Russischer Oppositionsführer

Alexej Nawalny laut Gefängnisverwaltung tot

Veröffentlicht: 16. Februar 2024 12:32 Uhr
Der russische Oppositionsführer Alexej Nawalny, der zuletzt eine jahrelange Haftstrafe in einer Strafkolonie verbüßte, ist tot. Das teilte die Gefängnisverwaltung am Freitag mit. Nawalny soll nach einem Spaziergang zusammengebrochen sein.
SALZBURG24 (mem)

Der russische Oppositionsführer Alexej Nawalny ist tot, teilte die Gefängnisverwaltung heute mit. Aus dem Kreml hieß es, man habe "keine Information über die Todesursache". Es würden aber alle erforderlichen Untersuchungen durchgeführt. Erst diese Woche hatte es Berichte gegeben, dass Nawalny bereits zum 27. Mal für eine Dauer von 15 Tage in Einzelhaft gebracht worden sei.

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Wie es in der Gefängnismitteilung hieß, fühlte sich Nawalny nach einem Spaziergang am Freitag "unwohl". Er habe dann "fast sofort das Bewusstsein verloren". Die alarmierten Ärzte hätten es nicht geschafft, den Häftling wiederzubeleben. Nawalnys Pressesprecherin sagte, dass sie den Tod nicht bestätigen könne. Der Anwalt des Oppositionsführers sei auf dem Weg zum Gefängnis.

Nawalny in Video noch "fröhlich, gesund und munter"

Unabhängige russische Medien veröffentlichten kurz nach dem Tod Nawalnys ein Video, das den Oppositionellen während eines Gerichtstermins am Donnerstag zeigen soll. Nur einen Tag vor seinem Tod habe Nawalny den Umständen entsprechend noch "fröhlich, gesund und munter" gewirkt, schrieben etwa die Journalisten des Kanals "Sota" am Freitag auf Telegram. Dazu zeigten sie einen rund 30 Sekunden langen und tonlosen Clip, auf dem zu sehen ist, wie Nawalny spricht und lächelt. Er war demnach per Videoschaltung in den Gerichtssaal zugeschaltet.

Der russische Friedensnobelpreisträger Dmitri Muratow bezeichnete den Tod Nawalnys als "Mord". Er sei der Ansicht, dass die Haftbedingungen zu Nawalnys Ableben geführt hätten, sagt der Jounalist zur Nachrichtenagentur Reuters. Oppositionspolitiker Boris Nadeschdin sagte, er bete dafür, dass sich die Informationen über seinen Tod als unwahr erweisen würden. "Nawalny ist einer der talentiertesten und mutigsten Menschen Russlands", schrieb er auf dem Kurzmitteilungsdienst Telegram. Dem Kriegsgegner Nadeschdin war ein Antreten bei der russischen Präsidentenwahl im März verweigert worden.

Nawalnys Team kann Tod nicht bestätigen

Aus dem Team Nawalny hieß es, man könne den Tod nicht bestätigen. "Die russischen Behörden haben ein Geständnis publiziert, dass sie Alexej Nawalny im Gefängnis getötet haben. Wir haben keine Möglichkeit, das zu bestätigen." Sein Anwalt Leonid Solowjow sagte der kremlkritischen Zeitung "Nowaja Gaseta": "Auf Entscheidung von Alexej Nawalnys Familie kommentiere ich überhaupt nichts."

Giftanschlag auf Kreml-Kritiker Nawalny

Der 47-Jährige hat eine jahrelange Haft in einer Strafkolonie verbüßt. Verurteilt wurde Nawalny unter anderem wegen Extremismus, er hat den Vorwurf stets bestritten. Seine politische Bewegung wurde verboten, enge Mitarbeiter wurden inhaftiert oder flohen ins Ausland. Das Regime von Kreml-Chef Wladimir Putin hatte im Jahr 2020 versucht, ihn mittels eines Giftanschlags aus dem Weg zu räumen. Auf internationalen Druck wurde Nawalny nach Deutschland gebracht, wo er in der Berliner Charité behandelt wurde.

