"Wir haben den falschen Mann", zitierte die deutsche Tageszeitung "Die Welt" am Dienstag aus nicht näher genannten "ranghohen Sicherheitskreisen". Die Berliner Polizei rief per Twitter zur Wachsamkeit auf: "Der festgenommene Tatverdächtige streitet derzeit die Tat am #Breitscheidplatz ab. Wir sind daher besonders wachsam. Seien Sie es bitte auch."
Der Chef des Bundeskriminalamtes (BKA), Holger Münch, sagte, die Polizei sei weiter "hoch alarmiert". Es sei noch unklar, ob der Angriff auf den Weihnachtsmarkt einen islamistischen Hintergrund habe. Kanzlerin Angela Merkel nannte es "besonders widerwärtig", sollte ein Flüchtling die Tat begangen haben.
Verdächtiger wieder frei
Der zunächst festgenommene Verdächtige ist wieder frei. Die bisherigen Ermittlungsergebnisse hätten keinen dringenden Tatverdacht gegen den Beschuldigten ergeben, teilte die Bundesanwaltschaft am Dienstagabend in Karlsruhe mit.
Der Mann habe in seiner Vernehmung umfangreiche Angaben gemacht, eine Tatbeteiligung jedoch bestritten. Augenzeugen hätten den Lastwagenfahrer nach dem Anschlag nicht lückenlos verfolgt, die kriminaltechnischen Untersuchungen hätten außerdem keinen Beleg erbracht, dass der Mann im Führerhaus des Lastwagens gewesen sei.
Der Mann, der den Anschlag verübt hat, dürfte somit noch auf freiem Fuß sein.
Beifahrer erschossen
Ein Schwerlaster fuhr am Montag um 20.02 Uhr in eine Budengasse des Weihnachtsmarktes an der Gedächtniskirche, die als ein Wahrzeichen Berlins bekannt ist. Zwölf Menschen wurden getötet, darunter der ursprüngliche Fahrer des aus Polen stammenden und vermutlich gestohlenen Lkw. Er sei als Beifahrer in der Fahrerkabine erschossen worden, sagte Frank. Verletzt wurden laut Bundesanwaltschaft 45 Personen, davon 30 schwer. Von den Getöteten waren bis zum Nachmittag nach Angaben der Behörden sechs Menschen identifiziert worden. Alle seien deutsche Staatsbürger.
Polizei bestätigt Zweifel
Die Ermittler wareb sich nach Angaben des Berliner Polizeipräsidenten Klaus Kandt tatsächlich nicht sicher, ob der nach dem Anschlag auf einen Weihnachtsmarkt Festgenommene der Fahrer des Todes-Lkw war. "Es ist in der Tat unsicher, dass es der Fahrer war", sagte Polizeipräsident Klaus Kandt am Dienstag.
Nach Worten von Innenminister Thomas de Maiziere (CDU) bezweifeln die Behörden allerdings nicht mehr, dass es sich um einen Anschlag handelte.
23-Jähriger streitet Tat ab
Der Fahrer bei dem Anschlag flüchtete nach der Tat. Kurz vor 21.00 Uhr wurde ein Verdächtiger gefasst, bei dem es sich laut Sicherheitskreisen um einen 23-Jährigen aus Pakistan handelt. De Maiziere zufolge war er am 31. Dezember 2015 eingereist und registriert worden. Im Februar sei er in Berlin aufgetaucht, wo er in einer Flüchtlingsunterkunft lebte.
Am Dienstagmittag verbreitete die Polizei aber Zweifel, dass der Mann der Gesuchte sei. "Möglicherweise haben wir noch einen gefährlichen Straftäter im Raum", sagte Berlins Polizeipräsident Klaus Kandt. Die Waffe, mit der der polnische Fahrer erschossen wurde, blieb nach Angaben der Behörden verschwunden.
Kein Bekennerschreiben von IS
Ein Bekenntnis der Extremistenmiliz Islamischer Staat gab es de Maiziere zufolge zunächst nicht. Laut BKA-Chef Münch war unklar, ob es einen islamistischen Hintergrund gibt. In zeitlicher Nähe zu einem solchen Anschlag sei mit einem erheblichen weiteren Attentatsrisiko zu rechnen, warnte er. Berlins Polizeichef Kandt sagte, die Lageeinschätzung sei unverändert: "Die Gefahr ist heute nicht größter, als sie gestern war."
Kritik an Flüchtlingspolitik
Den Anschlag nahmen verschiedene Politiker zum Anlass, die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung infrage zu stellen. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) sagte: "Wir sind es den Opfern, den Betroffenen und der gesamten Bevölkerung schuldig, dass wir unsere Zuwanderungs- und Sicherheitspolitik überdenken und neu ausrichten." De Maiziere entgegnete: "Heute ist nicht der Tag, über Konsequenzen zu sprechen." Die Chefin der rechtspopulistischen AfD, Frauke Petry, forderte, "dass unsere so unverantwortlich offen gehaltenen Grenzen endlich wieder kontrolliert werden". Schon im vorigen Jahr wurden Grenzkontrollen wieder eingeführt.
Merkel: "Tat wird hart bestraft werden"
Merkel sagte zu, die Tat werde "aufgeklärt werden in jedem Detail, und sie wird bestraft werden, so hart es unsere Gesetze verlangen". Es sei ein sehr schwerer Tag. Sie sei "entsetzt, erschüttert und tief traurig". Es sei von einem "terroristischen Anschlag" auszugehen. UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon verurteilte den Anschlag. Papst Franziskus zeigte sich erschüttert. Bundespräsident Joachim Gauck sagte: "Das war ein Angriff auf unsere Mitte, auf unsere Art zu leben."
Weihnachtsmärkte bleiben offen
Nach Beratungen der Innenminister wurde mitgeteilt, dass die Weihnachtsmärkte offen bleiben sollen. Nur in Berlin seien die Betreiber aufgerufen, die Weihnachtsmärkte aus Rücksichtnahme auf die Opfer und Angehörigen am Dienstag nicht zu öffnen. Die Berliner Polizei gab schon am späten Montagabend zunächst Entwarnung, dass keine weitere Gefahr bestehe.
(APA)
(Quelle: salzburg24)