Denn nur wenige Stunden zuvor wurden neben dem "Cumhuriyet"-Chefredakteur Murat Sabuncu weitere Mitarbeiter der Zeitung festgenommen. Der Sender CNN Türk berichtete über insgesamt 13 Haftbefehle gegen Mitarbeiter der Zeitung. In einer am Montag veröffentlichten Stellungnahme der Strafbehörden geht hervor, dass seit August gegen die Journalisten ermittelt wird. Ihnen wird vorgeworfen, Verbindungen zu der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK und der Bewegung des Predigers Fethullah Gülen zu haben, den Ankara als Drahtzieher des Putschversuchs verdächtigt.
Die "Cumhuriyet"-Mitarbeiterin Ayse Yildirim las vor der Redaktion eine Erklärung vor: "Die 'Cumhuriyet' kann unmöglich mit der PKK und der Fetö zusammenarbeiten", betonte sie. Tatsächlich wurde von der AKP-Regierung immer wieder versucht, das Blatt in die Nähe der zwei als Terrorgruppen eingestuften Organisationen zu rücken. Doch diese Beschuldigungen liefen bisher ins Leere, da es keinerlei glaubwürdige Indizien dafür gab, dass die Zeitung sich mit den Gruppierungen jemals gemein machte.
Seit Juli 168 Medien in der Türkei geschlossen
Seit dem vereitelten Putsch am 15. Juli geht die Regierung massiv gegen kritische Journalisten vor. Die unabhängige Journalistenplattform P24 gibt an, dass nach dem Putschversuch 168 Medien und Verlage durch Notstandsdekrete geschlossen wurden. Noch am vergangenen Wochenende wurde die Schließung von 15, meist prokurdischen Medien, verfügt. Momentan seien rund 100 Journalisten in Haft. Rund 3.000 Journalisten hätten in den letzten Monaten ihre Arbeit verloren, sodass nun rund 10.000 Journalisten in der Türkei keinen Job haben.
Zwar ist die Pressefreiheit verfassungsrechtlich verankert. Doch seit dem Regierungsantritt der AKP 2002 hat sich die Situation für Journalisten insgesamt verschlechtert. Regierungskritische Medien haben es immer schwerer, die Zahl unabhängiger Medien ist in den letzten Jahren immer weiter zurückgegangen.
"Cumhuriyet": Eine der ältesten Zeitungen der Türkei
Auf der Rangliste der Pressefreiheit der Organisation Reporter ohne Grenzen landete die Türkei zuletzt auf Platz 151 von 180 Staaten. 2003, als der jetzige Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan das Amt des Ministerpräsidenten übernahm, befand sich die Türkei noch auf Rang 116, seitdem ging es immer für immer weiter bergab. Die "Cumhuriyet" war die letzte, große regierungskritische Tageszeitung, welche bisher noch nicht von der AKP-Regierung mundtot gemacht werden konnte.
Gegründet wurde die "Cumhuriyet" 1924, und zählt damit zu den ältesten Tageszeitungen in der Türkei. Nach eigenen Angaben erscheint die Zeitung landesweit mit einer Auflage von rund 50.000 Exemplaren. Das kemalistische und regierungskritische Blatt ist seit Jahrzehnten staatlichen Repressalien und politisch motivierten Attentaten besetzt.
Can Dündar und Erdem Gül verurteilt
Zuletzt erregten die Verurteilungen des "Cumhuriyet" -Chefredakteur Can Dündar und dessen Ankara-Korrespondent Erdem Gül für internationales Aufsehen. Staatspräsident Erdogan hatte die Journalisten persönlich angezeigt. Die beiden wurden für schuldig befunden, geheime Dokumente veröffentlicht zu haben, welche die türkischen Waffenlieferungen an Islamisten in Syrien 2015 belegen sollen. Die beiden wurden zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt, Dündar lebt mittlerweile im Exil in Deutschland. Er meldete sich am Montag auf Twitter, und schrieb die "letzte Festung" werde angegriffen.
Unter den am Montag Festgenommenen befindet sich auch Aydin Engin. Der 75-Jährige Journalist floh nach dem Militärputsch 1980 ins Exil nach Deutschland und kehrte erst 1992 nach Istanbul zurück, wo er seitdem lebte. Er wurde kürzlich in einem Interview gefragt, was der Unterschied zwischen diesem und den vorherigen Putschen sei. "Dass ich nicht in den Knast gewandert bin", antwortete Engin damals. Jetzt sitzt er im Gefängnis.
Der vor wenigen Wochen kurzzeitig festgenommene frühere "Hürriyet"-Journalist Bülent Mumay twitterte: "Eine Handvoll Menschen sind übrig, die sich wehren. Wir müssen zusammenfinden und uns wehren. Morgen könnte zu spät sein."
(APA)
(Quelle: salzburg24)