Bis 2030 für alle Kinder

Österreichweit 50.000 neue Kinderbetreuungsplätze

Veröffentlicht: 05. September 2023 15:45 Uhr
Österreichweit sollen bis 2030 50.000 zusätzliche Betreuungsplätze für Kinder eingerichtete werden. Familienministerin Raab und Kanzler Nehammer unterstrichen dieses Vorhaben. Kritik kommt von der Opposition, der AK und den Gewerkschaften.
SALZBURG24 (StephKö)

Der Bund und die Länder wollen bis 2030 4,5 Milliarden Euro in den Ausbau der Kinderbetreuung investieren, hat Familienministerin Susanne Raab eine Ankündigung von Bundeskanzler Karl Nehammer (beide ÖVP) bei einem Pressegespräch bekräftigt. Damit will man 50.000 zusätzliche Plätze schaffen. Mit dem Plan gehe man nun in die Finanzausgleichsverhandlungen zwischen Bund und Ländern, sagte Raab, die eine "echte Wahlmöglichkeit" bei der Gestaltung des Familienalltags garantieren will.

Ende 2030 garantierte Betreuungsplätze für alle Kinder

Bei den von Nehammer im gestrigen ORF-"Sommergespräch" angesprochenen 4,5 Milliarden Euro handle es sich um das Gesamtvolumen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden, das es brauche, damit alle Familien mit Ende 2030 garantiert einen Betreuungsplatz für Kinder ab dem ersten Lebensjahr erhalten. Die Zahl sei Ergebnis einer Analyse, die man gemeinsam mit dem Wirtschaftsforschungsinstitut EcoAustria erstellt habe. Das Institut sei derzeit dabei, das Konzept weiter zu verfeinern.

Weiterhin kein Rechtsanspruch auf Betreuungsplätze

Für verschiedene Altersgruppen wurden aufgrund unterschiedlichen Bedarfs nun auch unterschiedliche Ziele definiert. Bei den vom Rat der EU empfohlenen Barcelona-Zielen für die Kinderbetreuung würden hingegen alle Unter-Dreijährigen in einen Topf geworfen, kritisierte Raab. Bei den Ein- bis Zweijährigen sind 27 Prozent in Betreuung, in Zukunft soll für über 50 Prozent von ihnen ein Platz zur Verfügung stehen. Bei den Zwei- bis Dreijährigen sind rund 60 Prozent in Betreuung, 90 Prozent von ihnen sollen künftig einen Platz erhalten. Hingegen seien nur zwei Prozent der Kinder unter einem Jahr in Betreuung. Hier bestünde vielfach der Wunsch, das Kind zu Hause zu betreuen, sagte die Ministerin, die dennoch auch für die Nulljährigen mehr Plätze schaffen will. Insgesamt sollen bis 2030 50.000 weitere Kinderbetreuungsplätze geschaffen werden. Ein Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung würde derzeit hingegen "ins Leere" gehen, weil es die notwendigen Plätze nicht gebe, so die Ministerin.

Sie orte ein Momentum, beim Thema Kinderbetreuung neue Wege zu gehen, zeigte sich Raab in Bezug auf den Finanzausgleich zuversichtlich. Man werde mit dem Konzept im Rahmen der Finanzausgleichsverhandlungen an die Bundesländer herantreten. Sie sei überzeugt, dass es möglich sei, einen Weg zu finden, um das Gesamtvolumen auf die Beine zu stellen.

Betreuungsquote seit 2008 verdoppelt

Der Bund unterstütze die Bundesländer bereits seit 2008 beim Ausbau der Kinderbetreuung. Seither habe sich etwa die Betreuungsquote der Unter-Dreijährigen von 14 Prozent auf 32 Prozent mehr als verdoppelt. Im Zuge einer 15a-Vereinbarung zwischen Bund und Ländern wurde im letzten Jahr auch eine "Kindergartenmilliarde" (je 200 Mio. Euro über fünf Jahre) beschlossen. "Jetzt haben wir uns das Ziel gesetzt, das Tempo ordentlich zu erhöhen", sagte Raab.

