Welt

EU-Kommission setzt Polen wegen Justizreform Ultimatum

Polens Präsident steht innen- und außenpolitisch unter Druck
Veröffentlicht: 26. Juli 2017 12:42 Uhr
Die EU-Kommission hat Polen angesichts der "schweren negativen Auswirkungen auf die Unabhängigkeit der Justiz" eine Ein-Monats-Frist zur Behebung gegeben. Die Drohung mit Artikel 7 - also dem Stimmrechtsentzug - bleibe aufrecht, erklärte der Vizepräsident der EU-Kommission Frans Timmermans in Brüssel. Inzwischen steht Polens Staatspräsident Andrzej Duda wegen seinem Veto politisch unter Druck.

Die Kommission habe ihre rechtliche Analyse abgeschlossen. Es sei zwar zu begrüßen, dass der polnische Präsident gegen zwei der vier Gesetze sein Veto eingelegt habe. Aber trotzdem habe Brüssel eine dritte Empfehlung an Warschau geschickt, sagte Timmermans. Er wolle nicht alle Details durchbesprechen, doch hoffe er auf einen konstruktiven Dialog. "Jeder polnische Bürger hat Recht auf einen unabhängigen Richter, der nicht aufgrund des Anrufs eines Ministers oder einer Partei entscheidet", so Timmermans.

Timmermans: "Artikel 7 kann sofort ausgelöst werden"

Der Vizepräsident kritisierte vor allem die Zwangspensionierung von Richtern. "Wenn das der Fall ist, kann der Artikel 7 sofort ausgelöst werden." Auch die Unterschiedlichkeit des Pensionsalters von Frauen und Männern im Justizbereich verstoße gegen den EU-Vertrag.

Die Kommission "hat nichts dagegen, wenn ein Land sein Justizsystem reformiert. Aber das muss zumindest unter Einhaltung der polnischen Verfassung und der internationalen Verpflichtungen geschehen".

Erheblicher Druck gegen polnischen Präsidenten

Der polnische Staatspräsident Andrzej Duda ist einem Bericht zufolge unter erheblichem Druck gestanden, die beiden umstrittenen Gesetze über das Oberste Gericht und den Landesrichterrat doch noch zu unterzeichnen. Unmittelbar nachdem Duda am Montag im Fernsehen sein Veto angekündigt hatte, hätten ihn Regierungschefin Beata Szydlo und die Vorsitzenden beider Parlamentskammern aufgesucht.

"Jarek gibt dir eine Stunde"

Das berichtete die polnische Ausgabe des Nachrichtenmagazins "Newsweek" am Mittwoch. "Jarek (PiS-Chef Jaroslaw Kaczynski) gibt dir eine Stunde, um deine Entscheidung zu ändern", sagte demnach Sejmmarschall Marek Kuchcinski. Alle drei Besucher bei Duda gehören der allein regierenden, nationalkonservativen Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) unter Jaroslaw Kaczynski an. Formal war zu diesem Zeitpunkt ein Rückzieher noch möglich, weil Duda die Gesetze noch nicht zurück in den Sejm, das Unterhaus des Parlaments, geschickt hatte. Ein Rückzieher hätte jedoch einen erheblichen Gesichtsverlust für das Staatsoberhaupt bedeutet.

Das Gesetz über das Oberste Gericht sieht die fristlose Entlassung der Richter des Justizorgans vor. Zudem wollte die PiS-Partei den bisher unabhängigen Landesrichterrat unter die Kontrolle des Parlaments stellen, in dem sie über die absolute Mehrheit verfügt.

(APA)

(Quelle: salzburg24)

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