Nach der E-Control-Definition waren 2012 rund 290.000 Menschen von Energiearmut betroffen - Haushalte mit nicht einmal 900 Euro verfügbarem Monatseinkommen (200 Euro unter der Armutsgefährdungsgrenze) und mit 180 statt 99 Euro monatlich um fast 80 Prozent höheren Energiekosten als sie der Durchschnittsösterreicher hat, wie Boltz am Donnerstag vor Journalisten erläuterte.
EU-Daten kamen für 2012 auf 263.000 Personen bzw. rund 116.000 Haushalte (für 2013 auf 230.000 Menschen in 102.000 Haushalten), doch sei das aus SILC-Umfragedaten abgeleitet, bei denen die Befragten subjektiv antworteten. Die Analyse der 2012 betroffenen 263.000 zeige, dass diese - mit 1.400 Euro netto Haushaltseinkommen - weder wirklich arm seien noch unbedingt hohe Energiekosten hätten, denn die lägen mit 94 Euro sogar niedriger als der Österreich-Schnitt. Die EU- und E-Control-Zahlen seien zwar recht ähnlich, es gehe aber um einen ganz anderen Personenkreis. Obendrein müssten Armut und Energiearmut auseinandergehalten werden, "wir können ja nicht die thermische Sanierung über die Sozialsysteme finanzieren".
Am meisten wäre den "Energiearmen" aus Sicht von Boltz durch eine Energieberatung geholfen, wie sie ihren Verbrauch senken und ihre Wohnung besser isolieren könnten oder welche Geräte sie austauschen sollten. Bei der Isolierung lasse sich oft in einigen Stunden mit wenig Geld viel bewerkstelligen. In Skandinavien etwa werde bei der Energiekostensenkung angesetzt, "dort ist Energiearmut überhaupt kein Thema". Eine laufende finanzielle Unterstützung, die es als Heizkostenzuschüsse oder Teilbefreiung von den Ökostromzuschlägen (für alle von den ORF-Gebühren Befreiten) gebe - alles zusammen rund 35 Mio. Euro jährlich in Österreich - sei "nur die zweitbeste Hilfe".
Der E-Control-Vorstand hofft hier auch sehr stark auf die Energieversorger, die ja ohnedies die vom Energieeffizienzgesetz vorgegebenen Einsparmaßnahmen bei ihren Kunden zu 40 Prozent im Haushaltssektor setzen müssen. "Ich hoffe doch, dass die Energieversorger einiges tun werden bei der Energieberatung", doch sei eventuell die Kommunikation mit energiearmen Menschen schwieriger als mit Bessergestellten.
Hier könnte eine Energieeffizienzgesetz-Novelle einen "Schub" bringen, glaubt Boltz: Es könnten Einsparleistungen bei Energiearmuts-Haushalten um 25 oder 50 Prozent stärker angerechnet werden als bei anderen Kunden. Dazu bedürfe es aber einer in Österreich allgemein anerkannten Definition für "Energiearmut". Die fehle, obwohl sich der Begriff sogar im Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz (ElWOG) finde.
Generell wird der Stützungsbedarf wohl eher zunehmen, schätzt Boltz. Nicht bei Gas, dort gebe es beim Preis ohnedies vorübergehend eine Entlastung. Aber bei Strom - zwar nicht beim Commodity-Preis selbst, aber durch Gebühren und Abgaben, die eher steigen würden, "wir bauen ja ein recht teures System über die Ökostrom-Förderung auf". Die Stromkosten würden also in nächster Zeit doch steigen. Und die schwache Konjunktur werde die Arbeitslosigkeit und damit die Stützungsbedürftigkeit wachsen lassen.
Strom- und Gasabschaltungen wegen Zahlungsverzug gab es voriges Jahr in Österreich 30.000 und 8.500, also in jeweils rund 0,7 Prozent der heimischen Haushalte. Das sei etwa das gleiche Niveau wie in Deutschland und eigentlich eine geringe Zahl, so Boltz im Vorfeld einer Energiearmut-Tagung des Regulators im Austria Center Vienna (ACV).
Die Chancen für die Einrichtung eines Fonds zur Finanzierung von Energieeffizienzberatungen und Einmalinvestitionen - finanziert durch EVU -, für den sich Boltz schon vor einem Jahr stark gemacht hat, schätzt er heute auch nur mit "50 zu 50" ein. Der sei zwar zum Energieeffizienzgesetz diskutiert, aber nicht realisiert worden. Abgesehen von punktuellen positiven Aktivitäten wie dem Verbund-Stromhilfefonds der Caritas gebe es hier nicht viel. Eventuell komme aber ein "Anschub" aus den Erfahrungen Wiens; die Bundeshauptstadt zahlt ja keine Heizkostenzuschüsse mehr aus, sondern hat sich 2013 dazu entschlossen, die Wiener Energieunterstützung anzubieten, um nachhaltig und treffsicher das ganze Jahr über bei drohender Energiearmut reagieren zu können.
(Quelle: salzburg24)