Vier Tage nach dem Attentat ist die Suche nach dem Fahrer des Anschlagsfahrzeugs auf Europa ausgedehnt worden. Es sei nicht davon auszugehen, dass sich die Person noch in Katalonien aufhalte, sagte ein Vertreter der katalanischen Regierung am Montag. Bereits am Sonntag wollte der katalonische Polizeichef Josep Lluis Trapero nicht ausschließen, dass sich der Gesuchte ins Nachbarland Frankreich abgesetzt hat.
Anschlag: 15. Todesopfer bestätigt
Die Zahl der Todesopfer der Terroranschläge in der spanischen Region Katalonien ist offiziell auf 15 gestiegen. Unter den Toten seien sechs Spanier, drei Italiener, zwei Portugiesen, eine Belgierin, ein US-Amerikaner, ein Kanadier und ein Kind mit australisch-britischer Nationalität, erklärte das katalanische Justizministerium am Montag. Sieben Frauen und acht Männer wurden bei dem Anschlag in Barcelona und bei dem späteren Terroreinsatz in Cambrils vergangene Woche getötet, zwei sind Kinder.
Es gelte inzwischen als erwiesen, dass der flüchtige Attentäter Younes Abouyaaquoub nach seiner Terrorfahrt am Donnerstag in Barcelona einen 34-jährigen Spanier erstochen habe, sagte der katalanische Innenminister Joaquim Forn am Montag.
Spanische Behörden identifizieren Fahrer
Der 22-jährige Younes Abouyaaqoub gilt als Hauptverdächtiger. Aller Wahrscheinlichkeit nach habe er am Donnerstag auf der Fußgängerzone La Rambla gezielt Passanten überfahren, sagte der katalanische Innenminister Joaquim Forn dem Sender Catalunya Radio am Montag.
Zwölfköpfige Terrorzelle soll hinter Attacken stecken
Die Behörden gehen davon aus, dass die Attacken in Barcelona und Cambrils von einer islamistischen Terrorzelle mit zwölf Mitgliedern verübt wurden. Sie stammten aus dem kleinen Ort Ripoll am Fuße der Pyrenäen. Dort wurden sie laut Medienberichten von dem aus Marokko stammenden Imam Abdelkadi Es Satty radikalisiert. Demnach könnte der Imam auch Kopf der Zelle sein: Nach Informationen von "El País" hielt er sich in den vergangenen zwei Jahren im Brüsseler Vorort Machelen sowie in Frankreich auf.
Möglicherweise stand Es Satty auch in Kontakt mit einem Anführer der Jihadistenmiliz Islamischer Staat (IS), berichtete das Blatt. Auch Abouyaaquoubs Familie in Marokko warf dem Imam vor, den 22-Jährigen, seinen Bruder sowie die anderen jungen Marokkaner radikalisiert zu haben. Dagegen sagte der Vorsteher der Moschee in Ripoll, der rund 40-Jährige habe sich völlig unauffällig verhalten. Möglicherweise aber habe er ein Doppelleben geführt.
Von Es Satty fehlt seit Dienstag jede Spur. Am Samstag durchsuchte die Polizei seine Wohnung in Ripoll, am Montag weitete sie die Durchsuchungen auf weitere Wohnungen aus. Die Ermittler vermuten, dass Es Satty möglicherweise am Mittwoch gemeinsam mit mindestens einem weiteren Verdächtigen bei der Explosion eines Hauses in Alcanar umkam.
Vier Festnahmen, höchstwahrscheinlich zwei Tote
Fünf Mitglieder der Terrorzelle wurden in Cambrils erschossen, vier kurz nach der Tat festgenommen - sie sollen voraussichtlich am Dienstag dem zuständigen Ermittlungsrichter in Madrid vorgeführt und verhört werden. Nach drei weiteren werde gefahndet, sagte Trapero. Allerdings seien zwei von ihnen "mit größter Wahrscheinlichkeit tot" - denn nach einer Explosion am Mittwoch seien in den Trümmern eines Hauses in Alcanar die Überreste von mindestens zwei Menschen gefunden worden.
Die Explosion steht offenkundig in direktem Zusammenhang mit dem Anschlag in Barcelona und dem vereitelten Angriff in Cambrils. In dem Haus hatte die Terrorzelle 120 Gasflaschen gehortet. Damit sollten nach Vermutung der Ermittler ein oder mehrere noch größere Attentate verübt werden als jenes vom Donnerstag, das möglicherweise nur der improvisierte Plan B war.
Experte: "IS nicht so schwach, wie zuletzt behauptet"
Die Mutter des Hauptverdächtigen Abouyaaqoub appellierte an ihren Sohn, sich zu stellen. "Mir ist es lieber, er kommt ins Gefängnis, als dass er stirbt." Der Vater von zwei der in Cambrils getöteten Terroristen versicherte in der Zeitung "La Vanguardia", er habe von der Radikalisierung seiner Söhne nichts gewusst. "Ich weiß nicht, was sie meinen Söhnen in den Kopf gesetzt haben. Aber ich kann versichern, dass es gute, normale Kinder waren."
Nach Ansicht des Terrorexperten Guido Steinberg muss Europa weiterhin mit verheerenden Attentaten der Terrororganisation IS rechnen, die sich auch zum Anschlag in Barcelona bekannte. Zwar habe die Qualität der Anschlagspläne nachgelassen, weil die Extremisten in ihren Kerngebieten in Syrien und im Irak unter Druck geraten seien, sagte der Mitarbeiter der Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP). Die Vorgänge in Katalonien zeigten aber, dass der IS nicht so schwach sei, wie von einigen zuletzt behauptet.
Sobotka will Sicherheitsmaßnahmen überprüfen
In Deutschland heizte der Anschlag von Barcelona die Debatte um mehr Schutz vor Terroristen und um die Sicherung deutscher Großstädte vor Attacken mit Fahrzeugen an. In Österreich will Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) bestehende Sicherheitsmaßnahmen überprüfen. Besonders im Hinblick auf mögliche Anschläge mit Fahrzeugen sollen gemeinsam mit Landespolizeidirektionen und lokalen Behörden "maßgeschneiderte Lösungen" für den öffentlichen Raum gefunden werden, um Risiken zu minimieren, sagte ein Sprecher am Freitag zur APA.
In Italien entschied die Präfektur von Rom am Wochenende, Fußgängerzonen auf der Grundlage der Sicherheitserkenntnisse nach den Anschlägen in Barcelona, Nizza, Stockholm, Berlin und London zusätzlich zu schützen.
(APA/dpa/ag.)
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(Quelle: salzburg24)