mache. In weniger stressigen Zeiten schaffe ich es zwei Mal in der Woche. Ich versuche auch, dass ich ab und zum beim Lauftraining am Abend in Rif mit dabei bin und ich bin mit meinem Mann auch sehr viel in den Bergen unterwegs. Mir tut es einfach gut draußen zu sein.
Auf Ihrer Homepage steht, dass Sie bisher in sieben Salzburger Stadtvierteln gewohnt haben. Welche waren das denn?
Begonnen habe ich in der Josefiau, dann bin ich mitten in die Innenstadt gezogen, das war ein Studentenheim. Danach war ich beim Bahnhof, dann in Taxham, Parsch und Mayrwies. Und jetzt wohne ich in Itzling.
Das Land kam für Sie nie infrage?
Ich kenne beides. Nach Salzburg bin ich zum Studieren (Erziehungswissenschaften, Psychologie, Soziologie und Theologie, Anm.) gekommen und ich bin in dieser Stadt hängengeblieben. Sie bietet so viele Möglichkeiten und vor allem ist das Land ja gleich daneben und man ist ja auch ganz schnell im Flachgau und im Tennengau.
Sind Sie ein glücklicher Mensch, Frau Berthold?
Grundsätzlich ja. Und es tut mir einfach gut, zu lachen und die Dinge optimistisch zu sehen. Natürlich gibt es auch Schicksalsschläge oder schwierige Situationen und ich versuche einfach, mich an den schönen Dingen zu freuen. Und da ist schon die Natur für mich auch ganz wichtig.
Wann haben Sie denn zum letzten Mal so richtig herzhaft gelacht?
Heute. Es gibt viele Situationen, die einfach aus dem Moment heraus lustig sind. Ich kann auch über mich selber lachen. Je älter ich werde desto gelassener bin ich auch mir gegenüber und kann auch über meine kleinen Schwächen lachen. Über sich selber lachen zu können, tut einfach gut.
Fliegt einem das Glück einfach zu oder kann man auch lernen, glücklich zu sein?
Ich bin ein bisschen zurückhaltend mit den Doktrinen „Du musst nur positiv denken und dann wird alles gut“. Weil das auch Stress macht. Aber ich glaube schon, dass ein Teil die Entscheidung ist, ob ich mich jetzt am halbvollen oder am halbleeren Glas orientiere. Und es gibt auch viel Unterstützung durch Menschen im Umfeld, die einen begleiten, durch Partner oder Partnerinnen oder einfach durch einen Sonnenschein oder einen solchen Spaziergang, den wir jetzt machen.
Würden Sie sagen, dass es auch Traurigkeit braucht, um Glück zu erkennen?
Ja. Denn wenn das Leben ganz gleichförmig ist, dann hat man diese Höhen und Tiefen nicht. Das Leben ist ein Auf und Ab. Und es gibt Situationen, wo man mit sich selbst nicht zufrieden oder traurig ist. Und es gehört auch irgendwie dazu, in schwierigen Situationen kreativ zu sein und Lösungen zu finden.
Wir leben aktuell in einer Zeit der multiplen Krisen. Wie gehen Sie persönlich damit um?
Es ist ein Geschenk auch in so schwierigen Situationen in der Politik tätig zu sein. Denn da kann ich anpacken. Da kann ich schauen, wie ich Probleme lösen kann, wie ich etwas strukturieren kann. Ich komme aus dem Projektmanagement und da schaut man, was braucht in der Situation gebraucht wird oder was in der Krise wichtig ist.
Und jetzt in der Klimapolitik aktiv zu sein, ist für uns das größte Thema und die größte Herausforderung. Ich habe zum Beispiel eine kleine Großnichte, die ist jetzt vier. Und ich will, dass sie gut leben kann, und ich will auch, dass meine Eltern, die jetzt gut über 70 sind, auch noch gut leben können. Denn die Hitze, die wir haben, die geht auf die Gesundheit der älteren Menschen und wir werden es erleben, dass es wirklich belastend sein wird.
Wie nah lassen Sie das Leid, das wir jeden Tag in den Fernsehbildern sehen – man denke nur an den Ukraine-Krieg oder das Erdbeben in Syrien und der Türkei – an Sie heran?
Ich glaube, wir haben schon auch gelernt, uns nicht ganz überschwemmen zu lassen. Denn dann ist man handlungsunfähig. Gerade dann, wenn du in der Politik bist, musst du Einzelfälle und Einzelschicksale sehen, darfst aber nicht voll in dem aufgehen. Sonst kommst du nicht in die Handlungsfähigkeit und kannst auch nicht dort anpacken, wo es notwendig ist.
