Auch der Vorsitzende der Bau/Holz-Gewerkschaft und Nationalratsabgeordnete Beppo Muchitsch ortet ein Glaubwürdigkeitsproblem der SPÖ. Der Versuch, einen Spagat zu machen, um es allen recht zu machen, funktioniere nicht mehr, meinte er auf Anfrage der APA. Die sozialdemokratischen Gewerkschafter würden bei Betriebsrats- und AK-Wahlen weiter das Vertrauen genießen, aber der SPÖ selbst gelinge das nicht mehr.
Verantwortlich dafür sieht Muchitsch freilich auch die Konstellation mit einem Koalitionspartner, der es der SPÖ schwer mache. Dass er daher zu Rot-Blau raten würde, so weit geht der Gewerkschafter nicht, aber er meint, sich das rot-blaue "Pilotprojekt" im Burgenland sich jetzt einmal ansehen zu wollen.
Was die Spitzen der SPÖ angeht, meint Muchitsch, es brauche Politiker, die Glaubwürdigkeit ausstrahlten. Eine Demontage von Parteichef Werner Faymann fordert er damit nicht. Solange niemand anderer glaubwürdig vor den Vorhang trete und offen sage, die Partei übernehmen zu wollen, sei Faymann "unser Chef".
Pessimistisch blickt Muchitsch der Wahl in Wien entgegen: "Ich bezweifle, dass wir einen schönen Wahl-Sonntag haben werden." Die einzige Hoffnung für die SPÖ sei, dass sich das ganze in den kommenden zwei Wochen noch mehr zu einem Duell zwischen Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) und FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache zuspitze.
Ein besseres Ergebnis als in Oberösterreich erwartet sich dagegen Babler im Gespräch mit der APA in Wien. Denn die Wiener Stadtpartei habe "etwas, das man als einen Kurs bezeichnen kann". Darunter versteht der Traiskirchener Bürgermeister etwa den Plan der Wiener SPÖ, wieder mit dem Bau von Gemeindebauten zu beginnen.
Der Bundespartei attestiert Babler, dem von Abstiegsängsten bedrohten Mittelstand bzw. den schon von Armut Betroffenen keine Antworten zu liefern sondern in Beliebigkeit zu verharren. Es gebe überhaupt keine Gestaltungskraft, vor allem in sozialen Fragen. So werde keinerlei Arbeitsmarkt-Politik gestaltet.
Was Oberösterreich betrifft, kommt für Babler hinzu, dass sich in der Funktionärsriege über die Jahre Enttäuschung angesammelt habe. Gerade die oberösterreichischen Arbeitnehmer-Vertreter hätten immer wieder für Vermögenssteuern geworben und nach den Wahlen seien diese trotz aller Ankündigungen der SPÖ dann nie gekommen.
Offenbar wenig angetan von der Wahlanalyse vieler seiner Parteifreunde nach dem Urnengang in Oberösterreich ist Tirols SPÖ-Chef Ingo Mayr. Man habe eine "tolle Ausrede" parat, wenn man behaupte, die Flüchtlingskrise habe die Wahl entschieden, sagte Mayr am Montag. Wie die SPÖ-"Rebellen" der Gruppe "Kompass" ortete er eine fehlende klare Linie in sozialen Fragen.
Die Seniorenvertreter von SPÖ und ÖVP sehen die Ursache der Verluste ihrer jeweiligen Parteien auch in der Regierungsarbeit. Allerdings betreffe dies nicht nur die Flüchtlingsproblematik, meinte Karl Blecha (SPÖ) am Montag bei einer Pressekonferenz. Sein ÖVP-Pendant Andreas Khol sprach von einer "Denkzettel-Wahl".
Die Ursachen für die groben Verluste der ÖVP hatten mit der Landespolitik nur sehr entfernt zu tun, nahm Khol seinen Parteikollegen, den oberösterreichischen Landeshauptmann Josef Pühringer, in Schutz. Es habe sich um eine "Denkzettel-Wahl in alle Richtungen" gehandelt, sieht er die Ursache für die starken Zugewinne aber nicht nur in der derzeitigen Flüchtlingsproblematik. Pühringer habe recht, wenn er meint, dass er nun eine Zeche zahlen müsse, wo er nichts konsumiert habe.
Auch Blecha sieht das Thema Asyl nicht als einzigen Verursacher des Wahldebakels für SPÖ und ÖVP in Oberösterreich. "Das Wahlergebnis und die Verluste der Regierungsparteien sind nicht allein mit der Flüchtlingsproblematik zu begründen", meinte er, auch wenn diese einen bereits bestehenden Trend verstärkt habe. "Es gibt schon seit längerem in der Bevölkerung Unzufriedenheit mit der Regierungsarbeit", richtete Blecha den Parteispitzen aus.
(Quelle: salzburg24)