Propagandavideos am Handy

16-Jähriger kommt wegen "IS"-Beteiligung hinter Gitter

Veröffentlicht: 09. November 2022 14:02 Uhr
Ein 16-jähriger ist heute, Mittwoch, bei einem Prozess in Salzburg wegen Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung und wegen Anleitung zur Begehung einer terroristischen Straftat zu 18 Monaten unbedingter Haft verurteilt worden. Der Schüler war geständig.
SALZBURG24 (tp)

Der Bursch soll von August 2021 bis Sommer 2022 gewaltverherrlichende Videos des "Islamischen Staates" (IS) auf Online-Plattformen geteilt, IS-Propagandamaterial hergestellt und Baupläne für Sprengsätze gepostet haben. Er wurde am späten Nachmittag zu 18 Monaten unbedingter Haft verurteilt.

Das Urteil des Schöffensenates am Landesgericht Salzburg ist nicht rechtskräftig, weil der Staatsanwalt keine Erklärung dazu abgegeben hat. Der beschuldigte, bisher unbescholtene Tschetschene war damit einverstanden. Er wurde auch wegen Beteiligung an einer kriminellen Organisation verurteilt. Der Strafrahmen reichte für den Jugendlichen bis zu fünf Jahren Haft.

IS-Propaganda geteilt

Der in Salzburg geborene, bisher unbescholtene Tschetschene, soll Videos über Hinrichtungen zum Teil auch via Telegram versandt haben. Im Internet geteilt hat er der Anklage zufolge auch sogenannte salafistisch-dschihadistische "Naschids" und "Kampf-Anaschids". Es handelt sich dabei um religiöse Gesänge im Rap-Stil, die den Dschihad und das Töten von "Ungläubigen" lobpreisen. Diese Lieder werden vom IS für Propagandazwecke und zur Mobilisierung genutzt.

Die Justiz hält den Angeklagten immer noch für gefährlich. Das war auch daran ersichtlich, dass vier vermummte Justizwachebeamte den zierlichen 16-Jährigen in den Gerichtssaal führten und dort während des Prozesses überwachten. Vor dem Saal fanden sich einige Polizisten ein.

Hausdurchsuchung in Salzburg

Auf die Spur des Beschuldigten kamen US-Bundespolizisten, die das Internet nach radikalislamistischen Inhalten durchforsteten. Nach einer Hausdurchsuchung am 29. Juni 2022 und einer ersten Durchsicht des sichergestellten Mobiltelefons und des Computer des Schülers wurde der damals 15-Jährige festgenommen. Am 30. Juni wurde die Untersuchungshaft wegen Flucht- und Tatbegehungsgefahr verhängt.

Die Auswertung der sichergestellten IT förderte viel belastendes Material ans Tageslicht. Auf dem Handy des Verdächtigen wurden 1.578 Videodateien gefunden, davon hatten 270 Dateien einen direkten Bezug zum IS, bei 388 Dateien handelte es sich um radikale Naschids. Der Staatsanwalt sagte, es sei dem Jugendlichen sogar ein Selbstmordanschlag zuzutrauen gewesen. Der 16-Jährige gestand heute ein, dass er damals überlegt habe, für den IS in den Krieg zu ziehen. Jetzt wolle er das aber nicht mehr.

Kontakt mit Terrororganisation

Der Angeklagte schilderte, er habe den ersten Kontakt mit der Terrororganisation im Alter von 14 Jahren gehabt. Ein Unbekannter habe auf Instagram ein Gespräch mit ihm über den IS begonnen und ihm Propaganda-Videos geschickt, zur "Abhärtung". Zu sehen waren auf den Videos auch Hinrichtungen. Zunächst habe er dem noch widersprochen, sei dann aber überzeugt worden. "Ich habe sie mir öfters angesehen. Der Schock ist weniger geworden. Die Getöteten wurden als Verbrecher angesehen", sagte der 16-Jährige. Die Gehirnwäsche habe offensichtlich funktioniert, stellte die vorsitzende Richterin fest.

Nachdem der Staatsanwalt zu Prozessbeginn rund eine halbe Stunde über die Gräueltaten des IS referiert hatte, dehnte er die Anklage noch um zwei Fakten aus. Der Beschuldigte habe sogar noch in der U-Haft in der Justizanstalt Salzburg propagandistisches Material hergestellt. Im Juli wurde eine salafistische Parole in der Zelle im offenen Jugendbereich vorgefunden. Im Oktober habe er Skizzen von

Faustfeuerwaffen, Sturmgewehren, Sprengstoffen und Messern angefertigt und die Enthauptung seines ehemaligen Verteidigers gezeichnet. "Es geht wieder um das Köpfen einer Person, um das Fußballspielen mit einem Kopf. Warum zeichnen sie so etwas?", fragte die Richterin. "Ich habe mich geärgert, ich habe übertrieben", antwortete der Teenager. "Das ist mir jetzt peinlich."

Urteil wohl noch am Mittwoch

Was die Zukunft des Burschen betrifft, ließ der Verteidiger Optimismus durchblicken. Der Angeklagte habe das Potenzial, dass er aus der "IS"-Gedankenwelt "wieder herauskommt". Auf die Frage der Richterin, wer ihn dabei unterstützen könne, nannte der Angeklagte das Jugendcoaching, die Bewährungshelferin und einen Freund, der sich gut auskenne und wisse, welche Fehler der IS mache. Er habe die Neue Mittelschule abgeschlossen und möchte nun den IT-Zweig einer HTL besuchen.

Vermutlich wird noch heute ein Urteil gesprochen.

(Quelle: apa)

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