Die FPÖ will bei der Wahl des Bundespräsidenten im Jahr 2028 wieder einen eigenen Kandidaten aufstellen. Das kündigte Parteichef Herbert Kickl im APA-Interview vor dem Parteitag an. Konkrete Namen nannte er nicht, aber: "Diesmal werden die Karten ganz neu gemischt und ich glaube, wir werden einen Joker ausspielen." Europa schlägt Kickl eine "Annäherung" an Russland vor. Die von der Kärntner SPÖ signalisierte Öffnung in Richtung FPÖ sieht er positiv.
Am Samstag steht die Wiederwahl Kickls als Obmann an. Rund 850 Delegierte werden beim Parteitag im Messezentrum Salzburg erwartet. Seit Jahren befindet sich die FPÖ bei Wahlen im Aufwind, bei der Nationalratswahl 2024 wurde sie stärkste Partei. Eine Regierungsbeteiligung wurde jedoch durch eine Koalition aus ÖVP, SPÖ und NEOS verhindert. In Umfragen legten die Freiheitlichen dennoch deutlich zu und könnten derzeit auf bis zu 35 Prozent kommen.
"Volkskanzlerschaft" weiter Ziel
Das Ziel, "Volkskanzler" in Österreich zu werden, verfolgt Kickl weiter: "Ich denke, dieser Parteitag wird natürlich ganz im Zeichen dieses Erneuerungsprojekts für Österreich stehen. Und in einem Wort zusammengefasst ist das die Volkskanzlerschaft." Der FPÖ-Chef will das "Erneuerungsprojekt" für Österreich vorantreiben. "Das bedeutet einen Systemwechsel insofern, als dass es um eine Redemokratisierung in Österreich geht." Dabei solle es sich keinesfalls um eine Abkehr von der Demokratie handeln, wie manche warnen, sondern genau das Gegenteil: "Es ist die Rückkoppelung der Politik an das, was der Interessenslage der Bevölkerung entspricht. Das Ziel ist eigentlich, die Machtverhältnisse in Österreich zugunsten der Bevölkerung zu verschieben. Und das ganz ordentlich", hofft Kickl.
Dabei will er auch den Bundespräsidenten "nicht vergessen", wie er betont. Welcher oder welche Freiheitliche in drei Jahren um die Nachfolge von Alexander Van der Bellen ins Rennen gehen soll, bleibt vorerst aber ein Geheimnis. "Nein, ich nenne jetzt keine Namen. Wir lassen uns ja nicht von unseren Gegnern in die Karten schauen."
Abstand zum Zweiten entscheidend
Dass eine Regierungsbeteiligung auch nach der nächsten Nationalratswahl verhindert werden kann, sorgt Kickl nicht. "Es macht einen Unterschied, wenn man einen großen Abstand zum Nächstplatzierten hat." So habe man bei der letzten Wahl den Sprung von Platz drei auf eins geschafft. "Aber es ist offenbar noch nicht genug. Die ÖVP glaubt immer noch, die Wahlen gewonnen zu haben. Deswegen wird es unser Ziel sein, diesen Abstand zu vergrößern. Und ich bin mir dann ziemlich sicher, dass da Dinge in Bewegung geraten werden. Auch in der ÖVP."
Kritik an seinen raren öffentlichen Auftritten im Sommer lässt Kickl abprallen. "Ganz ehrlich, ich halte nichts von Politikern, die vor jede Kamera springen und in jedes Mikrofon hineinbeißen, dass sich die Leute schon belästigt und gestalkt fühlen", findet er. Sehr wohl sei er im Sommer "draußen unterwegs" gewesen, "aber halt nicht organisiert in Form von irgendwelchen Parteiveranstaltungen". Generell sei es manchmal auch gut, "ein bisschen Tempo herauszunehmen, um dann mit umso mehr Kraft wieder durchzustarten".
Kooperation in Kärnten nichts Neues
Gerüchte, er könnte in die Kärntner Landespolitik wechseln, dementiert Kickl, auch wenn er sich geehrt fühle. Allein aus privaten Gründen sei er im Sommer öfter in Kärnten gewesen als ursprünglich geplant und sei vielfach auf die dortige politische Situation angesprochen worden. "Aber ich habe der österreichischen Bevölkerung das Versprechen abgegeben, dass wir alles tun werden, den Menschen gute Jahre zu bringen. Und das geht am allerbesten von der Spitze der Regierung aus", findet der FPÖ-Chef.
