Leben

Sollte in jeder Regierung zumindest eine Frau sitzen?

Doris Hummer verlor nach einer Kampfabstimmung ihren Sitz in der oberösterreichischen Landesregierung.
Veröffentlicht: 22. Oktober 2015 14:57 Uhr
Die Netzwerke der Frauen erweisen sich oft noch nicht als so tragfähig wie jene der Männer. Das hat die Abwahl von Doris Hummer (ÖVP) als oö. Landesrätin gezeigt. Seit die mittlerweile verstorbene Barbara Prammer (SPÖ) 1995 als erste Frau in die oö. Landesregierung einzog, war immer zumindest ein weibliches Regierungsmitglied mit an Bord. Zuletzt waren es mit Hummer und Gertraud Jahn (SPÖ) zwei.
Katharina Köhn

Weil die ÖVP einen Regierungssitz verloren hat, kam es am Mittwoch im Landesparteivorstand zu eine Kampfabstimmung zwischen Hummer, Michael Strugl (beide Wirtschaftsbund) und Max Hiegelsberger (Bauernbund). Da Strugl als Verbindungsmann zu den Blauen gilt und daher die besseren Karten hatte, dürfte Hummer der Bünderechnung zum Opfer gefallen sein. Diese wog offenbar mehr als eine Ausgeglichenheit der Geschlechter. Mit Hummers Abgang werden auch die Frauenagenden frei, über die in den Koalitionsverhandlungen nicht groß gesprochen worden sein soll.

FPÖ mit Männerriege

Die FPÖ, die zwei Sitze dazubekommen hat, trat gleich von vorneherein mit einer reinen Männerriege an. Noch vor den Koalitionsverhandlungen wurden Parteichef Manfred Haimbuchner und Klubobmann Günther Steinkellner (war 2003 sieben Monate Frauenlandesrat) sowie Elmar Podgorschek bestimmt. Haimbuchner und Steinkellner gehören der gleichen Verbindung - dem Corps Alemannia Wien zu Linz - an. Podgorschek ist laut Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands bei der zum rechten Flügel des Verbindungswesens gezählten Akademischen Grenzlandmannschaft Cimbria zu Wien und der Germania Ried. Bünde und Verbindungen sind zwar in der SPÖ weniger verbreitet, dennoch schicken auch die Sozialdemokraten einen Mann in die Landesregierung. Die SPÖ stellte bisher ein männliches (LHStv.) und ein weibliches (Landesrätin) Regierungsmitglied, hat nun aber einen Sitz verloren. Damit muss Soziallandesrätin Gertraud Jahn gehen, Parteichef Reinhold Entholzer bekommt den letzten verbliebenen Regierungssitz, beschloss der Parteivorstand.

 

SPÖ: Ärger mit der Frauenquote

Ärger mit der Frauenquote kennt man bei der SPÖ: Vor gut einem Jahr war die damalige SPÖ-Landesfrauenchefin Sonja Ablinger zurückgetreten, weil das Mandat von Barbara Prammer nach deren Tod mit einem Mann besetzt wurde. Monatelang befassten sich die Schiedsgerichte mit der Quote, Prammers Mandat ist nach wie vor in männlichen Händen. Ablingers Nachfolgerin Sabine Promberger verwies allerdings darauf, dass die SPÖ in OÖ mit Gerda Weichsler-Hauer zumindest eine Frau ins Landtagspräsidium schickt und, dass der männliche Klubvorsitzende (Christian Makor) zwei weibliche Stellvertreterinnen (Promberger und Gisela Peutlberger-Naderer) habe. Promberger fordert eine verpflichtenden Geschlechterquote für politische Entscheidungsorgane.

Grüne: Generell Musterschüler in Sachen Quote

Die Grünen sind zwar generell Musterschüler in Sachen Quote, da sie ebenfalls nur einen Regierungssitz haben, ist auch dieser von einem Mann besetzt. Allerdings ist Rudi Anschober seit Jahren das Zugpferd der Landespartei. Die Parteiführung ist bei den Landesgrünen aber weiblich - in Oberösterreich ein Alleinstellungsmerkmal.

Frauenquote: Oberösterreich mit Türkei vergleichbar

Mit einer Frauenquote von null Prozent in der Landesregierung gesellt sich Oberösterreich statisch zur Türkei. Das ist nämlich im europäischen Vergleich jenes Land, in dem es die meisten rein männlichen Regionalregierungen gibt. EU-weit liegt der Frauenanteil in den Regionalregierungen laut Daten der Europäischen Kommission durchschnittlich bei 36 Prozent.

Schweden: Meiste Frauen in Regierung

Am höchsten ist dieser Anteil mit 48 Prozent wieder einmal im Musterschülerland Schweden, gefolgt von Finnland mit 46 Prozent. An dritter Stelle liegen Frankreich und Spanien mit je 44 Prozent. In Österreich sinkt der Frauenanteil dank der neuen Regierung in Oberösterreich von 33,8 auf 30,7 Prozent, berechnete Werner Zögernitz vom Institut für Parlamentarismus und Demokratiefragen auf APA-Anfrage. Schlusslichter in der Statistik der EU-Kommission sind die Türkei mit nur sieben Prozent, Serbien mit 17 sowie Portugal und Kroatien mit nur 18 Prozent Frauenanteil in den Regionalregierungen.

Türkei: Meiste männlichen Regionalregierungen

Die meisten rein männlichen Regionalregierungen gibt es in der Türkei. Dort kommen von 51 Regionalregierungen (für die Daten vorliegen, Anm.) 30 ganz ohne Frauen aus. In absoluten Zahlen sieht es so aus: 343 männlichen Regierungsmitgliedern stehen nur 24 weibliche gegenüber.

Fälle wie in Oberösterreich gibt es aber auch in Polen und den Niederlanden, wo jeweils zwei Regionalregierungen ohne Frauen auskommen sowie in Italien mit einer Regierung. Zu den rückständigen Ländern gehört auch Neo-EU-Mitglied Kroatien, in dem zehn von 21 Regionalregierungen frauenlos sind. Interessanterweise kommen auch die positiven Spitzenreiter aus Kroatien (67 Prozent Frauen in der Stadtregierung in Zagreb) und Italien (67 Prozent in Campania).
Weitere Musterschülern sind die Regierung in Rheinland-Pfalz, im griechischen Attiki, der spanischen Region de Murcia sowie im norwegischen Hordaland mit jeweils 60 Prozent Frauenanteil.

(APA)

(Quelle: salzburg24)

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