Russland bestätigte unterdessen am Freitag Angriffe auf Kiew, während sich UNO-Generalsekretär Antonio Guterres in der ukrainischen Hauptstadt aufhielt. Guterres bemüht sich um die Evakuierung des von russischen Truppen eingeschlossenen Stahlwerks in Mariupol.
Angriffe auf Kiew während Guterres-Besuch
Einen Tag nach dem Besuch von UNO-Generalsekretär Guterres in Kiew bestätigte Russlands Militär Angriffe auf die ukrainische Hauptstadt. Der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow, sagte am Freitag in Moskau, Hochpräzisionsraketen mit großer Reichweite hätten Fabrikgebäude des ukrainischen Raketenherstellers "Artem" getroffen. Den genauen Zeitpunkt der russischen Angriffe nannte er nicht.
Guterres: "Ich war geschockt"
Ukrainischen Angaben zufolge ereigneten sich die Angriffe am Donnerstagabend, als Guterres noch in der Stadt war. Dabei sei auch ein Wohnhaus getroffen worden. Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko berichtete am Freitag, dass aus den Trümmern eine Leiche geborgen worden sei. Zudem seien zehn Menschen verletzt worden. Guterres sagte dem britischen Sender BBC: "Ich war geschockt zu hören, dass in der Stadt, in der ich mich aufhalte, zwei Raketen explodiert sind."
Insgesamt zerstörten die russischen Luft- und Raumfahrtstreitkräfte nach Angaben aus Moskau in den vergangenen Stunden 112 Objekte der ukrainischen Armee, darunter vier Waffen- und Raketenlager im Gebiet von Mykolajiw. Die Angaben ließen sich nicht unabhängig überprüfen.
Putin fordert Kapitulation in Mariupol
Der russische Präsident Wladimir Putin verlangt von den im Stahlwerk Asowstal in Mariupol verschanzten ukrainischen Kämpfern, die Waffen niederzulegen. Putin habe es ganz klar gesagt: "Die Zivilisten können gehen und zwar in jede Richtung, die Militärs müssen rauskommen und ihre Waffen niederlegen", meinte Kremlsprecher Dmitri Peskow gegenüber der staatlichen Nachrichtenagentur TASS. Ihnen werde das Leben und medizinische Versorgung garantiert. Mehr aber nicht, hieß es.
Angriffe auf Stahlwerk Asowstal
Zuvor war bei einem russischen Angriff auf die im Stahlwerk Asowstal verschanzten letzten Verteidiger Mariupols das dort eingerichtete Feldlazarett unter schweren Beschuss geraten. Nach einem Bericht der "Ukrajinska Prawda" kam dabei am Donnerstagabend mindestens ein Soldat ums Leben, rund 100 Patienten erlitten weitere Verletzungen. Nach Darstellung der Verteidiger sei das Lazarett, in dem sich rund 500 Verwundete und Ärzte aufhielten, gezielt angegriffen worden. Die Angaben konnten nicht unabhängig überprüft werden.
Angriff auf Grenzübergang
An der Grenze zwischen der Ukraine und Russland wurde unterdessen nach russischen Angaben ein Grenzübergang von ukrainischer Seite aus angegriffen. "Gegen 8:00 Uhr (7:00 Uhr MESZ) wurde in der Ortschaft Krupez der Grenzübergang mit Granatwerfern beschossen", teilte der Gouverneur der westrussischen Region Kursk, Roman Starowoit, am Freitag in seinem Telegram-Kanal mit. Demnach gab es weder Schäden noch Verletzte. Die russischen Grenztruppen hätten das Feuer erwidert und den Beschuss damit gestoppt.
Russische Truppen stellen Angriffe vorläufig ein
Die russischen Streitkräfte stellten unterdessen nach ukrainischen Angaben ihre Bodenangriffe im Osten der Ukraine in der Nacht auf Freitag vorläufig ein. "In Richtung Isjum hat (der Feind) keine aktiven Angriffshandlungen durchgeführt", teilte der ukrainische Generalstab am Vormittag in seinem Lagebericht mit. Die russischen Kräfte beschränkten ihre Aktivitäten demnach auf Aufklärung und Artilleriebeschuss. Die Gegend um Isjum im Gebiet Charkiw war in den vergangenen Tagen die Hauptstoßrichtung der russischen Truppen. Durch den Vorstoß nach Süden sollten die ukrainischen Kräfte im Donbassgebiet eingekesselt werden.
Hohe Verluste bei Offensive in Donbass-Region
Die russischen Geländegewinne in der Donbass-Region sind nach Erkenntnissen britischer Geheimdienstexperten angesichts heftiger ukrainischer Gegenwehr beschränkt und mit hohen Verlusten verbunden. Das teilte das Verteidigungsministerium in London am Freitag mit.
Besonders heftig seien die Kämpfe um die Städte Lyssytschansk und Sjewjerodonezk mit einem versuchten Vorstoß von Isjum in Richtung Süden Richtung Slowjansk. Die Schlacht um die Donbass-Region bleibe weiterhin der strategische Fokus Russlands, um das ausgegebene Ziel der Kontrolle über die Verwaltungsbezirke Donezk und Luhansk zu erreichen, hieß es in der Mitteilung weiter.
Freiwillige Helfer in Gefangenschaft
Die russischen Streitkräfte nahmen unterdessen nach Angaben einer britischen Hilfsorganisation zwei ihrer freiwilligen Helfer in der Ukraine gefangen. Die Organisation Presidium Network teilte mit, die beiden Briten seien am Montag an einem Kontrollposten südlich von Saporischschja festgenommen worden. Laut der Organisation verteilten die beiden Männer, beides Zivilisten, im Rahmen eines humanitären Hilfsprojektes in der Ukraine Lebensmittel und Medikamente und halfen bei Evakuierungen.
Das britische Außenministerium gab zunächst keine Stellungnahme ab. "Das Außenministerium tut alles in seiner Macht stehende um die beiden Personen zu unterstützen und zu ermitteln", sagte die britische Handelsministerin Anne-Marie Trevelyan Sky News.
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(Quelle: apa)