Dafür müssten die Casinos die Lotterien zur Gänze übernehmen, sich also auch die restlichen 32 Prozent einverleiben. Diese 32 Prozent, die rund 200 Mio. Euro wert sein sollen, gehören jetzt der Lotto-Toto Holding (LTH), hinter der wiederum diverse Banken, Stiftungen und der ORF stehen.
Anstatt dass die Casag die Lotto-Anteile kauft, könnte die LTH in die Casag eingebracht werden, so Stoss' Plan. "Dann können sie immer noch entscheiden, wer verkauft oder drinbleibt."
Dem Casinos-Boss zufolge haben einige Banken und Versicherungen großes Interesse, ihre Anteile an den Lotterien bzw. den Casinos loszuwerden. Grund seien die strengeren Kapitalvorschriften für Finanzbeteiligungen, die nicht zum Kerngeschäft zählen (Basel III bzw. Solvency II).
Andere wollen dagegen eher aufstocken: Neben der ÖBIB vielleicht Teile der Medial und die Kirchenbank Schelhammer & Schattera, die seit Kurzem im Eigentum der Grawe steht, ihre Glücksspielanteile aber aus ethischen Gründen eigentlich seit Jahren loshaben wollte. Die Medial Beteiligungs-Gesellschaft m.b.H. ist mit 38 Prozent größte Casinos-Aktionärin, sie gehört Schelhammer & Schattera, der Donau Versicherung (VIG), dem vom Ex-ÖVP-Vizekanzler geführten Mühlenkonzern Leipnik Lundenburger (LLI) und der UNIQA. Stoss hofft, dass die neue Struktur bis Ende 2015 steht.
Einen neuen Lotterien-Vorstand brauche es nach dem Abgang von "Mr. Lotto" Friedrich Stickler mit Jahresmitte - er geht in Pension - nicht. "Es wird keine Ausschreibung geben", so Stoss. Sticklers Aufgaben übernehmen die übrigen Vorstände: Stoss selbst verantwortet die Casinos im In- und Ausland und ab nun auch den Bereich Services, Bettina Glatz-Kremsner die Lotterien samt Marketing und Dietmar Hoscher die Video Lottery Terminals (WINWIN-Automatensalons), tipp3 und Spielerschutz.
Stoss' Vertrag als Casinos-CEO läuft bis Ende 2016. Er will sich aller Voraussicht nach noch einmal bewerben. "Turbulente Zeiten machen das Leben spannend. Ich bin jetzt achteinhalb Jahre dabei und hätte noch einiges vor." Ob er sich vorstellen kann, weiterzumachen, wenn Novomatic seine Anteile an den Lotterien aufstockt? "Es ist kartellrechtlich ausgeschlossen, dass Novomatic über 24,9 Prozent kommt."
Grundsätzlich "fürchte ich Novomatic nicht". Stoss könnte sich vorstellen, im Ausland mit dem finanzstarken Partner gemeinsame Projekte durchzuführen. "Gemeinsam hätten wir eine fast vollständige Wertschöpfungskette." Im Inland jedoch "wüsste ich nicht, was uns die Novomatic zeigen könnte." Gespräche mit Novomatic-Eigentümer Johann Graf hat Stoss noch nicht geführt.
Auch gegen einen internationalen Eigentümer hätte Stoss nichts. Der Wiener Finanzinvestor Peter Goldscheider will ja, gemeinsam mit zwei bereits im Glücksspielgeschäft aktiven tschechischen Milliardären, 55 Prozent an den Casinos übernehmen. Deren gemeinsames Finanzvehikel Epic hat der Medial sowie der MTB Privatstiftung von Maria Theresia Bablik ein Angebot gelegt. "Wenn ich versuche, mich in deren Strategie hineinzuversetzen, kann ich mir vorstellen, dass wir gut hineinpassen würden." Der tschechische Milliardär Karel Komarek hat bereits den staatlichen Lotto-Monopolisten Sazka übernommen, außerdem ist seine Gruppe KKCG Großinvestor beim Investmentfonds Emma Delta, der den griechischen Spielanbieter OPAP kaufte. "Sie sind auch an der türkischen Lotterie dran", so Stoss.
