Ob im Auto, am Handy oder auf der Smartwatch: Karten sind im Alltag omnipräsent. Die Kompetenz, solche Orientierungshelfer adäquat zu deuten, fehlt aber laut Forschenden oft. Das ist auch eines der Themen beim Symposium "Die Macht der Karten" vom Institut für Geografie und Regionalforschung der Uni Wien am Montagabend.
Interpretation von Informationen im Vordergrund
Insbesondere in der Schulbildung fehle "explizit die Fähigkeit, mit Symbolen und abstrakten Dingen umzugehen", erklärte Karel Kriz, Kartograf an der Uni Wien und Vortragender beim Symposium, im APA-Gespräch.
Ob es sich dabei um analoge Karten oder digitale Medien handelt, spielt laut dem Forscher keine Rolle. Im Vordergrund stehe immer, wie Menschen die Informationen interpretieren, die ihnen kommuniziert wurden – auch in Hinblick auf Machtinteressen.
Experte: "Objektive Karte gibt es nicht"
Eine objektive Karte, so Kriz, gebe es jedenfalls nicht. Vielmehr hätten seit jeher Machtinhaber das bestimmt, was Karten kommunizieren: "Wer die Karte besessen hat, hat auch die Macht gehabt." Inzwischen betreffe das nicht mehr nur militärische oder politische Kontexte wie Grenzziehungen. Marktwirtschaftlich orientierte Unternehmen wie Google beispielsweise könnten über "Wahrnehmungskomponenten" – wie visuelle Hervorhebungen – Nutzerinnen und Nutzer ihrer Karten-Apps dazu animieren, bestimmte Routen zu gehen.
Zehn Parameter beim Kartenlesen
Damit ihr Karten richtig lest und auch einordnen könnt, was euch dort angezeigt wird, haben wir hier zehn Punkte, die ihr beachten solltet, zusammengefasst.
- Was zeigt eine Legende an?
- Wie orientiert man sich auf einer Karte?
- Wie berechnet man den Maßstab auf der Karte?
- Was sind Höhenlinien auf einer Karte?
- Wozu braucht man einen Kompass?
- Wie plant man eine Route mit Karte?
- Wie funktionieren Koordinaten?
- Ist die Karte aktuell?
- Warum sollte man den Kontext beachten?
- Wie kann ich Kartenlesen üben?
Die Legende oder Kartensymbolerklärung ist entscheidend. Sie zeigt, was die verschiedenen Symbole und Farben auf der Karte bedeuten. Dies können zum Beispiel Straßen, Flüsse, Berge, Städte, Grenzen und andere geografische Merkmale sein.
Wie orientiert man sich auf einer Karte?
Die Ausrichtung der Karte sollte immer überprüft werden. Normalerweise ist Norden am oberen Rand der Karte, aber dies kann variieren.
Wie berechnet man den Maßstab auf der Karte?
Der Maßstab auf der Karte zeigt an, wie die Entfernungen in der Realität auf der Karte repräsentiert werden. Zum Beispiel könnte ein Zentimeter auf der Karte einem Kilometer in der Realität entsprechen.
Was sind Höhenlinien auf einer Karte?
Das Gelände wird in der Karte durch Höhenlinien wiedergegeben. Sie verbinden Punkte mit gleichen Höhen. Bildlich ausgedrückt: Das Gelände wird in gleichen Abständen horizontal “geschnitten”. Diese Schnittlinien ergeben in der Karte das Höhenlinienbild. Form und Neigung des Geländes werden durch das Höhenlinienbild erkennbar. Je enger die Höhenlinien beieinander liegen, umso steiler ist das Gelände. Je weiter sie auseinander liegen, desto flacher ist es. Die meisten Höhenlinien sind braun. In felsiger Umgebung sind die Linien allerdings schwarz, in Gletschergebieten blau. Tiefenlinien in Gewässern werden ebenso in Blau dargestellt.

Wozu braucht man einen Kompass?
Wer einen physischen Kompass zur Hand hat, kann überprüfen, ob man auf der Karte in die richtige Richtung schaut.
