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Sonntags-Talk

"Die Welt dreht sich langsamer unter Wasser"

Umwelttaucher Sascha Krüger über Salzburgs Seemüll

Neben der üblichen Tauchausrüstung haben Sascha Krüger und seine Kollegen bei ihren Einsätzen auch immer Müllnetze mit dabei. Denn: Der 33-Jährige aus Viehhausen bei Wals (Flachgau) ist als tauchende Müllabfuhr in ganz Salzburg unterwegs. Im Sonntags-Talk spricht der Umwelttaucher über kuriose Funde – vom Diebesgut bis zu Badewannen – und wo in Salzburg ganz besondere Unterwasser-Erlebnisse warten.

Wals-Siezenheim

SALZBURG24: Vor kurzem habt ihr beim Waldbad Anif 20 Kilo Müll aus dem Wasser geholt. Ist das viel oder eher Durchschnitt?

SASCHA KRÜGER: Dafür, dass an einem so kleinen See großteils Plastikbecher und anderer Kleinmüll von Badegästen zu finden ist, ist das schon nicht wenig. Aus dem Grundlsee haben wir Ende Juni über 300 Kilo Müll geholt. Da waren aber zwölf Autoreifen und auch Eisenteile mit dabei.

Bedarf gibt es leider mehr als genug. Müll suchen brauchen wir definitiv nicht. Mit Ende des Jahres dürften wir von Beginn an gerechnet insgesamt fünf Tonnen an Abfall aus den Seen gefischt haben. Wir haben allerdings erst einen Bruchteil der Salzburger Seen abgesucht. Durch die Strömungen taucht auch immer wieder Neues auf, das schon länger im See liegt.

Was macht man an einem regnerischen Vormittag? Ganz einfach - man geht Mülltauchen, weil nass wird man ja sowieso......

Gepostet von Österreichische Umwelt und Abfalltaucher - Landesgruppe Salzburg am Sonntag, 7. Juli 2019

Was findet ihr alles?

Ich würde mal sagen, alles außer etwas Wertvolles (lacht). Wir haben schon Badewannen, Auto- und Bootsbatterien gefunden. Aber auch uralte Ölfässer, Liegestühle und Teppiche. In Ufernähe großteils aber Flaschen, Dosen und Verpackungen.

Man findet wirklich alles, was auch oft erschreckend ist. Besonders ärgern mich aber Plastikflaschen, die mit Steinen gefüllt sind. Das ist einfach pure Absicht. Es hat uns aber auch noch keiner, den wir dabei gesehen haben, erklären können, warum er das tut.

Gab es auch ein paar kuriose Dinge?

Das wirklich kurioseste, das wir gefunden haben, waren drei sogenannte Cash-Boxen aus Spiel- oder Wettautomaten. Im ersten Moment ist uns dabei ein bisschen warm geworden unter Wasser. Was wird da jetzt wohl drinnen sein? Leider waren sie aber aufgebrochen und leer. Der Polizei haben wir es trotzdem gemeldet. Ob es sich wirklich um Diebesgut gehandelt hat, wissen wir nicht.

Wir haben aber auch schon eine Granate aus dem Wasser geholt. Da mussten dann auch die Polizei und der Entminungsdienst kommen.

Wie läuft ein Müll-Tauchgang ab?

Wir haben uns dazu eine Vorrichtung gebastelt. Diese ähnelt einem Mülleimer mit Ring und Deckel oben. Darin spannen wir ein Netz ein und tauchen den Grund ab. Es wird rasch relativ schwer, wenn zum Beispiel mehrere Glasflaschen darin sind. Das ist schon auch ein enormer Kraftaufwand.

Pro Clean-Up schaffen wir etwa eine Fläche von 200 Metern mal 200 Metern, je nach Bodenbeschaffenheit und Vermüllung. Im Schnitt hält die Luft einer Flasche für 60 bis 90 Minuten.

Seit wann gibt es die Salzburger Umwelttaucher?

Uns gibt es inzwischen seit fünfeinhalb Jahren. Seither wachsen wir, was das Team anbelangt, aber auch das Einsatzgebiet vergrößert sich laufend über die Salzburger Landesgrenzen hinaus.

Begonnen haben wir zu viert, aktuell sind wir 16 Taucher. Wir sind lauter Ehrenamtliche. Ich bin der Überzeugung, Umweltschutz muss kostenlos sein. Finanziert wird der Verein durch eine Förderung des Landes. Die deckt das Gröbste ab. Aber Ausrüstung verwendet jeder die Eigene. Pro Einsatz sind etwa sechs bis neun Leute mit dabei.

Wie oft seid ihr im Einsatz?