In Aussagen des neuen Kärntner SPÖ-Chefs Daniel Fellner, die eine Öffnung gegenüber den Freiheitlichen im Land signalisieren, sieht Kickl zumindest "interessante Signale", die allerdings nicht neu seien. So hätten im Land SPÖ und FPÖ immer wieder gut zusammengearbeitet. Abseits des Bundes sei generell eine Öffnung gegenüber der FPÖ zu spüren. "Ich denke ja, dass es in der SPÖ ein riesengroßes Unbehagen gibt mit dem Kurs des Andreas Babler." Die Ausgrenzung der FPÖ sei eine "Selbsteinzäunung der SPÖ", die Optionen nehme.
Erwartungen an U-Ausschüsse
Viel erwartet sich Kickl auch von den von seiner Fraktion im Parlament geplanten Untersuchungsausschüssen, zuerst zur Causa Pilnacek, dann zu den Coronamaßnahmen. Dass es bei Corona zu spät sein könnte, glaubt der FPÖ-Chef nicht, hätte der Umgang damit doch schwere Wunden in die österreichische Seele geschlagen. "Das ganze psychische Leid, die Spaltung der Gesellschaft und ein enormer ökonomischer Schaden" seien entstanden.
Der von Kickl kritisierte Umgang mit Corona oder dem Klimawandel fördere auch den Aufstieg rechter Parteien weltweit, glaubt Kickl, etwa in den USA. "Die Politik ist immer gefordert, auf großes Unbehagen der Bevölkerung zu reagieren. Und das hat Donald Trump sehr gut erkannt. Dass wir es etwa in Sachen Regenbogenkult, Wokeismus und so weiter mit einer Art gesellschaftszerstörender Geistesseuche zu tun haben, die sich zur Tarnung als Fortschritt ausgibt. Ich finde es gut, dass es jetzt eine Gegenbewegung gibt, wo sich die Mitte der Gesellschaft, die ganz normalen Leute, die dieses Land am Leben erhalten, auch dagegen wehren, dass ihnen irgendetwas vorgesetzt wird, mit dem sie nichts anfangen können. Das gilt ganz besonders für den gesamten Asylbereich."
"Zeitfenster" für Russland-Politik offen
Trumps vermeintlicher Schwenk in der Ukraine-Politik irritiert Kickl nicht. Es könne sich ebenso um ein taktisches Manöver handeln. Niemand in Österreich habe hier einen genauen Einblick. Angesichts jüngster Luftraumverletzungen in europäischen Staaten durch russische Drohnen warnt der FPÖ-Chef vor Schnellschüssen. "Ich kann Europa nur raten, nicht Hals über Kopf in eine Gegenmaßnahme hineinzutreten, die dann möglicherweise die Totaleskalation auslöst. Die Staatschefs sollten sich ein Beispiel am ehemaligen US-Präsidenten Kennedy und dessen vernünftiger Vorgangsweise in der Kubakrise nehmen. Österreichs Position muss es jedenfalls sein, die eigene Neutralität zu stärken und auszubauen."
Generell plädiert Kickl für einen anderen Umgang mit Russland. Mit Trumps Desinteresse an Europa sei gerade "ein Zeitfenster offen, eine Annäherung zwischen Europa und Russland zu versuchen. Genau dies ist ja lange Zeit von den Amerikanern nicht gewollt gewesen. Ziel sollte eine gemeinsame Sicherheitsarchitektur sein statt einer Neuauflage des Kalten Krieges oder gar eines Dritten Weltkriegs. Und wir haben halt nun einmal die Situation, dass wir mit Russland auf einem gemeinsamen Kontinent sitzen. Russland wird sich nicht in Luft auflösen", so Kickl. "Das ist ein Versuch. Vielleicht stößt er auf Gegenliebe, vielleicht auch nicht. Aber sich den Vorwurf machen zu lassen, dass man das nicht probiert hat, das halte ich wirklich für fahrlässig."
(Quelle: apa)