Taiwan ist am Mittwoch von einem schweren Erdbeben erschüttert worden. Mit einer Stärke von 7,2 bebte die Erde so stark wie seit mindestens 25 Jahren nicht mehr in dem ostasiatischen Land. Laut der Regierung in Taipeh starben neun Menschen, mehr als 1.000 wurden verletzt. 48 Menschen werden vermisst, darunter auch 42 Mitarbeiter eines Hotels in einem Nationalpark. Nach ihnen wird mit Drohnen und Helikoptern gesucht. Laut Rettungskräften wurden Dutzende Menschen verschüttet.
Das Beben traf vor allem die dünn besiedelte Bergregion Hualien in der Nähe des Epizentrums, das vor der Ostküste des Inselstaates verortet wurde. Dort verbrachten viele Einwohner aus Angst vor Nachbeben die Nacht auf Donnerstag im Freien. Das Beben war auch in der Hauptstadt zu spüren. Dort stellte die U-Bahn kurz ihren Betrieb ein. Der Halbleiter-Riese TSMC, ein Zulieferer von Apple und Nvidia, evakuierte vorübergehend einige Fabriken.
Taiwans designierter Präsident vor Ort
Taiwans künftiger Staatspräsident Lai Ching-te machte sich ein Bild von den Folgen des Bebens. Vor einem eingestürzten Haus in Hualien drang er zur Eile bei der Rettung. Dies habe derzeit oberste Priorität. Lai, der im Mai sein Amt antreten soll, erklärte, die Zugverbindung in die Region Hualien werde am Donnerstag wieder aufgenommen.
Laut der Luftwaffe wurden sechs F-16-Kampfjets leicht beschädigt, dürften aber bald wieder einsatzbereit sein. Von einem Stützpunkt in Hualien werden immer wieder Jets zur Überwachung von Flugzeugen der Volksrepublik China losgeschickt. Die Führung in Peking betrachtet das demokratisch regierte Taiwan als eine abtrünnige Provinz, die Spannungen sind hoch.
Schwerste Erdbeben seit Langem
Das Beben ereignete sich gegen acht Uhr morgens Ortszeit, als viele Menschen sich gerade auf den Weg zur Arbeit oder zur Schule machten. "Es war das schwerste Erdbeben, das ich je erlebt habe", sagte die Betreiberin einer Pension in der Stadt Hualien. Sie habe sich sehr bemühen müssen, ihre verängstigten Gäste zu beruhigen.
Noch in der über 200 Kilometer entfernten Hauptstadt Taipeh waren die Erdstöße deutlich zu spüren. Die U-Bahn wurde vorübergehend evakuiert, der Betrieb aber bald wieder auf den meisten Linien aufgenommen. Auch Nachbeben wurden in Taipeh registriert. Das Erdbeben war chinesischen Staatsmedien zufolge auch auf dem chinesischen Festland zu spüren. Ein Reuters-Augenzeuge berichtete von Erschütterungen in Shanghai. Eine Tsunami-Warnung für Japan und die Philippinen wurde nach kurzer Zeit aufgehoben.
2.400 Menschen sterben bei Beben in 1999
Das letzte schwere Erdbeben in Taiwan ereignete sich der taiwanesischen Wetterbehörde zufolge 1999. Damals kamen 2.400 Menschen ums Leben. 50.000 Gebäude wurden zerstört oder schwer beschädigt. Es hatte eine Stärke von 7,6.
Unter den Verschütteten waren auch zwei Deutsche, die nach Angaben des Außenministeriums in Berlin mittlerweile aber gerettet werden konnten. "Die Lage ist aktuell noch unübersichtlich", sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amts. "Wir gehen allen Hinweisen, die wir haben, nach." Zwei Deutsche seien aus einem Tunnel befreit worden. Das Auswärtige Amt habe aber auch Kontakt zu anderen Gruppen von Deutschen - unter anderem zu einer Reisegruppe von 19 Personen, die ursprünglich als vermisst galten. "Ihnen geht es den Umständen entsprechend gut." Man stehe mit den zuständigen örtlichen Behörden im fortlaufenden, engen Austausch, um zu klären, ob weitere Deutsche betroffen seien.
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(Quelle: apa)