Welt

Empörung in der EU über Aussagen Orbans zu Todesstrafe

Schulz (l.) bat Orban um klärendes Telefonat
Veröffentlicht: 29. April 2015 13:21 Uhr
Die Aussagen des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban über eine mögliche Wiedereinführung der Todesstrafe haben in der EU allgemeine Empörung ausgelöst. EU-Parlamentspräsident Martin Schulz forderte am Mittwoch eine Klärung der Äußerungen. Auch die ungarische Opposition kritisierte Orban heftig.

Schulz sagte in Straßburg, er habe im Büro des Premiers um ein Telefongespräch in der Sache gebeten. "Kein Land, das die Todesstrafe hat, kann Mitglied der Europäischen Union werden", stellte ein EU-Kommissionssprecher in Brüssel fest. "Für die EU ist die Todesstrafe niemals eine Antwort", betonte EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos in Straßburg. Der sozialdemokratische Fraktionsvizechef Jörg Leichtfried (SPÖ) bezeichnete eine Wiedereinführung als "komplett europarechtswidrig" und "barbarisch".

SPÖ-Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos forderte "klare Worte" von Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP). Er verlangte zudem einen Ausschluss von Orbans Partei Fidesz aus der Europäischen Volkspartei (EVP), der auch die ÖVP angehört. Der ÖVP-Europaabgeordnete Othmar Karas hatte sich bereits am Dienstagabend entsetzt über die Aussagen gezeigt: Das "darf in einem EU-Land nicht auf der Tagesordnung sein", teilte er in einer Aussendung mit.

Auch die linke Opposition in Ungarn zeigte sich durchwegs empört. Statt die Todesstrafe wiedereinzuführen, sollte man sich lieber um die Verbrechensprävention kümmern, sagte ein Abgeordneter der Sozialisten (MSZP). Die Demokratische Koalition (DK) von Ex-Premier Ferenc Gyurcsany und die linke Kleinpartei Együtt (Gemeinsam) warfen Orban vor, er habe der rechtsradikalen Partei Jobbik eine "Geste" erweisen wollen. Jobbik-Chef Gabor Vona selbst äußerte sich positiv zur Idee einer Wiedereinführung der Todesstrafe.

Ungarns rechtsnationaler Ministerpräsident hatte am Dienstag mit Verweis auf einen kürzlich erfolgten Mord an einer jungen Trafikantin gesagt, man müsse "die Todesstrafe auf der Tagesordnung behalten". Es habe sich nämlich gezeigt, dass die von seiner Regierung durchgesetzte Verschärfung des Strafrechts für eine Abschreckung ungenügend sei, sagte Orban.

Ungarn hatte die Todesstrafe 1990 abgeschafft und sich auch durch internationale Vereinbarungen verpflichtet, sie nicht wieder einzuführen. Seitdem war die Debatte darüber nach besonders schockierenden Verbrechen jedoch immer wieder neu aufgeflammt. Auch Orban hatte sich bereits 1998, während seiner ersten Amtszeit als Regierungschef (1998-2002), positiv zu einer "Diskussion" über die Todesstrafe geäußert. Im Mai 2002, nach einem brutalen Raubmord in einer Bank mit acht Toten, hatte er sogar gemeint, Ungarn müsste sich die Wiedereinführung der Todesstrafe "ernsthaft überlegen".

(Quelle: salzburg24)

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