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Amtsmissbrauch-Anklage gegen Justizwachebeamten

Veröffentlicht: 16. Februar 2018 13:36 Uhr
Ein Wiener Justizwachebeamter ist von der Staatsanwaltschaft St. Pölten wegen Amtsmissbrauchs angeklagt worden, weil er bei der Suche nach einem gefährlichen, aus dem Zuständigkeitsbereich der Sonderstrafanstalt Göllersdorf (Bezirk Hollabrunn) geflüchteten Psychopathen helfen wollte. Für seinen Anwalt Nikolaus Rast ist das Vorgehen der Justiz "in diesem Fall absolut nicht nachvollziehbar."

"Dafür, dass der Beamte seiner Dienstpflicht nachgekommen ist, wird er nun vor den Kadi gezerrt", meinte Rast am Freitag im Gespräch mit der APA. Der Prozess gegen den bisher unbescholtenen Beamten, der auf eine erstklassige Dienstbeschreibung verweisen kann, findet Anfang April am Wiener Landesgericht für Strafsachen statt.

"Horror-Hans" kehrte von Spaziergang nicht zurück

Der zur Anklage gebrachte Justizwachebeamte wohnt ganz in der Nähe der Justizanstalt Göllersdorf, in die der als "Horror-Hans" amtsbekannte Mann im Juli 2011 vom Wiener Landesgericht für Strafsachen als psychisch kranker und zurechnungsunfähiger, aber brandgefährlicher Gewalttäter eingewiesen wurde. Der paranoid Schizophrene hatte wenige Monate zuvor in der Justizanstalt Wien-Josefstadt eine dort beschäftigte Psychiaterin als Geisel nehmen wollen, indem er die junge Ärztin mit selbst gebastelten Stichwaffen bedrohte. Als ihr ein Wachebeamter zu Hilfe kam, stach der Häftling den Mann nieder. Der Justizwachebeamte erlitt lebensgefährliche Verletzungen.

In Göllersdorf soll sich der Zustand von "Horror-Hans" aufgrund einer zweijährigen Intensivtherapie gebessert haben. Weil seine Wahnvorstellungen angeblich abklangen, wurde er 2015 in eine Pflegeeinrichtung in der Steiermark verlegt. Dort kehrte er am 8. Juni 2016 von einem genehmigten Spaziergang nicht mehr zurück.

Beamter wollte bei Suche nach "Horror-Hans" helfen

Das entnahm der Wiener Justizwachebeamte, der auf Basis der gegen ihn gerichteten Anklageschrift nun um seine berufliche Existenz fürchtet, den Medien. Weil er den entflohenen Häftling von früher kannte - er hatte beruflich mit diesem mehrfach Kontakt -, sich aber nicht mehr an dessen Aussehen erinnern konnte, rief er im Vollzugsinformationssystem (IVV) die Daten des Mannes ab. Er hielt eine zufällige Begegnung für denkbar, wie Verteidiger Rast betont: "Er wollte sich das aktuelle Aussehen des Häftlings einprägen und beim 'Wiedereinfangen' behilflich sein."

Recht auf Datenschutz des Häftlings verletzt

Damit soll der Beamte den Häftling vorsätzlich in dessen Recht auf Datenschutz geschädigt haben, weil er - wie es in der Anklageschrift heißt - im Wissen um den damit verbundenen Befugnismissbrauch "ohne dienstliches Interesse Einsicht in den Datensatz in der IVV nahm". Die St. Pöltner Anklagebehörde - das Ermittlungsverfahren war aus möglichen Befangenheitsgründen von Wien nach Niederösterreich delegiert worden - stützt sich dabei auf einen Erlass der - mittlerweile aufgelösten - Vollzugsdirektion vom Februar 2014, Judikatur des Obersten Gerichtshofs zum Abfragen personenbezogener Daten durch Beamte, das Datenschutzgesetz sowie - Zitat aus der Anklage - "klare Vorgaben des Bundesministeriums für Justiz".

Die Suche nach dem abgängigen "Horror-Hans" hatte sich wenige Tage nach seinem Verschwinden erübrigt. Ein Schwammerlsucher stieß in einem Waldstück in der Steiermark auf die Leiche des 61-Jährigen.

(APA)

(Quelle: salzburg24)

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