Welt

15 Prozent der Volksschüler schaffen Bildungsstandards nicht

Volksschüler brachten bessere Werte
Veröffentlicht: 31. März 2016 20:22 Uhr
Die Schüler der 4. Klasse Volksschule haben bei der Überprüfung der Bildungsstandards 2015 im Fach Deutsch im Schnitt bessere Ergebnisse erreicht als bei der Ausgangstestung 2010. Allerdings haben 15 Prozent der Schüler in mindestens drei der vier Bereiche - Leseverständnis, Textproduktion, Sprachbetrachtung, Hören - die Standards nicht erreicht. Groß sind die Unterschiede nach sozialen Gruppen.

Für die Standarderhebung wurden alle rund 75.000 Schüler der vierten Klasse Volksschule an zwei Tagen je rund eineinhalb Stunden getestet. Unter anderem waren Lückendiktate zu schreiben, ein Speed-Lesetest zu meistern, Texte zu verfassen und Verständnisfragen zu Texten zu beantworten. Im zentralen Bereich Lesen erreichten die Schüler diesmal einen Mittelwert von 523 Punkten. Der Ausgangswert bei der sogenannten "Baseline-Testung" 2010 war auf 500 Punkte festgelegt worden. Die Leistungen haben sich seither also verbessert.

13 Prozent erreichen dabei die Standards aber nicht - sie haben Mühe mit den einfachsten Leseaufgaben. 25 Prozent schaffen die Standards teilweise: Sie verstehen also Texte mit geringer inhaltlicher, struktureller und sprachlicher Komplexität, finden Informationen direkt im Text, ordnen Inhalte folgerichtig zu und können einfache Schlüsse ziehen. 56 Prozent erreichen die vorgegebenen Lernziele, könne also etwa Informationen in unterschiedlichsten Textarten erkennen, miteinander vergleichen und verknüpfen bzw. den inhaltlichen Gesamtzusammenhang eines Textes verstehen und nicht ausdrücklich genannte Sachverhalte erfassen sowie Gelesenes mit Vorwissen verknüpfen. Weitere sechs Prozent übertreffen diese Anforderungen sogar.

Die meisten Probleme hatten die Kinder beim Verfassen von Texten: In jeder der vier abgefragten Dimensionen (Inhalt, Aufbau, sprachliche Angemessenheit, sprachliche Richtigkeit) erreichte "mehr als die Hälfte der Kinder die Anforderungen an die schriftliche Kommunikation maximal teilweise". Bei der sprachlichen Richtigkeit hatten sogar 70 Prozent der Kinder Schwierigkeiten - somit erreichten (oder übertrafen) also nur 30 Prozent die Lernziele. Ein Vergleich mit 2010 ist hier nicht möglich - dieser Bereich wurde neu entwickelt.

Die Direktorin des Bundesinstituts für Bildungsforschung (Bifie), Claudia Schreiner, sah bei der Präsentation des Berichts am Donnerstagnachmittag vor allem in diesem Bereich Handlungsbedarf. "Es ist aber auch weniger besorgniserregend als es auf den ersten Blick aussieht." Teste man die Schüler etwa isoliert im Bereich Rechtschreibung ab, könnten sie die Wörter oft richtig schreiben: "Wenn sie sich aber auf etwas anderes konzentrieren müssen, also das Verfassen von Texten, haben sie Probleme." Das zeige etwa auch, wie die Pädagogen im Unterricht mit dem Verfassen von Texten umgehen: "Die Schüler werden im Unterricht dazu gebracht, kreativ zu sein, Worte auszuprobieren, weniger auf Fehler zu schauen."

Positiver sieht es bei der Sprachbetrachtung (also vor allem Grammatik) aus: 68 Prozent erreichten die Bildungsstandards hier, sieben Prozent übertrafen sie. Zwölf Prozent schafften die Standards nicht, 13 Prozent teilweise. Ähnlich beim Hörverstehen: Hier erreichten 60 Prozent die Regelstandards, drei Prozent übertrafen sie. 26 Prozent schafften sie teilweise, elf Prozent nicht. Bei der Grammatik gab es eine Verbesserung um 24 Punkte gegenüber 2010, der Bereich Hörverstehen wurde neu konzipiert.

Kombiniert man alle vier Bereiche, haben 29 Prozent die Standards in allen erreicht bzw. übertroffen. 25 Prozent erreichten bzw. übertrafen sie in drei Bereichen, 14 Prozent in zwei Bereichen (und zusätzlich in ein oder zwei teilweise). 15 Prozent gehörten zur schlechtesten Gruppe und schafften die Standards in drei Bereichen nicht bzw. in zwei Bereichen nicht und in mindestens einem nur teilweise.

