Helfer berichteten, das Flugzeug sei in zwei Teile zerbrochen. Viele Leichen lägen auf dem Boden, andere Opfer säßen noch angeschnallt in ihren Sitzen. In den Trümmern klingelten zahlreiche Mobiltelefone, die vermutlich den Insassen gehörten. Am Zielflughafen St. Petersburg warteten dem russischen Fernsehen zufolge Angehörige verzweifelt auf weitere Informationen.
Laut Agentur Interfax befanden sich an Bord 217 Passagiere und sieben Besatzungsmitglieder. Bei dem Unglück kamen den Behörden zufolge 24 Kinder ums Leben. Die meisten Opfer seien Russen, einige andere Passagiere stammten vermutlich aus der Ukraine und aus Weißrussland, hieß es. Präsident Wladimir Putin erklärte den Sonntag zum nationalen Trauertag.
Die ägyptischen Behörden gehen nach Angaben aus Sicherheitskreisen von einem technischen Defekt aus, ein Terroranschlag wurde ausgeschlossen. Der ägyptische Ableger der Jihadistengruppe "Islamischer Staat" (IS) behauptete hingegen später auf dem Kurznachrichtendienst Twitter für die Tat verantwortlich zu sein. Ziel der Kämpfer seien russische "Kreuzfahrer" an Bord des Flugzeugs gewesen. "Dank Gottes Hilfe wurden sie alle getötet."
Russland fliegt Luftangriffe in Syrien, wo der IS weite Landesteile unter Kontrolle hat. Das Flugzeug war zudem auf der Sinai-Halbinsel zerschellt, in der auch Anhänger des IS operieren.
Das Moskauer Verkehrsministerium erklärte jedoch, die Darstellung eines Abschusses sei unzutreffend. Hinweise auf einen technischen Defekt hielt die russische Flugaufsicht allerdings auch nicht für ausreichend und sprach von äußeren Einflüssen oder Fehlern der Crew.
Nach Angaben der ägyptischen Behörden wurden Flugschreiber und Stimmenrekorder der Maschine mittlerweile geborgen und sollen in Moskau ausgewertet werden. Putin und Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi hätten dies in einem Telefonat besprochen.
Der russische Militärexperte Igor Korotschenko sagte, für den Abschuss einer Maschine in rund 10.000 Meter Höhe besitze der IS wohl nicht die nötigen Waffen. "Was höher fliegt als etwa 4.500 Meter, ist für sie ziemlich sicher nicht erreichbar", erläuterte er.
Die Lufthansa und die Air France-KLM kündigten indes an, vorerst nicht mehr über die Sinai-Halbinsel zu fliegen. So lange die Absturzursache nicht geklärt sei, werde die ägyptische Halbinsel aus Sicherheitsgründen umflogen, sagte eine Lufthansa-Sprecherin. Auch eine Vertreterin von Air France erklärte, dieser Luftraum werde vorsorglich gemieden. Die AUA ändert nach eigenen Angaben hingegen keine Route, da sie den Sinai nicht überfliegt.
Rettungskräfte fanden Trümmerteile des Airbus 321 in der Gebirgsregion nahe dem Al-Arish-Flughafen im Norden des Sinai, wie die ägyptische Flugunfallbehörde mitteilte. Der Kontakt zu dem Airbus sei bereits 23 Minuten nach dem Start abgerissen, erklärte das Luftfahrtministerium. Gerüchte, wonach der Pilot versucht haben soll, in Al-Arish notzulanden, wurden von offizieller Seite zunächst nicht bestätigt.
Psychologen betreuten die Hinterbliebenen am Flughafen von St. Petersburg, wo der Airbus um die Mittagszeit hätte landen sollen. Den Behörden zufolge sollen die Angehörigen an der Unglücksstelle auf der Sinai-Halbinsel Abschied nehmen können. Ein Großteil der Region ist wegen Terrorgefahr allerdings Sperrgebiet.
Die russische Fluggesellschaft Kolavia als Besitzer der Unglücksmaschine schloss menschliches Versagen als Grund für den Unfall aus. Mit 12.000 Flugstunden sei der Pilot sehr erfahren gewesen. Die Maschine habe über alle nötigen Zertifikate verfügt, sagte ein Sprecher. Der mehr als 18 Jahre alte Airbus hatte Moskauer Medien zufolge seit 1997 mehrere Besitzer, unter anderem im Libanon. Flug 9268 wurde vom Subunternehmen MetroJet durchgeführt.
Hochrangige Politiker mehrere Staaten - darunter US-Außenminister John Kerry, die deutsche Kanzlerin Angela Merkel und EU-Ratspräsident Donald Tusk - sprachen Putin in einem Telefonat ihr Beileid aus.
Der russische Wetterdienst Rosgidrometa teilte mit, in der Region hätten keine schwierigen Flugbedingungen geherrscht. "Es gibt etwas Bewölkung, die Sicht beträgt sechs bis acht Kilometer", sagte ein Mitarbeiter.
Branchenberichten zufolge besuchten im vergangenen Jahr etwa drei Millionen Russen Ägypten - dies sei die größte ausländische Gruppe gewesen, hieß es. Reisebüros locken mit günstigen Pauschalangeboten und dem guten politischen Verhältnis zwischen Kairo und Moskau. Da westliche Touristen wegen mehrerer Terroranschläge und der derzeitigen autoritären Regierung das Land meiden, sind russische Gäste für die ägyptische Tourismusbranche von großer Bedeutung.
(Quelle: salzburg24)