Problem: Mehr Personal finden

Dafür brauche es nicht nur das notwendige Platzangebot, sondern auch eine qualitativ hochwertige Kinderbetreuung und ein gutes Arbeitsumfeld für Pädagoginnen und Pädagogen. Diesbezüglich sei es auch notwendig, mit den Bundesländern über eine Angleichung der unterschiedlichen Qualitätskriterien zu sprechen. Mehr Personal für den Ausbau zu finden, erklärte bereits Nehammer im ORF-"Sommergespräch" zur Problemstellung. Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) werde diesbezüglich in den nächsten Tagen Vorschläge präsentieren, verkündete Raab.

Geplante Betreuung mindestens 45 Stunden in der Woche

Die Konformität mit dem Vereinbarkeitsindikator für Familie und Beruf (VIF) stellt für Raab einen weiteren Faktor beim Ausbau der Kinderbetreuung dar. Damit Eltern auch in Vollzeit arbeiten können, sollen Einrichtungen mindestens 45 Stunden sowie an fünf Tagen in der Woche und 9,5 Stunden täglich geöffnet haben. Ganzjährig sollen sie mindestens an 47 Wochen geöffnet haben, die Kinder müssen außerdem mit einem Mittagessen versorgt sein. Nur rund 50 Prozent der Kinder über drei Jahren sind derzeit in VIF-konformen Einrichtungen, die Zahl soll auf 75 Prozent erhöht werden. Bei den Unter-Dreijährigen belegen rund 60 Prozent VIF-konforme Plätze, alle neu geschaffenen Plätze sollen ebenfalls VIF-konform sein.

Kritik von der AK und Teilen der Opposition

SPÖ, AK und die GPA orten einen „Marketingschmäh“ aus Richtung der Regierung. SPÖ-Bundesgeschäftsführer Klaus Seltenheim nannte den Vorstoß „völlig absurd“. Er kritisiert zudem, Nehammer habe „jahrelang keinen Finger dafür gerührt“. Seltenheim wirft der ÖVP vor, 2016 in der SPÖ-ÖVP-Koalition den fertig ausverhandelten Ausbau der Kindergärten „aus parteitaktischen Gründen sabotiert“ zu haben.

„Den schönen Worten sollen nun endlich einmal Taten folgen“, fordert NEOS-Familiensprecher Michael Bernhard. Beim Rechtsanspruch ortet Bernhard Probleme. Er erinnerte daran, dass eine entsprechende Forderung der NEOS in ÖVP-FPÖ-regierten Bundesländern als „Zwangsarbeit für Frauen“ und als Anschlag auf „normale“ Familien bezeichnet wurde.

4,5 Milliarden „alles andere als fix“

Arbeiterkammer-Präsidentin Renate Anderl betonte, dass die von Nehammer angekündigten 4,5 Milliarden erst einmal im Finanzausgleich mit den Bundesländern verhandelt werden müssten und deshalb "alles anderes als fix" seien. Außerdem sei die Summe zu gering und ein Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz erst 2030 zu spät. Wie von den Sozialpartnern gefordert brauche es vielmehr eine Milliarde Euro mehr pro Jahr, eine Ausbildungsoffensive und faire und gute Arbeitsbedingungen.

Neue Kinderbetreuungsplätze: Grüne und Gemeindebund reagieren positiv

Erfreut zeigte sich unterdessen Grünen-Generalsekretärin Olga Voglauer, für die mit dem Ausbau der Kinderbetreuung ab dem 1. Lebensjahr eine langjährige Grünen-Forderung angegangen wird. Damit werde eine gute Rückkehr von Eltern ins Berufsleben und eine partnerschaftliche, gerechte Aufteilung von bezahlter Erwerbs- und unbezahlter Elternarbeit ermöglicht, hieß es in einer Aussendung.

Begrüßt wurde der Vorstoß auch vom Gemeindebund. Man habe bei den Finanzausgleichsverhandlungen monatelang mehr Geld für Kinderbetreuung gefordert und stehe für weitere Verhandlungen mit Bund und Ländern bereit, so die Vizepräsidenten Andrea Kaufmann und Erwin Dirnberger. Klar sei, dass es neben mehr Geld für die Infrastruktur auch eine dauerhafte Finanzierung des Personals durch den Bund brauche.

(Quelle: apa)

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