Opposition und NGOs

Breites Bündnis stellt sich gegen Naturschutzgesetz-Novelle

V.l.n.r.: Karin Dollinger (SPÖ), Sophia Burtscher-Trenkler (Naturfreunde), Martina Berthold (Grüne), Hannes Augustin (Naturschutzbund), Pippo Brandl (Fridays For Future), Andreas Tribsch (Scientists for Future) Sarah Pansy (KPÖ Plus).
Veröffentlicht: 24. Oktober 2023 15:08 Uhr
Die von der Salzburger Landesregierung geplanten Änderungen im Naturschutzgesetz stoßen bei einem breiten Bündnis aus Opposition und NGOs auf harsche Kritik: Neben der Zerstörung geschützter Natur- und Erholungsräume drohe eine Verschärfung der Biodiversitätskrise, so der einhellige Tenor bei einem Pressegespräch am Dienstag.

Zu einer gemeinsamen Pressekonferenz kamen heute die Oppositionsparteien aus SPÖ, KPÖ Plus und Grüne mit Naturfreunde, Naturschutzbund, Fridays For Future und Scientists For Future zusammen. Die Allianz tritt gegen einen Gesetzesentwurf der schwarz-blauen Landesregierung auf, mit dem das Naturschutzgesetz und das Landesumweltanwaltschaftsgesetz geändert werden sollen. Opposition und NGOs befürchten, dass die Koalition aus ÖVP und FPÖ den Gesetzesentwurf trotz Kritik durchwinken wird. Mit der Verfahrensbeschleunigung, die mit dem Vorantreiben der Energiewende argumentiert wird, würden Schutzinteressen gegeneinander ausgespielt und Großprojekte rasch ermöglicht.

Bei der Gesetzesnovelle geht es vor allem um die Streichung des Revisionsrechts der Landesumweltanwaltschaft (LUA) bei Genehmigungsverfahren für Anlagen im Bereich der Erneuerbaren Energien. Für diese Änderung hat sich die ÖVP bereits vor der Salzburger Landtagswahl im April starkgemacht. Argumentiert wird das Vorgehen mit dem Krieg in der Ukraine und mehr Unabhängigkeit von russischem Gas sowie der Beschleunigung der Energiewende. Die LUA könnte dann nur noch Beschwerde beim Landesverwaltungsgericht einbringen, aber nicht mehr vor das Höchstgericht ziehen.

Berthold: "Massive Schwächung des Naturschutzes"

"Das, was ÖVP und FPÖ hier vorhaben, ist eine massive Schwächung des Naturschutzes und wäre in dieser Form einzigartig in Österreich. In keinem anderen Bundesland gibt es so massive Eingriffe", führt Grünen-Chefin Martina Berthold bei dem Pressegespräch in der Stadt Salzburg aus. Naturschutz und Klimaschutz würden gegeneinander ausgespielt. "Geht es nach Schwarz-Blau, so müssten erneuerbare Energieanlagen von der Behörde bewilligt werden, ohne Interessenabwägung, ohne Ausgleichsmaßnahmen und ohne darauf zu achten, ob sie für den Klimaschutz überhaupt sinnvoll sind." Sie verweist auf das Egelseemoor in Puch (Tennengau), in das ohne weiteres eine PV-Anlage installiert werden könne.

SPÖ-Naturschutzsprecherin Karin Dollinger befürchtet, dass über den Naturschutz auf geschützten Flächen Wege, Straßen und Brücken, Seilbahnen und Lifte entstehen würden, die sonst nicht bewilligungsfähig wären, entstehen würden. "Auf Kosten des Naturschutzes sollen plötzlich Anlagen mit Nebenanlagen bewilligungsfrei gestellt werden. Dabei ist nicht ganz klar, was Nebenanlagen sein sollen. Wenn sich im Hochgebirge Investoren gut mit Seilbahnunternehmen verstehen, dann werden vielleicht an exponierten Stellen Windräder oder ähnliches angebracht werden."

Externe anstatt amtlicher Sachverständiger?

Dabei gebe es laut Dollinger auch bei den amtlichen Naturschutzsachverständigen Einwände gegen das neue Naturschutzgesetz. "Die werden sich schwertun, so ein Gesetz zu vollziehen, weil sie es fachlich nicht richtig finden. Die Antwort darauf ist, dass man amtliche Sachverständige durch Externe ersetzen will." Dabei sehe das allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz das nur in äußersten Notfällen vor.

 

Ähnlicher Ansicht ist auch Fridays For Future: "Wir kritisieren das Heranziehen von nicht-amtlichen Sachverständigen. Wir befürchten einen Verlust der Objektivität, wenn Auftragssteller:innen ihre Sachverständigen selbst auswählen dürfen. Viel sinnvoller wäre es, die zuständige Behörde auszubauen und somit weiterhin Qualität und Unbefangenheit zu garantierten", gibt Pippo Brandl an. Die Novelle des Naturschutzgesetzes wird abgelehnt. "Mit der Energiewende zu argumentieren, ohne echten Klimaschutz zu betreiben, ist verlogen und sinnbefreit."

Pansy warnt vor Chalet-Dörfern in Naturschutzgebieten

Als nichts anderes als eine kapitalistische Grünlandnahme bezeichnet Sarah Pansy, Klima- und Naturschutzsprecherin bei der KPÖ Plus, die Gesetzesnovelle. "Mit der neuen Gesetzesnovelle können Chalet-Dörfer in Naturschutzgebiete gebaut werden, sobald eine PV-Anlage am Dach ist", nennt Pansy ein plakatives Beispiel. Beim Umgang mit der LUA sieht sie durch den Einsatz externer Sachverständiger zudem eine Form der Entdemokratisierung. "Was wir auch bemerkenswert finden, ist, dass gerade die Parteien, die sich groß Heimat auf die Fahne schreiben, den Investoren den roten Teppich ausrollen, die dann unser Land zubetonieren."

Laut Berthold hatten die Oppositionsparteien vergangenen Donnerstag ein Gespräch mit der für den Naturschutz zuständigen LH-Stv. Marlene Svazek (FPÖ). Die Kritikpunkte seien nochmals vorgebracht worden und Svazek zudem gefragt worden, ob sie sich im Klaren sei, welche Auswirkungen im Detail dieses Gesetz haben würde. "Sie war sehr neutral und hat gesagt, dass sie sich alle Stellungnahmen ansehen und dann entscheiden wird", so Berthold.

Vorhaben noch kein Thema im Salzburger Landtag

Die Begutachtungsfrist für die beiden Gesetzesvorhaben ist bereits zu Ende. "Insgesamt sind 22 Stellungnahmen eingelangt", sagte Svazek-Sprecher Dom Kamper am Dienstag zur APA. Der Entwurf hätte bereits bei der vergangenen Landtagssitzung eingebracht werden können. Das ist allerdings nicht passiert, was Naturfreunde-Geschäftsführer Hannes Augustin als Indiz dafür sieht, dass bei dem Gesetz noch nicht "alles eitel Wonne" sei.

(Quelle: salzburg24)

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