Der österreichische Verkehrsminister Jörg Leichtfried (SPÖ) hatte den Bundesrat in Berlin im Vorfeld der heutigen Abstimmung aufgefordert, das Projekt zu stoppen: Die Länderkammer müsse "die Reißleine ziehen und die diskriminierende Ausländermaut zu Fall bringen". Wie er zu Mittag in einer Pressekonferenz bekannt gab, wird Österreich beim Europäischen Gerichtshof eine Klage einbringen.
Leichtfried will "relativ zeitnah" gegen die Pkw-Maut beim EuGH klagen, weil die deutsche "Ausländermaut" gegen EU-Recht verstoße. Sobald die EU-Kommission das Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland einstelle, werde Österreich die Klage einbringen, kündigte der Verkehrsminister heute Freitag vor Journalisten an. "Diese Maut ist mit europäischem Recht nicht vereinbar. Es ist eine indirekte Diskriminierung aufgrund der Staatszugehörigkeit", so Leichtfried. Aus Sicht des Innsbrucker Europarechtsexperten Walter Obwexer ist auch die geänderte deutsche Maut immer noch diskriminierend, weil sie "de facto" nur für Pkw fällig wird, die nicht in Deutschland zugelassen sind. Das werde auch durch ökologische Elemente nicht wettgemacht, schreibt Obwexer in einem aktuellen Gutachten.
Streit um Pkw-Maut in Deutschland
Doch eine mögliche Anrufung des Vermittlungsausschusses fand heute in der Länderkammer keine Mehrheit. Nach jahrelangem Streit ist der Weg für die Einführung einer Pkw-Maut auf deutschen Autobahnen und Bundesstraßen frei. Der Bundesrat ließ am Freitag ein vom Bundestag beschlossenes Gesetzespaket passieren, mit dem die EU-Kommission grünes Licht für die "Infrastrukturabgabe" geben will.
Der deutsche Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) kann nun die nächsten Schritte für die bisher gestoppte Maut-Einführung angehen.
Verletzung von EU-Recht
Eigentlich war das zentrale Vorhaben der Christsozialen in der schwarz-roten Koalition schon 2015 beschlossen worden. Da Brüssel kurz darauf ein Verfahren wegen der Verletzung von EU-Recht gegen Deutschland eröffnete, wurden die Gesetze aber bisher nicht umgesetzt.
Zentraler Streitpunkt war der Vorwurf einer Benachteiligung von Fahrern aus dem Ausland, da nur Inländer für Mautzahlungen über eine Senkung der Kfz-Steuer wieder voll entlastet werden sollen. Dobrindt einigte sich aber im Dezember 2016 mit der EU-Kommission auf Änderungen am Modell.
Nachbesserungen bei Pkw-Maut
Diese Nachbesserungen sind nun beschlossene Sache. Konkret sollen die Preise der Kurzzeittarife für Fahrer aus dem Ausland stärker differenziert werden. Inländer mit abgasarmen Euro-6-Autos sollen als Ausgleich für Mautzahlungen um 100 Mio. Euro zusätzlich bei der Kfz-Steuer entlastet werden. Am angestrebten Ertrag von jährlich 500 Mio. Euro und der Vereinbarkeit mit EU-Recht gibt es weiterhin Zweifel. Starten soll die eigentliche Maut-Erhebung erst 2019.
Der Länderkammer lagen Empfehlungen der zuständigen Ausschüsse vor, den gemeinsamen Vermittlungsausschusses mit dem Parlament anzurufen. Dies hätte das Verfahren verzögern können.
Bundesregierung lehnt mautfreie Abschnitte ab
Die Länder hatten noch mautfreie Autobahn-Abschnitte in Grenzregionen gefordert, die Bundesregierung lehnt dies ab. Dobrindt hat angekündigt, nach Ende des Gesetzgebungsverfahrens eine europaweite Ausschreibung zu starten, mit der ein Betreiber für das Mautsystem gesucht wird.
(APA)
(Quelle: salzburg24)