Je nach Gruppenzugehörigkeit zeigten sich bei den Tests große Unterschiede. Kinder aus Akademikerhaushalten erreichten zwischen rund 100 und 120 Punkten mehr als Kinder von Eltern mit maximal Pflichtschulabschluss. Das entspreche in etwa drei Lernjahren, so Schreiner.

Etwas geringer war der Unterschied zwischen Kindern mit bzw. ohne Migrationshintergrund: Hier lagen die Unterschiede zwischen 39 (Rechtschreiben) und 77 Punkten (Hörverstehen). Deutsche wurden dabei aufgrund der gleichen Sprache nicht zu den Migranten gezählt. Vergleicht man nur Migrantenkinder aus der gleichen sozialen Schicht, reduzierten sich die Unterschiede auf 15 (Rechtschreiben) bis 51 Punkte (Hören). Beim Teilbereich Lesen gehören zehn Prozent der "einheimischen" Kinder (insgesamt 6.000) zur Risikogruppe (Bildungsstandards nicht erreicht), aber 27 Prozent der Kinder mit Migrationshintergrund (insgesamt 4.000).

Die Leistungsdifferenz zwischen Buben und Mädchen betrug 31 Punkte. Beim Lesen gehören zehn Prozent der Mädchen, aber 16 Prozent der Burschen zur Risikogruppe. Umgekehrt fallen vier Prozent der Burschen und acht Prozent der Mädchen in die Gruppe der Spitzenleser. Auffällig dabei: Die Leistungsunterschiede gab es zwar in allen Kompetenzbereichen - sie waren aber in den Schreib-Disziplinen höher als beim Hören.

Die regionalen Unterschiede sind nur "moderat" und haben "praktisch geringe Bedeutsamkeit". Tendenziell schneiden in den einzelnen Testbereichen Wien und Vorarlberg am schlechtesten und das Burgenland (außer beim Hörverstehen), Salzburg sowie Nieder- und Oberösterreich am besten ab.

Die geringen Bundesländerunterschiede sind für die Studienautoren nicht überraschend: "Substanzielle Unterschiede sind aufgrund der zentralen Steuerung (bundesweit gültiger Lehrplan, bundesweit einheitliche Bildungsstandards, bundesweit gesteuerte Lehrerausbildung) auch nicht zu erwarten." Dennoch waren die Voraussetzungen durchaus unterschiedlich. So hatten etwa 44 Prozent der Schüler in Wien einen Migrationshintergrund (Deutsche herausgerechnet), aber nur zehn Prozent in Kärnten.

Betrachtet man allerdings anstatt des Mittelwerts die beiden Extrempole (Bildungsstandards übertroffen bzw. nicht erreicht), sind schon eher Unterschiede auszumachen. So gibt es im Burgenland und in Salzburg besonders wenige Risikoleser (je zehn Prozent), während in Wien 18 Prozent mangelnde Lesekompetenz aufweisen. Umgekehrt sticht Wien mit einem Anteil von sieben Prozent bei den Spitzenlesern am anderen Ende des Leistungsspektrums ebenso hervor. Dies sei auf die "heterogen zusammengesetzte Schülerpopulation in Wien zurückzuführen". Ähnlich sieht es bei der Sprachbetrachtung aus, wobei hier Niederösterreich besonders viele leistungsstarke Schüler aufweist.

Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) will die Ergebnisse der Bildungsstandard-Erhebungen zum Anlass nehmen, beim Finanzausgleich eine Neuverteilung der Ressourcen für die Schulen anzustreben. "Wir sollten über eine Sozialindexierung sprechen", so die Ministerin. Dies würde bedeuten, dass etwa Schulen mit vielen Kindern aus benachteiligten Schichten mehr Mittel bekommen. Generell zeige sich aber, dass man mit den im Zuge der Bildungsreform angedachten Maßnahmen auf dem "absolut richtigen Weg" sei - etwa mit dem Ziel eines zweiten verpflichtenden Kindergartenjahrs und dem Bildungskompass, so Heinisch-Hosek.

Alles anderes als begeistert sind die Oppositionsparteien über die Ergebnisse bei den Bildungsstandard-Tests im Fach Deutsch. Der Grüne Bildungssprecher Harald Walser empfindet sie als "schockierend", für NEOS-Chef Matthias Strolz ist es "inakzeptabel", dass 70 Prozent der Zehnjährigen das angepeilte Rechtschreibungs-Niveau nicht erreichen.

(Quelle: salzburg24)

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