Wir haben zwischen acht und zwölf Einsätze pro Jahr. Heuer haben wir noch vier Tauchgänge geplant.

Erstes Clean Up am Grundlsee Von 22. bis 23. Juni fand in der schönen grünen Steiermark das erste Clean Up am Grundlsee...

Gepostet von Österreichische Umwelt und Abfalltaucher - Landesgruppe Salzburg am Montag, 24. Juni 2019

Warum engagierst du dich als Abfalltaucher?

Es hat sicher damit zu tun, dass mir sauberes Wasser und eine saubere Umwelt im Generellen ein wichtiges Anliegen sind. In Medienberichten und Dokumentationen geht es jedoch immer um die Verschmutzung der Meere. Man braucht aber gar nicht so weit schauen. Bei jedem Tauchgang in einem der Salzburger Seen findet man Müll, der herumliegt. Ein Großteil des Mülls ist seit Jahren oder gar Jahrzehnten im Wasser. Früher hat man seinen Abfall oft einfach vergraben oder eben im See entsorgt. Nun beginnt sich das alles zu zersetzen. Es ist also höchste Zeit, etwas zu tun. Denn Fische fressen die kleinen Plastikteilchen, weil sie einfach nicht wissen, was es ist. Das konnte ich leider auch schon beobachten, dass Barsche die Fetzen anknabbern.

Es ist aber nicht nur der Umweltgedanke. Herumliegender Müll schädigt unsere schöne Landschaft auch optisch. Davon abgesehen, können zerbrochene Glasflaschen in Ufernähe für Badegäste und Taucher gefährlich sein.

Was macht die Faszination am Tauchen für dich aus?

Das Tauchen hat mich mit Sicherheit persönlich verändert. Es ist komplett anders als an der Oberfläche, die Welt dreht sich sozusagen langsamer. Es ist ein Hobby, das mich total entspannt. Es ist absolut ruhig unter Wasser. Es kann niemand reden, es gibt keinen Lärm. Zumindest bei uns, weil in den Salzburger Seen recht wenig Bootsverkehr ist. Die Unterwasserwelt hat etwas sehr Meditatives. Ich kann es wirklich nur jedem empfehlen, das einmal auszuprobieren.

Wo ist der für dich schönste Tauchspot in Salzburg?

Puh, das ist ganz schwer. Jeder See hat seine Eigenheit. Ich würde nach Sommer und Winter unterscheiden. Im Winter hat man gute Sichtweiten, weil das Wasser durch die Kälte kristallklar ist. Da sind Steilwände, wie etwa im Wolfgangsee die Falkensteinwand, sehr interessant. Das ist wirklich imposant, wie sie komplett senkrecht nach unten geht. Bei mir ist bei höchstens 30 bis 40 Metern Schluss (schmunzelt).

Im Sommer ist zum Beispiel ebenfalls am Wolfgangsee die Fürbergbucht wunderschön. Da sind immer sehr viele Fische unterwegs. Aber auch der Grundlsee in der Steiermark ist toll. Der Hallstättersee ist im Gegenzug ein bisschen gruselig, weil er sehr dunkel ist. Ab einer Tiefe von 18 Metern, auch bei Sonnenschein, ist es stockfinster – Nacht sozusagen. Das hat schon was, wenn du im Sommer bei Sonnenschein in die völlige Dunkelheit abtauchst.

Wie stark kühlt sich das Wasser dabei ab?

Durch die Dunkelheit sinkt auch die Wassertemperatur drastisch. Beispielsweise am Attersee in Oberösterreich hatten wir kürzlich an der Oberfläche etwa 23 Grad, in einer Tiefe von fünf Metern waren es 21 Grad und dann geht es relativ flott. Die unterschiedlichen Temperaturbereiche kann man unter Wasser als Schichten erkennen. In 30 Meter Tiefe war das Wasser nur mehr sechs Grad warm oder kalt – je nach dem. Ohne Neoprenanzug würde ich da jedenfalls nicht tauchen. Im Sommer wäre es von der Temperatur her zum Mülltauchen zwar angenehmer, aber das Wasser ist dann trüber und wir sehen nichts. Da müssten wir den Grund wirklich absuchen. Erst im September geht es für uns dann am Wolfgangsee wieder weiter.

Lieber Sascha, vielen Dank für das Gespräch!

Sonntags-Talk auf SALZBURG24

Wir veröffentlichen jeden Sonntag ein Interview mit besonderen Menschen aus Salzburg – egal ob prominent oder nicht. Wir freuen uns über eure Vorschläge an nicole.schuchter@salzburg24.at.

(Quelle: SALZBURG24)

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