Welt

Das bringt 2019 für Europa

Veröffentlicht: 21. Dezember 2018 09:08 Uhr
Es ist ein "9er-Jahr", und entsprechend wird 2019 auch außenpolitisch viel umgerührt.Die Blicke ruhen aber vor allem auf der Europäischen Union, die erstmals schrumpft - und eine komplett neue politische Führung bekommt.

Wenn sich die Briten nicht doch im letzten Moment eines Besseren besinnen, ist es am 29. März so weit: Der Brexit wird Realität. Bis 21. Jänner will Premierministerin Theresa May ihren umstrittenen Brexit-Deal durch das Unterhaus bringen. Gelingt dies nicht, droht ein ungeordneter Austritt des Vereinigten Königreichs. Das von den EU-Befürwortern herbeigesehnte zweite Brexit-Referendum ist nämlich unwahrscheinlicher als ein Sturz Mays und vorgezogene Unterhauswahlen, bei denen die oppositionelle Labour Party das bessere Ende für sich haben könnte.

EU schließt Nachverhandlungen aus

Die EU-27 werden sich die Brexit-Turbulenzen weiterhin erste Reihe fußfrei ansehen, Nachverhandlungen schließt man diesseits des Ärmelkanals strikt aus. Politisch wird in der Europäischen Union im ersten Halbjahr kaum etwas weitergehen, was nicht nur an der wegen populistischer Politik und Übergriffen auf die Justiz umstrittenen rumänischen EU-Ratspräsidentschaft liegt, die am 1. Jänner von Österreich übernimmt.

Europa 2019 im Wahlkampfmodus

Europa startet das neue Jahr nämlich im Wahlkampfmodus, denn Ende Mai wird in den 27 verbleibenden EU-Staaten das Europaparlament neu gewählt. Die konservative Europäische Volkspartei (EVP) hat beste Chancen, ihre führende Rolle zu verteidigen, was aber vor allem an der Schwäche der Sozialdemokraten liegt. Erstmals dürften die beiden großen Parteienfamilien gemeinsam keine absolute Mehrheit in der Straßburger Volksvertretung mehr haben. Deutliche Zugewinne werden rechtspopulistischen Parteien vorhergesagt, die aber wohl weiter zerstritten bleiben dürften.

Großes Sesselrücken in Brüssel

Die Europawahl gibt auch den Startschuss für das große Sesselrücken in Brüssel, wählt das neue Europaparlament doch die künftige EU-Kommission. Der gesundheitlich angeschlagene Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker strebt kein zweites Mandat an, nachfolgen will ihm der bayerische Christsoziale Manfred Weber als EVP-Spitzenkandidat. Das System, wonach der Listenführer des bei der EU-Wahl siegreichen Parteienbündnisses Kommissionspräsident werden soll, hat diesmal aber einflussreiche Gegner - insbesondere in den Reihen der Liberalen, die sich als Zünglein an der Macht sehen. Nominiert wird der Kommissionspräsident voraussichtlich im Juni von den Staats- und Regierungschefs. Ihr Amt tritt die Brüsseler Behörde, in der jeder Staat einen Vertreter hat, am 1. November an.

Folgt Rutte auf Tusk?

Ebenfalls frei wird der Posten des EU-Ratspräsidenten, da Donald Tusk nach zwei Amtszeiten nicht noch einmal antreten darf. Als Favorit für die mit Dezember fällige Nachfolge wird der rechtsliberale niederländische Premier Mark Rutte genannt, der auch unter den konservativen Regierungschefs viele Unterstützer hat. Zu vergeben sind auch der Posten der EU-Außenbeauftragten sowie des EU-Parlamentspräsidenten. Politisch steht der Beschluss des EU-Mehrjahresbudgets für 2021 bis 2027 ganz oben auf der EU-Agenda, ein Beschluss soll unter finnischem Ratsvorsitz im zweiten Halbjahr erfolgen.

Viele Wahlen in Europa

Der Verlauf der EU-Personaldebatten wird nicht nur vom Ausgang der Europawahl abhängen, sondern auch von nationalen Wahlen. Belgien (spätestens Juni), Estland (März), Finnland (April), Dänemark (Juni), Griechenland und Portugal (Oktober) sowie Polen (November) wählen kommendes Jahr ihre Parlamente - und könnten danach neue Regierungen bekommen. Mit Spannung wird auch die weitere politische Entwicklung in den beiden führenden EU-Staaten Deutschland und Frankreich verfolgt, deren Regierungen deutlich an Autorität verloren haben. Während der französische Präsident Emmanuel Macron wegen Protesten gegen seine Sozialpolitik massiv unter Druck steht, muss die einst mächtigste Frau Europas, Kanzlerin Angela Merkel, ihre Macht seit Dezember mit der neuen CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer teilen.

Nationalratswahlen finden im Oktober auch in der Schweiz statt, deren Beziehungen zur EU in der Schwebe hängen. Brüssel hat den Eidgenossen nämlich eine Frist bis Juni gesetzt, einem neuen Rahmenabkommen zuzustimmen - oder das Scheitern der bestehenden bilateralen Verträge zu riskieren.

Weichenstellungen in Ukraine-Krise

Politische Weichenstellungen könnte es 2019 auch im Ukraine-Konflikt geben. Präsident Petro Poroschenko, der jüngst mit der Verhängung des Kriegsrechts wegen der Krise im Asowschen Meer die Muskeln spielen ließ, muss sich Ende März dem Wählervotum stellen. Seine schärfste Kontrahentin ist die Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko, der eine bessere Gesprächsbasis mit dem Kreml attestiert wird.

Hoffnungsschimmer in Syrien

In einem anderen langjährigen Konflikt gibt es einen kleinen Hoffnungsschimmer. Anfang 2019 sollen in Syrien ein Verfassungsausschuss erstmals tagen, der die politische Grundlage für eine Beendigung des im Jahr 2011 ausgebrochenen blutigen Bürgerkriegs schaffen soll. Bisherige Friedensgespräche waren im Sand verlaufen. Beobachter bezweifeln aber, dass das syrische Regime zu Kompromissen bereit ist, nachdem es seine Gegner mit Unterstützung Russlands und des Iran niederringen konnte.

(APA)

(Quelle: apa)

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