Transportstatistik

Unkontrollierter Rinderexport von Österreich nach Algerien boomt

Veröffentlicht: 16. November 2025 10:49 Uhr
Österreich steigert seine Rinderexporte nach Algerien rasant – doch parallel zu den wirtschaftlichen Erfolgszahlen häufen sich massive Tierschutzbedenken. Dokumentierte Missstände, ungeklärte Kontrollen und Zweifel an der Rechtskonformität der Transporte werfen ein kritisches Licht auf ein Geschäft.

Österreich Exporte von Rindern nach Algerien steigen: Zwischen 2018 und 2023 verzehnfachte sich laut Berichten des TRAde Control and Expert System (TRACES) die Zahl der ausgeführten Tiere. In der ersten Hälfte 2025 wurden bereits 5.867 Rinder ausgeführt - und damit mehr als im gesamten Jahr 2024. Grund dafür ist ein Überschuss an Rindfleisch im Inland. Doch Tierschutzorganisationen warnen vor ebenso steigendem Tierleid und sehen mögliche Verstöße gegen EU-Recht.

Die Zahlen aus dem aktuellen Jahresbericht der Rinderzucht Austria zeigen insgesamt einen klaren Trend zu Exporten in Staaten außerhalb Europas. Insgesamt exportierte Österreich 2024 rund 27.000 Zuchtrinder, davon 42 Prozent in EU-Staaten und 58 Prozent in Drittländer. Wichtigster Abnehmer unter den Drittstaaten war die Türkei mit etwa 11.600 Tieren und einem Marktanteil von 42 Prozent, gefolgt von Algerien mit rund 12 Prozent.

The Marker, eine Tierschutzorganisation aus Vorarlberg, dokumentierte einen dieser Transporte von Ried im Innkreis bis zu den Schlachthöfen in Algerien, wo es dann zu Schlachtungen ohne Betäubung oder Fixierung gekommen war. Eine Videoaufnahme von The Marker zeigt etwa eine Kuh, die mit einer stumpfen Klinge verletzt wird und erst nach rund 15 Minuten verendet. Ein Schlachthofbetreiber räumt in dem Video ein: "Wie Sie sehen, leiden die Tiere". Tierarzt Erik Schmid bezeichnete ein solches Vorgehen im Gespräch mit The Marker als ''Tierquälerei pur''.

Zweifel an Kontrolle und EU-Standards

Laut EU-Verordnung gelten seit 2005 Tierschutzstandards bei Lebendtiertransporten bis zum Zielort - auch außerhalb der EU. In der Praxis ende die Kontrolle jedoch häufig an europäischen Häfen. ''Sobald die Tiere auf einem Schiff sind, heißt es: Aus den Augen, aus dem Sinn'', kritisierte der grüne EU-Abgeordnete Thomas Waitz im Gespräch mit der APA.

Das österreichische Regierungsprogramm 2025 sieht ein Monitoring für Drittstaatenexporte vor, um die Nachverfolgung der Tiere zu verbessern. In Algerien sei dies laut The Marker jedoch kaum umsetzbar, da dort keine Datenbanken über Tierbewegungen existieren. Manche Drittstaaten verfügen über solche Datenbanken, etwa das britische Cattle Tracing System.

Teure Rinder, wenig Milch

Offiziell sollen die Rinderimporte Algeriens Eigenversorgung mit Milch stärken. Nach Angaben von The Marker führt der Import jedoch zu Verschuldung vieler Landwirte: Die teuren Hochleistungstiere aus Österreich seien an das Klima und die Futterbedingungen in Algerien schlecht angepasst. "Diese Rinder sind für mitteleuropäische Bedingungen gezüchtet", erklärte Tierarzt Alexander Rabitsch im APA-Gespräch. Die Milchproduktion bleibe daher gering, viele Tiere würden erkranken oder verenden.

Da der geplante Aufbau einer Eigenversorgung ausblieb, importiert Algerien weiterhin große Mengen Milchpulver. Die Regierung plant nun den Bau einer Mega-Milchfarm. Während die Wirtschaftskammer Österreich darin ''interessante Geschäftschancen'' für Zuchtbetriebe sieht, befürchtet The Marker, dass solche Projekte die Lage kleiner Landwirte in Algerien weiter verschärfen könnte.

(Quelle: apa)

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