Wie plant man eine Route mit Karte?
Mit den Informationen auf der Karte kann man Routen planen. Dabei sollte man auf Straßen, Wege oder markante Geländemerkmale achten, die helfen können, den Weg zu finden.
Wie funktionieren Koordinaten?
Einige Karten verwenden Koordinaten, um spezifische Orte zu identifizieren. Die geographische Breite wird vom Äquator aus nach Norden (0° bis 90° Nord am Nordpol) und Süden (0° bis 90° Süd am Südpol) gemessen. Die geographische Länge misst man vom Nullmeridian aus, und zwar von 0° bis 180° gegen Osten und von 0° bis 180° gegen Westen. Breitenkreise (Linien konstanter Breite) verlaufen parallel zum Äquator, Längenkreise (Linien konstanter Länge) durch Nord- und Südpol.
Ist die Karte aktuell?
Ihr solltet immer sicherstellen, dass die Karte, die ihr gerade benutzt, aktuell ist. Landformen und Straßen können sich im Laufe der Zeit ändern.
Warum sollte man den Kontext beachten?
Betrachtet nicht nur einzelne Elemente auf der Karte, sondern auch den Gesamtkontext. Dies hilft dabei, ein umfassendes Verständnis der geografischen Umgebung zu entwickeln.
Wie kann ich Kartenlesen üben?
Das Kartenlesen in der Praxis kann man üben, indem man Karten für Reisen oder Outdoor-Aktivitäten verwendet. Je mehr Erfahrung man sammelt, desto sicherer wird man im Lesen von Karten. Das Lesen von Karten kann in vielen Bereichen des Lebens nützlich sein, sei es beim Wandern, Reisen oder in Notfallsituationen.
Forschungsprojekt "TopoMap Nationalpark Hohe Tauern"
Auf Machtkonflikte in Bezug auf Karten sollen die von Kriz geleiteten Forschungsprojekte "TopoMap Nationalpark Hohe Tauern" und "TopoMap Schneeberg Rax Semmering" aufmerksam machen. In solchen Gebieten würden Stakeholder wie Tourismus- und Naturschutzvereine oder Gemeinden mit unterschiedlichen Vorstellungen bestimmen, welche Inhalte Karten zeigen. Sei es aus Sicherheitsgründen oder wirtschaftlichen Anliegen. "Es sind sehr viele Interessenskonflikte, die aber alle als Grundlage haben, den Raum zu kommunizieren", so der Kartograf.
Risikosituationen durch falsche Interpretation
Zwar entstünden Karten unter wissenschaftlichen Regeln – aber immer als subjektive Abstraktionen von Kartograf:innen und Auftraggeberinnen und Auftraggebern. Die zwei neuen großstabmäßigen Hochgebirgskarten stellen unter anderem Sachverhalte wie Gletscherschwund dar. Eine Fehleinschätzung sei nun, diese als Nutzerinnen und Nutzer im Gelände als fixe Darstellung der Realität zu verstehen. In solchen Gebieten führt eine falsche Interpretation kartografischer Daten schließlich zu Risikosituationen. Ein Augenmerk der visuellen Gestaltung war für die Projekte daher, eine "optimale Geokommunikation durchzuführen".
Gesamtgesellschaftlich sei wiederum notwendig, "dass wir komplexe raumzeitliche Sachverhalte richtig übersetzen und dann auch kommunizieren". Dabei sieht Kriz nicht nur Wissenschaft und Bildung gefragt. Auch appelliert er an Kartenproduzent:innen und Medien, sich bei der Wahl von kartografischen Informationen "dieser Macht bewusst" zu sein.
Das Symposium soll aber nicht nur die wissenschaftliche Perspektive betrachten. Zu einer Podiumsdiskussionen wurden Fachleute unter anderem vom Österreichischen Bergrettungsdienst, der Magistratsabteilung 49 (Forstverwaltung Quellenschutz) und dem Tourismusverband Semmering-Rax-Schneeberg eingeladen.
(Quelle: salzburg24)