Um Jobs in Österreich fürchtet der Casinos-Chef nicht. "Die Jobs sind abgesichert, weil wir die Verpflichtung haben, die Konzessionen zu erfüllen." Die Lizenzen für die Spielbanken und die Lotterien laufen noch 13 bis 15 Jahre. Aber natürlich sei das Casinogeschäft kapital- und personalintensiver als das Lotteriengeschäft, so Stoss.
Der Einstieg des Erzrivalen Novomatic bei den Lotterien war für Stoss genauso überraschend wie für die Miteigentümer. Harsche Kritik übt er am langjährigen Lotterien-Aufsichtsrat Erich Hampel, der den Deal eingefädelt hat.
"Mich stört die Art und Weise, wie hier vorgegangen wurde. Dass ein langjähriger Mitgesellschafter das quasi hinterrücks gemacht hat, ist nicht gerade als fair play einzustufen", so Stoss. Er spielt damit auf die B&C-Gruppe an, die u. a. von Hampel geführt wird. B&C hat die BAIH Beteiligungsverwaltungs GmbH, die die Lotterien-Anteile in Höhe von 7,94 hielt, an Novomatic weitergereicht.
Von Hampel, "jemand, der immerhin Vizeaufsichtsratspräsident der Österreichischen Lotterien ist und seit Anbeginn im Aufsichtsrat der Lotterien sitzt, hätte man ein anderes Vorgehen erwartet", sagte Stoss.
Frustriert seien auch die über Syndikatsverträge miteinander verbundenen Lotterien-Miteigentümer. "Ich weiß, dass Dr. Hampel im Vorfeld auch mit anderen Gespräche geführt hatte und ihnen die Anteile in die Hand versprochen hat."
Bestehende Miteigentümer fragten sich nun, ob die Übertragung der Anteile an Novomatic rechtmäßig war oder ob eventuell Vorkaufsrechte verletzt wurden. Eine klare Rechtsmeinung dazu habe er, Stoss, noch keine. Die Casinos, mit 68 Prozent größte Eigentümerin der Lotterien, werde zusammen mit den Mitgesellschaftern die Einleitung rechtlicher Schritte prüfen.
"Das mit der Verletzung ist ein sehr heikler Punkt. Ich nehme an, dass die Anteile nicht nur auf Zuruf gewandert sind, sondern dass auch Unterlagen weitergereicht wurden." Es sei jedoch Aufgabe eines Aufsichtsrats, im Sinne der Gesellschaft zu handeln - "nicht im Sinne seiner eigenen Gesellschaft, sondern im Sinne der Lotterien". Das ganze war auch Thema in den Aufsichtsräten von Casinos und Lotterien in dieser Woche.
Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) war nach den Worten Stoss' vom überraschenden Novomatic-Einstieg ebenso "sehr irritiert". Schelling will den staatlichen Anteil vom Casinos-Konzern von derzeit 33,2 Prozent aufstocken und die komplizierte Eigentümerstruktur bereinigen. "Wie arbeitet der neue Eigentümer der BAIH, sprich Novomatic, da mit?", fragt sich Stoss.
Der Casinos-Konzernchef findet die von Schelling angestrebte Verstaatlichung "überhaupt nicht retro", wie er sagt. Nachdem im März die Privatstiftung von Maria Theresia Bablik ihren knapp 17-prozentigen Anteil zum Verkauf gestellt hat, hätte auch jeder andere Miteigentümer - sie alle sind über Syndikatsverträge aneinander gebunden und haben Vorkaufsrechte - in die "Rolle des Fahnenträgers" schlüpfen können. "Jetzt sagt der Bund: Bereinigen wir die Struktur von Klein- und Kleinstaktionären und bündeln das ganze neu."
Finanzminister Schelling will die Casinos-Anteile, so er sie ob der Konkurrenz überhaupt aufstocken kann, später weiterverkaufen. A la longue will er dem Vernehmen nach über die Staatsholding ÖBIB mit 10 bis 25 Prozent am Glücksspielkonzern beteiligt bleiben.
(Quelle: salzburg24)