Nach seiner Genesung entschloss sich Nawalny zur Rückkehr nach Russland, wurde aber am 17. Jänner 2021 noch auf dem Moskauer Flughafen verhaftet. Im vergangenen Dezember war der als politischer Gefangener eingestufte Politiker über mehrere Wochen verschwunden. Im Nachhinein erwies sich, dass die Justiz ihn aus dem europäischen Teil Russlands in ein Straflager im hohen Norden Sibiriens verlegt hatte. Nawalny vermutet, dass er dort vor der Präsidentenwahl im März möglichst isoliert werden soll.

Wer war Alexej Nawalny?

Alexei Anatoljewitsch Nawalny war ein russischer Jurist, Dokumentarfilmer, Antikorruptions-Aktivist, Dissident, Oppositionspolitiker und seit 2009 Blogger. 2020 wurde ein lebensgefährlicher Giftanschlag auf ihn verübt. Er war seit 2021 inhaftiert und musste eine langjährige Gefängnisstrafe absitzen.

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Aufsehenerregende Todesfälle und Politmorde in Russland

Immer wieder gab es in Russland in der Vergangenheit Morde und Anschläge mit politischem Hintergrund. Eine Übersicht der aufsehenerregendsten Todesfälle und Politmorde in Russland:

  • Der Kreml-Gegner Alexander Litwinenko wurde 2006 mit dem radioaktiven Gift Polonium-210 in London ermordet. Die britische Justiz sieht es als bewiesen an, dass die Spur der mutmaßlichen Hintermänner in hohe politische Kreise in Moskau führt. Russland weist dies zurück.
  • Die Journalistin Anna Politkowskaja machte sich als Kritikerin der Kriege in Tschetschenien einen Namen. Am 7. Oktober 2006 - dem 54. Geburtstag des russischen Präsidenten Wladimir Putin - wurde sie vor ihrer Wohnung in Moskau erschossen. Nach langen Ermittlungen wurden ein Ex-Polizist als Drahtzieher und ein Tschetschene als Mörder verurteilt. Politkowskajas Familie und Ex-Kollegen vermuten ein politisches Motiv und fordern eine Suche nach den Hintermännern.
  • Die Menschenrechtlerin Natalia Estemirowawurde 2009 in der Konfliktregion Nordkaukasus erschossen aufgefunden. Mit Berichten über das Verschwinden von Zivilisten in dem Gebiet hatte sie sich wiederholt den Zorn der moskautreuen Machthaber zugezogen. Obwohl der Kreml eine Untersuchung zusagte, ist die Tat weiter nicht aufgeklärt.
  • Die Journalistin Anastassija Baburowa und der Menschenrechtsanwalt Stanislaw Markelow wurden 2009 auf der Straße in Moskau erschossen. Für die Tat wurden ein Rechtsextremist und eine Komplizin zu langen Haftstrafen verurteilt. Sie hatten ihre Schuld bestritten.
  • Der Oppositionspolitiker und frühere Vizeregierungschef Boris Newmzow wurde im Februar 2015 nachts in Sichtweite des Kremls erschossen. Die Anklage geht von einem Auftragsmord aus, seine Familie vermutet Hintermänner in der Führung der Teilrepublik Tschetschenien.
  • Der Chef der russischen Söldner-Gruppe Wagner, Jewgeni Prigoschin, kam im August 2023 bei einem Flugzeugabsturz in Russland ums Leben. Zwei Monate zuvor hatte der frühere Koch und Verbündete von Präsident Wladimir Putin im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine einen kurzzeitigen Aufstand gegen die russische Militärführung organisiert.
  • Kreml-Kritiker Alexej Nwalny überlebte im August 2020 einen Anschlag mit dem Nervengift Nowitschok. Nach seiner Genesung kehrte er im Jänner 2021 nach Moskau zurück. Nach der Landung wurde er umgehend festgenommen und saß seither im Straflager.

(Quelle: salzburg24)

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