Welche Kompetenzen werden wir als Gesellschaft in Zukunft dringend brauchen?
Wir brauchen ganz stark ein vernetztes Denken, ein Erkennen der Zusammenhänge um mit der Komplexität unserer Welt umgehen zu können. Es ist sehr gefährlich die Welt in Schwarz-Weiß oder in „Gut und Böse“ einzuteilen. Das, was manche populistischen Strömungen oder auch Parteien machen, greift viel zu kurz. Unsere Gesellschaft und wir Menschen sind viel bunter als manche meinen. Und damit muss man auch umgehen können. Dann braucht es auch eine Verantwortung für das Miteinander in einer Gesellschaft. Es darf sich nicht das Recht des Stärken durchsetzen.
Das bedeutet, das Prinzip von „Höher, Schneller, Weiter“ ist für Sie überholt?
Das Thema des grenzenlosen Wachstums wird es nicht mehr spielen. Es gibt Situationen, bei denen wir einfach die Grenzen vor Augen haben. Wir können nicht unendlich die Erde ausbeuten. Mit Blick auf das Klima braucht es überhaupt größere Veränderungen. Es wird nicht reichen, hin und wieder mal aufs Auto zu verzichten. Hier braucht es noch ein großes Umdenken in den Köpfen der Menschen und da sind wir in den nächsten Jahren oder auch Jahrzehnten extrem gefordert.
Und wie ist es mit "Höher, Schneller, Weiter" in der Arbeitswelt?
Hier hält es sich schon in vielen Bereichen nicht mehr. Man sieht, wie es manchen Menschen zu viel wird. Burnout ist keine Modeerkrankung, es ist wirklich eine Erschöpfung der Menschen. Die Anforderungen an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind zu viel. Und die Herausforderung, die wir jetzt haben, ist, dass wir die Arbeit gut verteilen. Wir haben gerade im Pflegebereich und im Bereich der Bildung und Elementarpädagogik einen großen Fachkräftemangel. Auch das wird uns die nächsten zehn, 15 Jahre sehr fordern.
Sie sind seit rund 20 Jahren in der Politik, wie kam es zu dem Einstieg?
2003 habe ich mich für eine Führungsposition beim Land beworben und mich bei den Klubchefs- und Chefinnen der Salzburger Landtags vorgestellt. Da hat mich Cyriak Schwaighofer (damals Landessprecher der Salzburger Grünen, Anm.) einfach angesprochen, ob ich für die Grünen kandidieren will. Das war absolut überraschend für mich.
Sie haben sich in der Vergangenheit auch immer sehr für Frauen eingesetzt und engagiert. Sind Frauen die besseren Chefs?
Mit Augenzwingern, natürlich. In der Realität hängt es am einzelnen Menschen. Ich glaube, dass die Zugänge andere sind, weil ihre Lebensrealitäten andere sind. Wir Frauen müssen uns manchmal andere Fragen stellen als Männer und uns mit anderen Themen auseinandersetzen.
In einer männerdominierten Branche – wie auch der Politik – wie schwer oder inzwischen wie leicht ist es, sich als Frau durchzusetzen? Oder auch ernst genommen zu werden?
Manchmal denke ich mir, es tut sich wirklich wenig. Gerade dann, wenn wir immer noch mit verschiedenen Zuschreibungen konfrontiert sind. Was hat man an, wie tut man, usw. Wenn ich dann aber schaue, wie viele Frauen jetzt schon in Führungspositionen sind, dann merke ich schon, dass sich sehr vieles getan hat.
Haben Sie konkrete Tipps für Frauen, sich in den doch noch vielen männerdominierten Bereichen durchzusetzen bzw. gehört zu werden?
Ich glaube, dass die Frauen sich nicht ihr Interesse an der Vielfalt der Arbeitswelt nehmen lassen und sich nicht in Schubladen stecken lassen sollen. Wenn ein Interesse für einen bestimmten Bereich da ist, dann bitte voll reingehen. Wir brauchen Frauen in der Technik und in der IT, die wirklich den Zug zu Führungspositionen haben. Das ist schon ein Hineinwachsen. Und ich finde es auch wichtig, dass man dranbleibt, auch dann wenn es mal schwierig ist. Umgekehrt, wenn man merkt, dass jetzt wirklich nichts mehr geht, dann ist es auch wichtig, den Mut zu haben, es zu lassen.
Es gibt einen schönen Spruch, der mich begleitet und der lautet: „Egal wo du hingehst, nimm eine Frau mit“. Und das probiere ich auch da und dort aus, dass ich einfach eine Frau mitnehme.
Frau Berthold, Danke für das Gespräch.
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