Wie die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu am Donnerstag berichtete, erteilte Erdogan seinem Nachfolger die Aufgabe zur Regierungsbildung wenige Stunden nach der Wachablösung an der Staatsspitze. Erdogan, der am 10. August als Sieger aus der ersten Direktwahl des Staatsoberhaupts hervorgegangen war, übernahm dieses Amt von dem bisherigen Präsidenten Abdullah Gül.
Davutoglu soll schon am Freitag die Liste des neuen Kabinetts vorlegen. Erdogan musste seine Ämter als Partei- und Regierungschef niederlegen, um an die Staatsspitze rücken zu dürfen. In beiden Ämtern folgt ihm Davutoglu. Er wurde am Mittwoch von der Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP) zum neuen Parteivorsitzenden gewählt.
Der islamisch-konservative Politiker bekannte sich bei seiner Vereidigung zur türkischen Verfassung, zum Rechtsstaat und zur Demokratie. Mit der Neuvergabe beider Ämter wird auch die Personalrochade an der Spitze der türkischen Regierungspartei AKP vor der Parlamentswahl 2015 besiegelt.
Erdogan ist der nunmehr zwölfte Präsident in der modernen Landesgeschichte und will das bisher weitgehend repräsentative Amt mit mehr Einfluss versehen: Der 60-Jährige strebt den Wechsel von einer parlamentarischen Demokratie zu einem Präsidialsystem mit größeren Machtbefugnissen für das Staatsoberhaupt an. Die dafür notwendige Verfassungsänderung soll die AKP nach der Wahl im Juni 2015 durchsetzen - mit dann ausgebauter Mehrheit im Parlament.
Die türkische Opposition befürchtet eine systematische Aushöhlung der Gewaltenteilung, zumal Erdogan seit seinem Amtsantritt als Regierungschef vor elf Jahren als eigentlicher starker Mann der Türkei gilt. Aus Protest gegen den neuen Präsidenten verließen die Abgeordneten der sozialdemokratischen Republikanischen Volkspartei (CHP) noch vor der Vereidigung den Plenarsaal. Ihrer Ansicht nach hätte Erdogan seinen Posten als Regierungschef sofort nach dem Sieg bei der Präsidentschaftswahl niederlegen müssen und nicht erst zwei Wochen später. Vertreter der Oppositionspartei MHP verweigerten Erdogan den Applaus.
Erdogans fünfjähriges Mandat als Präsident kann einmal verlängert werden. Nach derzeitiger Mehrheitslage darf er sich also gute Chancen ausrechnen, bis 2024 an der Staatsspitze zu stehen.
Nach der Vereidigung Erdogans ging die Polizei in Istanbul mit Wasserwerfern und Tränengas gegen Demonstranten vor. In der Einkaufsmeile Istiklal Caddesi versammelten sich am Donnerstag rund 150 Menschen um gegen Erdogan zu protestieren, meldete die Nachrichtenagentur Dogan. Auf einem Transparent war zu lesen: "Kein Platz für die Diktatur".
(Quelle: salzburg24)