Tiere

Zu gern zum Fressen? Tiger nimmt Ziege zum Freund

Tiger "Amur" und Ziegenbock "Timur" sind beste Freunde
Veröffentlicht: 15. Dezember 2015 10:03 Uhr
Ein "Weihnachtsmärchen": Diese Bezeichnung fällt Zoodirektor Dmitri Mesenzew immer wieder ein für die spektakuläre Freundschaft in seinem Tierpark in Russland. Vor gut zwei Wochen werfen Wärter in Wladiwostok eine lebende Ziege als Mahlzeit in das Freigehege eines Sibirischen Tigers. Doch der Bock wehrt sich gegen sein Schicksal - und die größte Raubkatze der Welt lässt von ihrem Opfer ab.

Seitdem streift das ungewöhnliche Duo gemeinsam durch das Gehege: Tiger voran, Ziege hinterdrein. Und im Tierpark der Pazifikstadt ist nichts mehr, wie es war. "Fernsehteams aus aller Welt kommen, und das Telefon steht nicht mehr still", sagt Mesenzew.

Amur und Timur erobern gemeinsam die Welt

"Timur" taufen die Wärter den unerschrockenen Ziegenbock, nach einer zentralasiatischen Heldensage. Zusammen mit "Amur", wie der Tiger seiner russischen Herkunftsregion gemäß heißt, ziert er bereits Souvenirs im Zoo. "Wir liegen fast 10.000 Kilometer entfernt von Moskau und haben bisher wenige Besucher. Da müssen wir schauen, wie Geld hereinkommt", erzählt Mesenzew. Bald sollen Kameras am Gehege installiert werden. "Dann kann jeder im Internet verfolgen, was Timur und Amur gerade treiben", sagt der Direktor nicht ohne Stolz.

Tiger sind für Menschen in Raum Wladiwostok keine exotischen Tiere. In der Region neun Flugstunden östlich von Moskau leben noch etwa 500 Exemplare im chinesisch-russischen Grenzgebiet in freier Wildbahn. Es gibt dort einen "Tag des Tigers" mit Straßenfesten, und die Großkatze ziert auch das Wappen des Gebiets im Fernen Osten Russlands. Im Kampf um die letzten frei lebenden Tiger gilt eine Konferenz mit Präsident Wladimir Putin 2013 in St. Petersburg als Meilenstein. Damals einigten sich 13 Staaten auf Schutzzonen. Hollywood-Ehrengast Leonardo DiCaprio ("Titanic") spendete sogar eine Million US-Dollar (910.498,04 Euro).

In Wladiwostok werden Tiger seit Jahrzehnten erforscht, und längst locken Timur und Amur auch Wissenschafter aus dem ganzen Land an. Ein solches Duo sei in freier Wildbahn nahezu undenkbar, sagt Pawel Fomenko von der Umweltschutzorganisation WWF (World Wide Fund For Nature). "Gefangenschaft stumpft die Instinkte ab. Zootiere wissen, dass es immer genug Essen gibt. Das ist in der Natur anders", meint er. "Eine solche Partnerschaft kann nur unter hoch entwickelten Tieren existieren und wäre etwa zwischen einem Frosch und einer Fliege schwer möglich", betont Fomenkos Kollege Wladimir Krewer.

Tiger lässt Ziege auf seinem Platz schlafen

Vegetarier ist Amur durch Timurs Gesellschaft nicht geworden. Kaninchen, die die Wärter in das Gehege werfen, jagt das 300 Kilogramm schwere Raubtier mit demselben Appetit wie früher. "Aber interessiert hat er einmal am Salz für die Ziege geleckt", sagt Mesenzew. Und der Tiger überlasse dem Bock sogar seinen überdachten Schlafplatz und liege stattdessen auf der Hütte. "Wenn wir die beiden trennen, brüllt Amur die ganze Nacht", erzählt der Zoodirektor.

Forscher warnen grundsätzlich davor, das Verhalten von Tieren mit ähnlichen menschlichen Gefühlen und Neigungen gleichzusetzen. Verblüffende Tierfreundschaften bleiben aber ein verbreitetes Phänomen, denn oft existieren sie unter "Feinden". In Russland haben Timur und Amur mittlerweile eine Diskussion ausgelöst. Aktivisten werfen Mesenzew "Sadismus" vor, weil er Jäger und Beute in seinem Zoo zusammenleben lässt, und erwarten von der Justiz eine Antwort auf ihre Beschwerde. Mesenzews Kollege Rostislaw Schilo rechnet indes nicht mit einem Andauern der Freundschaft. "Zu 80 Prozent wird Timur am Ende aufgefressen", schätzt der Zoodirektor aus Nowosibirsk.

Mesenzew ist hingegen optimistisch. "In Zeiten der Kriege in Syrien und in der Ostukraine zeigen die beiden, dass unterschiedliche Seiten friedlich koexistieren können", sagt der Chef des Tierparks im Interview der Agentur Interfax. Zuletzt habe Timur dem Tiger sogar einen leichten Kopfstoß verpasst, und Amur sei spielerisch darauf eingegangen. "Gegensätze ziehen sich an. Das ist nicht nur bei uns Menschen so, sondern auch in der reichen Tierwelt", meint Mesenzew.

(APA)

(Quelle: salzburg24)

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